Endlich ist es geschehen – der Kabinettsentwurf des CanG, das Gesetz, das Cannabis entkriminalisieren soll, hat es in den Bundestag geschafft. Nun setzen sich viele Politiker und Interessengruppen mit dem Entwurf, den Details und den möglichen Auswirkungen auf die Lebensrealität auseinander.
Während vor allem politische Entscheidungsträger jetzt am Zuge sind, die Feinheiten des künftigen Gesetzes auszuarbeiten, beschäftigen sich Experten aller Fachrichtungen mit den Potenzialen, Chancen, Risiken und Beschränkungen, die die neue Gesetzgebung mit sich bringen wird. Es könnte wohl kaum einen besseren Zeitpunkt geben für eine Fachtagung, die das neue Gesetz in seinen verschiedenen Facetten von einer juristischen Perspektive aus beleuchtet: Der 1. Deutsche Cannabis-Rechtstag.
Am 19. Oktober, genau einen Tag nach der ersten Lesung des CanG Kabinettsentwurfs, fand in der Wirtschaftsmetropole Frankfurt am Main der 1. Deutsche Cannabis-Rechtstag statt. Veranstalter war die Zeitschrift für das gesamte Lebensmittelrecht (ZLR) und die Deutsche Fachverlag Mediengruppe (DFV), die die Teilnehmer und Referenten in ihren Räumlichkeiten in der Mainzer Landstraße in Frankfurt am Main empfing. Dort begrüßt der durch seinen YouTube-Kanal Lito Law bereits in der Community bekannte Rechtsanwalt Lito Michael Schulte, die Gäste und führte in die Themen ein, die die Wort- und Diskussionsbeiträge der Referenten abdecken würden:
- Der Professor für Straf- und Strafprozessrecht, Rechtsvergleichung, sowie Internationales Strafrecht und Völkerrecht der Georg-August-Universität in Göttingen, Prof. Dr. Dr. h.c. Kai Ambos widmete sich eingangs eines Punktes, der für die Ausgestaltung des nun im Parlament debattierten Gesetzentwurfs von größter Wichtigkeit ist: Die Regulierung von Cannabis unter Anwendung des EU-Rahmenbeschlusses 2004/757/JI. Das Europarecht gilt als eine der großen Hürden für eine umfassende Legalisierung und Regulierung von Cannabis.
- Das nächste Panel befasste sich mit den Modelloptionen zur kontrollierten Abgabe von Cannabis an Erwachsene („Club Anbau & Regional-Modell/CARe“). Lito Schulte, Afredo Pascual (Director Investment Research, Seed Innovations Ltd., London) und Felix Hofreiter (Senior Consultant Energy, Food and Cannabis Regulation, PIVOT Regulatory, Berlin) diskutierten die möglichen Modelle für die Abgabe von Cannabis. Insbesondere wurde auch der Vergleich von Cannabis Social Clubs in Uruguay und Malta mit dem Konzept verglichen, welches bald mutmaßlich in Deutschland umgesetzt werden kann.
- Der darauffolgende Beitrag hatte den Titel „Kommunikationsmöglichkeiten & Key-Messages für eine regulierte Branche“. Dr. Niels Lutzhöft (Partner, Bird & Bird, Frankfurt am Main) und Dr. Simon Hembt (Senior Associate, Bird & Bird, Frankfurt am Main) führten die Teilnehmer durch den schmalen Kommunikationskorridor, den die bestehende und die kommende rechtliche Situation für die Hanf- und Cannabisbranche zur Kommunikation nach außen lässt.
- Während wir der Liberalisierung von THC-haltigem Cannabis entgegenfiebern, ist eigentlich bisher nicht einmal der Nutzhanf vernünftig reguliert. Stefan Röhrl (CEO/Co-Founder HempGroup Holding, Hamburg) und der Rechtsanwalt Dr. Ferdinand Weis (Anwalts- und Notarkanzlei Dr. Engelhard, Weimar & kollegen, Heppenheim) referierten daher über das wichtige Thema Strafverfolgung und Verwaltungspraxis im Nutzhanf- und CBD-Bereich bzw. Praxis der Behörden & Rechtssprechung unter der Berücksichtigung der Cannabislegalisierung nach Säule I.
- Das finale Panel hieß „Quo Vadis: Wo verläuft die Grenze zwischen Medizinalcannabis und Genusscannabis“ und widmete sich der medizinischen Nutzung von Cannabis. Katjana Kurth-Grieser (Head of Legal, Cansativa Group, Mörfelden-Walldorf), der Apotheker Alexander Daske und Patrick Piecha (Director Marketing & Communication, Cannamedical Pharma, Köln) diskutierten mit dem Moderator Lito Schulte die möglichen Entwicklungen für Cannabismedizin nach der Entkriminalisierung von Cannabis als Genussmittel.
Der 1. Deutsche Cannabis-Rechtstag hat den Nerv der Zeit getroffen und einen Ausblick auf die Zukunft mit legalem Cannabis vermittelt. Ungeachtet des parlamentarischen Prozesses wird das kommende CanG seine Stärken und Schwächen haben, mit denen Verbraucher und Akteure der Industrie oder der sich anbahnenden Cannabis Anbau-Club Kultur sich zurechtfinden müssen. Die Veranstaltung in Frankfurt am Main offenbarte einige Potenziale, aber auch einige Tücken, die in den Rechtsnormen der Legalisierung schlummern. Da sich aber in den Details noch einiges ändern könnte, erwarten wir schon jetzt mit Spannung den 2. Deutschen Cannabis-Rechtstag!