Die Bundesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, Cannabis zu Genusszwecken erwachsener Bewohner Deutschlands zu legalisieren. Auch wenn der genaue Weg und die tatsächliche Umsetzbarkeit noch nicht in trockenen Tüchern ist, so darf wahrgenommen werden, dass ein folgerichtiger Umschwung in der Drogenpolitik angestrebt wird, da die Verfolgungsstrategie ihr Ziel verfehlte und gescheitert ist.
Dennoch werden weiterhin die Nutzer von Cannabis strafrechtlich gejagt und müssen unter Umständen vor Gericht vorstellig werden, wo über ihr Schicksal entschieden wird. Selbst der Handel mit nicht berauschend wirkenden CBD-Produkten führt immer noch häufig zu Gerichtsverfahren, die aufgrund der undurchsichtigen rechtlichen Situation aber überraschend oft einen recht widersprüchlichen Ausgang haben können. Während erst im Oktober vergangenen Jahres zwei gewerblich agierende Händler von CBD-Blüten eine mehrjährige Haftstrafe aufgedrückt bekamen, wurden vom Landgericht Berlin zuvor im März 2022 fünf Personen vom Vorwurf des bandenmäßigen Drogenhandels freigesprochen, obwohl sie das gleiche Geschäftsmodell betrieben. Jetzt wurden die Freisprüche vom 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs aufgrund einer Revision der Staatsanwaltschaft wieder aufgehoben, sodass der Fall erneut vor dem Berliner Landgericht überprüft werden muss.
Lückenhaftes Urteil vorgeworfen
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat das im März 2022 gefällte Urteil über das Berliner Start-up „Bunte Blüte“ als zu lückenhaft empfunden und klagte, dass die Beweiswürdigung des Landgerichtes Berlin (LG) fehlerhaft gewesen wäre. Auch habe sich die Strafkammer nicht ausreichend mit den Aussagen der Angeklagten auseinandergesetzt, heißt es in verschiedenen Medien, die über das am Montag aufgehobene Urteil berichten. Die Händler hatten mehrere Kilogramm CBD-Cannabis mit einem geringen THC-Gehalt aus der Schweiz und Luxemburg importiert und online wie auch in sogenannten Spätverkaufsstellen (Spätis) zum Verkauf angeboten.
Nachdem eine Lieferung vom Berliner Zoll beschlagnahmt wurde, führte dies zu einem Gerichtsverfahren vor dem LG. Dort wurden zwar ausdrücklich definiert, dass auch die CBD-Cannabisblüten als Betäubungsmittel einzustufen seien, doch da die Produkte nicht vorsätzlich als Rauschmittel verkauft worden waren, sprach man die Angeklagten frei. Auch dass die Händler nicht davon ausgehen konnten, dass ihre Ware zu Rauschzwecken missbraucht werden könnte, entlastete die fünf Angeklagten. Der BGH hat nun darauf hingewiesen, dass das LG Berlin sich auf die im Prozess getätigten Aussagen verließ und diese nicht auf ihre Glaubhaftigkeit überprüfte. Zudem wurden die Personen nicht auf mögliche Vorstrafen überprüft. Aus diesen könnte sich schließlich ergeben, inwieweit die Händler tatsächlich über die potenziellen Betäubungsmitteleigenschaften ihrer Produkte wussten.
Ein weiterer Fall vor dem Fall des Verbotes
Vor dem Fall des Cannabisverbotes in Deutschland sorgt somit ein weiterer Fall betreffend nicht berauschend wirkender CBD-Produkte für Kopfschütteln aufseiten aller aufgeschlossenen Menschen im Land und den Befürwortern der Legalisierung. Der Missbrauch von Cannabisblüten mit einem THC-Gehalt von höchsten 0,2 Prozent ist schließlich so wahrscheinlich wie ein Lottogewinn.
Während es auf dem Schwarzmarkt potentes Marihuana zu besseren oder gleichen Preisen wie die knapp abgepackten Blüten aus den Spätis zu jeder Tageszeit gibt, erschien es in der Vergangenheit selbst verschiedenen Rechtsexperten als äußerst unwahrscheinlich, dass Menschen eine gewaltige, aber dafür notwendige Menge der gewerblich gehandelten CBD-Blüten zu Rauschzwecken einsetzen könnten.
So sahen das auch die Richter im vergangenen Jahr im ersten Prozess gegen die nun wieder auf ein neues Urteil wartenden Händler. Dass es in Deutschland jedoch vor dem angestrebten Ende der Prohibition von Cannabis seitens Gerichten weiterhin sinnvoll erscheint, selbst offen agierende Händler von CBD-Produkten möglicherweise doch noch strafrechtlich zu verurteilen, lässt viel Kritik an der aktuellen Gesetzeslage bezüglich CBD zu.
Da aber selbst Landwirte, die angemeldete und genehmigte Nutzhanffelder bestellen, mit einem Großaufgebot der Polizei, dem LKA und Kriminalpolizisten rechnen dürfen – so wie im Herbst 2022 in Schleswig-Holstein geschehen – sollte man sich im „Land der Dichter und Denker“ bis zur vollständigen Legalisierung von Cannabis zu Genusszwecken wohl lieber über gar nichts mehr wundern. Justitia sollte hier aber einmal die Augen öffnen!