Bei der Einfuhr von Betäubungsmitteln aus dem Ausland ist besondere Vorsicht geboten, nicht nur, weil die unerlaubte Einfuhr bereits kleiner Mengen an Drogen mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren sanktioniert wird, sondern auch, weil der Versuch einer solchen Einfuhr gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 BtMG strafbar ist. Jedoch ist natürlich nicht jeder, der sich im Ausland im Besitz von Cannabis befindet und sich lediglich an die deutsche Grenze annähert, bereits wegen Versuches strafbar. Vielmehr erfordert der Versuch ein unmittelbares Ansetzen zur Tat, das allerdings unter Umständen schon vorliegen kann, wenn man die Grenze zum deutschen Staatsgebiet noch gar nicht passiert hat.
Mit der Frage, wann genau ein Versuch der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in einem Kraftfahrzeug beginnt, hat sich der Bundesgerichtshof in seinem Beschluss vom 30.06.2016 – 1 Str. 241/16 befasst.
Der Versuch einer Straftat kann gemäß § 22 StGB strafbar sein. Abzugrenzen ist der Versuch von der Vollendung einerseits und der straflosen Vorbereitungshandlung anderseits. Eine Tat ist vollendet, wenn alle Tatbestandsmerkmale erfüllt sind. Dagegen ist die Vorbereitung ein vor dem Versuch liegendes Stadium. Der dazwischenliegende Versuch ist die begonnene, aber nicht vollendete Tat. Voraussetzung des Versuches ist, dass man nach Maßgabe des Tatplans zur Tat unmittelbar ansetzt. Zur Ausführung einer Straftat wird erst dann unmittelbar angesetzt, wenn der Täter Handlungen vornimmt, die nach dem Tatplan in ungestörtem Fortgang unmittelbar zur Tatbestandserfüllung führen sollen oder die in unmittelbar räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit ihr stehen. Vorausgesetzt wird, dass subjektiv die Schwelle zum „jetzt geht es los“ überschritten und objektiv zur tatbestandsmäßigen Angriffshandlung angesetzt wird, sodass sein Tun ohne Zwischenakte in die Tatbestandserfüllung übergeht.
In seinem Beschluss vom 30.06.2016 – 1 Str. 241/16 hat der Bundesgerichtshof festgestellt, dass der Versuch der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln erst kurz vor Erreichen der Grenze oder der vor ihr eingerichteten Zoll- oder Kontrollstelle beginnt. Dort wurde der Beschuldigte an einer österreichischen Kontrollstelle angehalten. Der Bundesgerichtshof hat dazu festgestellt, dass für die Annahme des Versuchsbeginns der Einfuhr von Betäubungsmitteln in einem Kraftfahrzeug eine zeitliche Nähe des Zeitpunkts des Grenzübertritts vorliegen muss. Man macht sich also erst strafbar, wenn man sich mit dem beladenen Fahrzeug unmittelbar der deutschen Grenze nähert. Andernfalls handelt es sich nur um eine straflose Vorbereitungshandlung. Der Versuch der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in einem Kraftfahrzeug beginnt also erst mit dem Sich-in-Bewegung-setzen zur Grenzüberschreitung kurz vor Erreichen der Hoheitsgrenze oder einer vor ihr eingerichteten Zollstelle.
Maßgeblich sind dabei Feststellungen darüber, wie weit etwa eine Kontrollstelle von der Grenze entfernt ist und welche Funktion sie hat. Dies spielt insbesondere bei vorgeschobenen Grenzabfertigungen eine Rolle. Die Betäubungsmittel gelten dann bereits als eingeführt, sobald sie die vorgeschobene Zollstelle passieren und nicht erst, wenn sie die deutsche Zoll- oder Gebietsgrenze überschritten haben. Wird ein Reisender zudem auf einer solchen vorgeschobenen Grenzabfertigung auf etwa niederländischem Staatsgebiet durch deutsche Beamte kontrolliert, so ist die Einfuhr bereits vollendet. Wird ein Reisender dagegen von niederländischen Beamten entdeckt, liegt nur ein Versuch der Einfuhr vor.
Da das Landgericht München aber keine genaueren Angaben darüber dargelegt hatte, ergibt sich nicht, ob ein unmittelbarer räumlicher und zeitlicher Zusammenhang vorgelegen hat. Das Urteil des Landgerichts wurde aus diesem Grund aufgehoben.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass es an einem für den Versuch erforderlichen unmittelbaren räumlichen oder zeitlichen Zusammenhang fehlt, wenn das Kraftfahrzeug mit den unerlaubten Betäubungsmitteln noch einige Kilometer bis zur Grenze entfernt ist. Befindet sich die Kontrollstelle auf der Autobahn, so wird dann unmittelbar zur unerlaubten Einfuhr angesetzt, wenn man die letzte mögliche Ausfahrt nicht benutzt hat, sodass man unter normalen Umständen bei ungehinderter Weiterfahrt die Grenze passieren wird. Dagegen ist die Einfuhr vollendet, wenn die Betäubungsmittel aus dem Ausland die Grenze zum deutschen Hoheitsgebiet und den Geltungsbereich des BtMG passieren. In diesem Fall greift bei kleinen Mengen an Betäubungsmitteln die Strafandrohung des § 29 Abs. 1 BtMG und es droht eine Geldstrafe oder Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren.