So groß wie eine Visitenkarte, meist aus Plastik und in vielen Geldbörsen von Cannabispatienten – die Rede ist vom Patientenausweis. Viele besitzen einen solchen Ausweis, wissen aber manchmal gar nicht genau, was der eigentlich bringt. Wir klären auf, was es mit den Plastikkarten auf sich hat und ob es sich lohnt, als Cannabispatient eine anzufordern/zu besitzen.
Was ist ein Patientenausweis
Die meisten Patientenausweise sehen genauso aus, wie eine gewöhnliche Plastikkarte, wie EC oder Kreditkarte. Darauf vermerkt sind in der Regel die eigenen Personalien, die Art der Verabreichung von medizinischem Cannabis – in den meisten Fällen Flos. = Blüten – und der Name des Arztes, welcher das Cannabis verschrieben hat, selbstverständlich mit Unterschrift. Einige Ausweise, die in Kooperation mit Cannabis-Apotheken erstellt wurden, besitzen zu dem noch die Adressdaten der Apotheke und die eine exakte Angabe der täglich verordneten Dosis.
Der Grundgedanke für solch einen Ausweis ist nicht etwa, um der Vergesslichkeit des ein oder anderen Patienten entgegenzuwirken. Der Patientenausweis dient, wie sein Name schon sagt, dazu, sich als „beglaubigter“ Cannabispatient ausweisen zu können, sollte es die Situation einmal erfordern, wie bei einer Polizeikontrolle. Mit einem Blick soll somit ersichtlich werden, dass der Besitzer die Erlaubnis zum Konsum von Cannabis aus medizinischen Gründen hat.
Woher bekommt man einen Patientenausweis?
Viele Patienten waren bereits „unsachgemäßer Behandlung“ durch Beamte ausgesetzt, aufgrund ihrer Medikation. Daher stellt sich für viele sofort die Frage, wo man einen solchen Patientenausweis herbekommen kann. Tatsächlich ist das heutzutage kein großes Problem mehr, da einige größere Medizinalcannabis-Unternehmen, Cannamedical oder DEMECAN, viele Telemediziner, Ärzte und Apotheken solche Ausweise für eine geringe Gebühr oder komplett kostenfrei zur Verfügung stellen.
Auch Non-Profit-Organisationen wie die Arbeitsgemeinschaft Cannabis Medizin (ACM) stellt solche Ausweise aus, mit dem deutlichen Hinweis, dass die Daten des Patienten ausschließlich für die Erstellung und die Zusendung des Ausweises genutzt werden. Dabei handelt es sich um eine Anspielung auf das Sammeln von Patientendaten durch größere Medizinalcannabis-Unternehmen. Hier wird zwar jederzeit mit dem Wort „Datenschutz“ eine gewisse Sicherheit erzeugt, jedoch bedeutet es im Umkehrschluss, dass die Daten als beim Unternehmen vorliegen könnten.
Zudem steht die Vermutung im Raum, dass die Patientenausweise von größeren Unternehmen oder Telemedizinern zur verbesserten Kundenbindung genutzt werden. Auf einem Ausweis der ACM ist nur das Medikament, der behandelnde Arzt und die zugehörige Praxis vermerkt, wohingegen andere Ausweise oft auch die Daten einer Kooperations-Apotheke enthalten. Wechselt man also im Laufe der Zeit die Apotheke, wird der Nachweis des rechtlichen Besitzes der eigenen Medizin schon deutlich schwerer, da sich die Daten der Apotheke auf der Verpackung und dem Ausweis unterscheiden.
Auch ist es nicht untypisch, dass man von diesen Ausweis-Erstellern und Apotheken Newsletter oder indirekte Werbung für die neusten Strains eines ganz bestimmten Unternehmens erhält. Allerdings wird bei dem vielfältigen Angebot auch eines klar: Es gibt keinen vorgegebenen Standard für dieses Dokument, womit ihm einiges an Aussagekraft genommen wird. Aus diesem Grund kann man sich in einer Kontrolle auf den Ausweis allein nicht verlassen.
Was sollte man außer dem Ausweis dabeihaben?
Wenn man gut vorbereitet als Cannabispatient seine Medizin außerhalb der eigenen vier Wände konsumieren möchte oder auf das Fahren von Fahrzeugen angewiesen ist, sollte man stets zu seinem Patientenausweis auch eine Kopie des Original-Rezeptes der Blüten dabeihaben. In Originalgröße ausgedruckt, zweimal geknickt und schon ist das Rezept fast so klein wie eine Visitenkarte. Zudem ist es ratsam, die Originalverpackung, in welcher die Blüten geliefert oder abgeholt wurden, auch für den Transport zu nutzen. Auch wenn es gerade bei größeren Gläsern oder Dosen umständlich erscheinen mag, ist die Originalverpackung ein weiterer Hinweis auf die Korrektheit des Patientenstatus – auf der Verpackung sind schließlich der Name der Patienten, die Blütensorte und die Adresse einer Apotheke vermerkt.
Doch selbst Ausweiskärtchen und ausgedruckte Rezept-Kopie könnten zeitnah durch das Smartphone abgelöst werden. DEMECAN präsentierte Mitte Dezember 2023 seine Version des unfälschbaren Patientenausweises, der zudem in der dazugehörigen DEMECAN Wallet App abgespeichert werden kann und somit das Mitführen des Ausweiskärtchens überflüssig macht. Ähnlich zur Corona-Zertifikats-App sind auch hier die Daten schnell abrufbar und durch kryptografische Sicherheit geschützt. Damit wird DEMECAN vermutlich nicht lange allein am Markt bleiben: Sicher wird es daher auch bald möglich sein, den Ausweis, das Rezept und bestenfalls noch die Dosierungsangaben in nur einer App stets griffbereit zu haben.
Wie ist der rechtliche Status des Ausweises?
Wie schon erwähnt, handelt es sich bei dem Patientenausweis nicht wirklich um ein rechtsgültiges Dokument, das zum Konsum von Cannabis berechtigt. Es sind lediglich alle Daten enthalten, welche unter anderem ein Polizei-Beamter benötigen könnte, um festzustellen, ob der Ausweis keine Fälschung ist oder wirklich der Person gehört. Ein Anruf beim Arzt oder der Apotheke, welche auf dem Ausweis vermerkt sind, können zu einer schnellen und direkten Klärung beitragen. Doch noch einmal sei gesagt, dass es sich hierbei nur um eine Art „Informationszettel“ handelt.
Insbesondere wenn es um den Straßenverkehr geht, ist ein Ausweis eher ein Nice-to-have, obwohl er einst unter anderem genau für diese Problematik angedacht war. Der Patientenausweis sollte eine einfache Möglichkeit bieten, um Patienten im Straßenverkehr mehr rechtliche Sicherheit zu gewähren. Einige Patienten setzen sich nach einer gewissen Eingewöhnungsphase wieder hinters Steuer, viele von ihnen, weil sie beispielsweise arbeitsbedingt auf ihr Auto angewiesen sind – wovon wir natürlich immer noch abraten. Und selbst, wer sich als Patient aufs Fahrrad schwingt, kann nicht zu 100 % davon ausgehen, dass der Führerschein entzogen wird. Genau in diesen Situationen sollte dann das Zücken des Ausweises ausreichen, um einen gewissen THC-Gehalt im Blut, rote Augen oder den Geruch von Cannabis rechtfertigen zu können. Doch leider ist das heute noch keine Realität, weshalb man als Cannabispatient bestenfalls niemals nur mit dem Patientenausweis im Geldbeutel die Wohnung verlässt.
Fazit und Zukunftsausblick
Alles in allem kann man sagen, dass ein Patientenausweis sicherlich hilfreich sein kann, jedoch keinen „Freifahrtschein“ darstellt. Nur in Kombination mit einem gültigen BtM-Rezept kann man sich auf sein Recht zu Medizinieren berufen. Es kommt zudem auch immer auf die Situation und die Laune des Gegenübers an, wie viel Beachtung dem Ausweis geschenkt wird. Man sollte sich also nicht darauf verlassen, dass eine Polizeikontrolle keine Konsequenzen haben kann. An dieser Stelle darf man nicht vergessen, dass jemand mit einem Promille-Wert bis 0,5 rechtlich noch keine Straftat begeht und auch keinen Ausweis für den Alkoholkonsum benötigt.
Mit dem Blick auf die bevorstehende Legalisierung oder eher Entkriminalisierung können Patienten nur darauf hoffen, dass die THC-Grenzwerte im Straßenverkehr realistisch angepasst werden. Dass Cannabis aus dem BtMG herausgenommen wird und Patientenausweise ein einheitliches, standardisiertes Format erhalten, sodass sie bei einer Kontrolle ein rechtskräftiges Dokument darstellen. Auch für den Konsum in der Öffentlichkeit oder dem Transport der Medikamente wäre es, für viele Patienten eine große Erleichterung, durch das Vorweisen eines Ausweises möglicher Schikane oder unsachgemäßer Durchsuchung entgehen zu können.