Im Sommer 2017 hat der Bundestag ein paar brisante Gesetze für die StPO verabschiedet, die seit Ende August bereits in Kraft sind. Es geht den Abgeordneten mit ihren guten Absichten um Schutz, Terrorabwehr und darum, Schritt um Schritt den effizienten Polizeistaat zu etablieren, der sie und die Obrigkeit vor uns Bürgern schützt, die immerhin als gläserne Personen alle unter Generalverdacht stehen. So musste für eine erzwungene Blutentnahme vor der Gesetzesänderung ein Richter sein O. K. geben und Zeugen mussten nicht zur Polizei, sie konnten ihre Aussage verweigern.
Schritt um Schritt in den Polizeistaat
Ein paar Kiffer sind natürlich keine Gefahr, sondern nur Mittel zum Zweck. Hier kann der Politiker die Jugend schützen und sich von Eltern und besorgten Bürgern wählen lassen. Wenn gerade etwas Unschönes passiert, kann mit den „Drogenkonsumenten“ für Ablenkung gesorgt werden. Weiterhin hat das System dank Polizeistaat die Möglichkeit, Existenzen zu verbauen, womit auch für die unteren Lohnklassen noch Arbeitnehmer verfügbar bleiben.
Bei der Gefahrenabwehr sind Kiffer oder andere Personengruppen, die letztlich kein kriminelles Potenzial aufweisen, nur der „Beifang“. Es ist jedoch nicht wie beim Fischfang, dass dieser Beifang wieder über Board geht. Das ginge mit unseren Gesetzen gar nicht, da die Polizeibeamten keinen Ermessensfreiraum haben, um bei Kleinstdelikten die Augen zuzumachen. Wen sie haben, müssen sie mitnehmen und wenigstens eine Anzeige schreiben. Bei einer geringen Menge kann der Staatsanwalt alles wieder fallen lassen. Aber sollte doch ein Eintrag im Führungszeugnis folgen, ist der Erzieher-Job schon mal weg. Sollte die Meldung an die Führerscheinstelle gehen, kann, wer anders, den Außendienst machen. Schon kann man selbst den Hof kehren und bei den Toiletten sitzen und nach Kleingeld für die Reinigung fragen.
Anfangsverdacht zur Blutentnahme
Sollten die Polizeibeamten eine Blutentnahme erzwingen, die negativ ausfällt, könnte man eine Dienstaufsichtsbeschwerde einleiten und die Beamten sogar noch wegen Körperverletzung verklagen. Beides wäre mit einem Anwalt zu besprechen, um nicht unwissend doch noch Ansatzpunkte für weitere Polizeiarbeit zu liefern.
Deswegen ist es seit eh und je üblich, dass die Beamten erst einmal einen Anfangsverdacht aufbauen. Sie fragen z. B. nach dem Verbandskoffer, um den Fahrer aus dem Pkw zu holen. Dieser und das Warndreieck sollen deswegen in Griffweite liegen, um nur die Fahrzeugpapiere und den Ausweis herauszurücken. Den Führerschein hat man ganz zufällig nicht dabei, da dieser mit Pech sonst direkt eingezogen werden könnte.
Würde man erst vor dem Fahrzeug stehen, soll man sich die Zeigefinger vor die Nase halten, sich in die Augen leuchten lassen, auf einem Bein stehen und sonst was. Wenn einem in die Augen geleuchtet wird, sieht man es, ob diese sich abnormal verhalten? Eben nicht, die Beamten können einem erzählen, was sie wollen, um nun zum Drogenschnelltest überzugehen, um dann wirklich bei einem positiven Ergebnis einen Anfangsverdacht aufgebaut zu haben. Wäre die Blutprobe dennoch negativ, könnten die Genötigten gegen sie kaum noch vorgehen. Deswegen verweigert man das Gespräch mit den Beamten, macht keine Tests und auch keine Schnelltests. Die Beamten haben alle was an den Ohren und werden einen 20 Mal darum bitten. Es dauert also seine Zeit, bis sie es dann so weit begriffen haben.
Wer alles ablehnt, hat was zu verbergen und ist verdächtig? Jetzt müssten die Polizisten eigentlich den Richter anrufen und sich die erzwungene Blutentnahme genehmigen lassen. Nach neuem Recht können die Beamten die Blutprobe dank des Anfangsverdachts auch ohne Richter erzwingen, dem Polizeistaat sei Dank.
Man selbst hat in diesen Situationen immer das Recht auf einen Zeugen und kann als Zeuge, wenn möglich, auch einen Anwalt wählen. Sobald offensichtlich ist, was läuft, soll man also die Beamten darauf aufmerksam machen, dass ein Zeuge anwesend sein soll. Wird die Blutentnahme erzwungen, soll den Beamten und auch dem Arzt ausdrücklich erklärt werden, dass das gegen den eigenen Willen geschieht. Den Arzt zahlt man im Übrigen selbst – wer sich verdächtig macht, ist immerhin selbst schuld.
Der Polizeistaat und die Aussagepflicht
Wenn die Beamten wirklich den Staatsanwalt ihres Vertrauens bemühen, damit dieser ihnen erlaubt, jemanden als Zeugen zu laden, dann sollte einem das schon zu denken geben. Vor der Gesetzesänderung hätte man zumindest nicht vor der Polizei als Zeuge aussagen müssen, jetzt ist das mit der Weisung vom Staatsanwalt anders. Wer auf diesem Wege zur Polizei als Zeuge geladen wird, muss erscheinen und aussagen. Jetzt kann man sich denken: „Dann gehe ich eben hin und erzähl etwas ohne Inhalt.“ Dabei sollte die erste Frage lauten: „Wird gegen einen Freund oder anderen nahestehenden Menschen oder vielleicht gegen mich selbst ermittelt? Was genau könnte die Absicht von diesem Polizeistaat sein?“
Die Polizeibeamten werden darauf geschult, ganz unverfängliche Fragen zu stellen: „Wo kommen sie her, wo gehen sie hin?“ Warum nicht einfach antworten? Weil die nächste Frage lautet: „Was haben sie da gemacht, sind sie dort öfter?“ Es geht immer so weiter, bis die Beamten einem z. B. eine Verbindung zu jemandem unterstellen, gegen den sie ermitteln oder einem unterstellen, selbst etwas Kriminelles gemacht zu haben. Es muss nur so lange Pingpong gespielt werden, bis die Brücke gebaut werden kann. Man spielt mit und eines Tages wird bemerkt, wohin die Reise geht. Jetzt kann nach neuem Recht eben nicht mehr gesagt werden, dass dazu nichts mehr gesagt wird, wenn der Staatsanwalt den Polizisten die Zeugenladung billigt. Wer als Zeuge die Aussage verweigert oder falsch aussagt, kann mit Pech durch den wachsenden Polizeistaat noch belangt werden.
In jedem Fall hat man als Zeuge bei einer Aussage das Recht auf einen Zeugen, Beistand oder eben Anwalt und sollte diesen vielleicht deswegen schon vor einer Aussage um das richtige Verhalten befragen. Teils kann eine Aussage einfach verweigert werden, wenn es darum geht, Verwandte oder sich selbst zu schützen. Und auch bei einem Verhör über die Verwandten wird es erst einmal ganz oberflächlich ablaufen, damit man schon mal „ein Stück reinrennt“ und die brisanten Sachen auspacken wird.
In dem Moment, wo aus einem ein Beschuldigter wird, muss der Polizeibeamte oder sonstige Beamte einem das mitteilen, womit man das Recht auf Aussageverweigerung hat und einen Anwalt konsultieren sollte. In jedem Fall werden die Beamten bemüht sein, einen möglichst lange als Zeugen behandeln zu können.
Staatstrojaner, WhatsApp und die transparente digitale Welt
Die Polizei konnte auch vor der Gesetzesänderung zur nächsten Stufe vom Polizeistaat schon so einiges, jetzt wird aber all das noch viel einfacher. Die Beamten können einem die Staatstrojaner auf den Rechner, das Mobilgerät oder sonstige Technikgeräte laden, die Messengerdienste überwachen und einen in der digitalen Welt komplett durchleuchten. Da sie kaum die Zeit haben, uns alle zu überwachen, werden sie vielleicht mit der Metadatenauswertung eine gezielte Auswahl treffen? Nicht einmal das werden die überlasteten Polizisten wegen Cannabis machen. Aber wenn sie doch einmal gegen einen vorgehen, nehmen sie all das Belastungsmaterial gerne mit, auch um bei Verhören Druck aufzubauen.
Was der Cannabiskonsument wissen sollte, ist natürlich, dass die Daten auch rückwirkend ausgewertet werden können. Sobald der Beamte einen in das Visier nimmt, kann er diese ganzen Daten, die schon Jahre alt sein können, auswerten und auch gegen einen und gegen die Freunde, Bekannten und Angehörigen verwenden. Wer selbst nicht viel zu befürchten hat, der soll nicht das „Belastungsmaterial“ für andere Personen in der digitalen Welt anlegen.
Und auch als kleiner Konsument steht so einiges auf dem Spiel, wenn wegen ein paar Joints der Führerschein weg ist oder mit dem Eintrag in das Führungszeugnis für ein paar Gramm viele Jobs direkt gekündigt werden.
Das neue Polizeigesetz in Bayern will all das noch toppen. Hier geht es dann darum, Personen ohne Nennung vom Grund fest setzen zu können und als psychisch krank erklärte wie überführte Straftäter in Anstalten zu verwahren. Das vierte Reich klopft an und Türen öffnen sich. Ganz allgemein berät die Grüne Hilfe nicht nur bei einer Blutentnahme im Führerscheinrecht diejenigen, die mit der Polizei oder dem Staat wegen Cannabis Probleme bekommen.