Heute schreiben wir das Jahr 2017. Im März wird es möglich sein, Cannabis auf Rezept für eine ganze Reihe von Krankheiten zu erhalten. Die Krankenkassen müssen das medizinische Cannabis Flos (Cannabisblüten) wie ein normales Medikament behandeln und die Kosten hierfür übernehmen. Der Bund gründet zur Versorgung der vielen Kranken und kränkelnden Cannabis-Patienten eine eigene Agentur zur Selbstversorgung – ein Meilenstein, doch dieser Schritt lies lang auf sich warten.
Es ist jetzt gute 20 Jahre her, da stieß ich auf das gelbe Hanfbuch von Jack Herer, die deutsche Übersetzung inklusive des Abdruckes der original „Hanffibel – Hanf für den Sieg“ – aus den Dreißigerjahren. Ein Buch, faktenreich und von gewaltigem Umfang. Gut recherchiert liest es sich wie ein wirtschaftspolitischer Krimi. Es war das Buch, welches am Anfang der Neunzigerjahre die Renaissance der internationalen und auch deutschen Legalizationfront mit initiierte und entfachte. Eine Zeit des Umbruchs, die Welt stand nach dem Ende des Kalten Krieges vor neuen Herausforderungen und es wehte ein frischer Wind durch die Lande. Noch nicht durch kommenden Terror getrübt. Hanfmagazine, Hanfmessen und ein boomender Growmarkt beflügelten ein Gefühl großer Legalisierungshoffnungen. Die Zeichen standen auf grün – was dann mit Rot-Grün kam glich leider einer Desillusionierung besonderen Ausmaßes. Anstatt zu liberalisieren wurden als erstes Hanfsamen verboten.
Immer noch warten wir auf eine einheitliche Regelung zur geringen Menge, genau genommen seit 1994 Neskovics wegweisendem Urteil zur Straffreiheit einer geringen Menge und des Rechts auf Rausch. Das Informationsfundament für die grüne Bewegung lieferte Jack Herer und Mathias Bröckers. So viel Information zu Pflanzen, Botanik, Kultur, Politik, Wirtschaft. Besonders wird die US-amerikanische Prohibitionspolitik detailliert analysiert. Die Aufdeckung der wirtschaftlichen Zusammenhänge liest sich wie ein Verschwörungskrimi. Ebenso klärt es über den Unterdrückungsmechanismus einer Verbotspolitik auf, die auch ihren rassistischen Hintergrund nicht auslässt.
Aber nicht nur dies. Einen Kernpunkt bildet die Wiederentdeckung des Potenzials für Mensch, Natur und Wirtschaft. Hier wird ein nahezu enormes Spektrum an Anwendungsmöglichkeiten und Produkten rund um die Hanfpflanze gezeigt. Als Nahrungsquelle, Energieträger, Faserlieferant, Baumaterial. Man erfährt vom ersten Auto aus Hanf von Henry Ford, von Kriegen, die um Hanf geführt wurden, Intrigen und Wissenschaftliches. Teilweise wird schon der Eindruck erweckt, dass Cannabis die Erlöserpflanze ist, der Mensch nur Hanf anbauen müsste und dann von all seinen Leiden befreit sein würde – so der nicht unzutreffende Begriff – die gelbe Hanfbibel.
Wer einen wirklich guten Einstieg in die Welt der Cannabiskultur sucht und im Grunde ein absolutes Muss für jeden Hanfling lesen möchte:
Jack Herer/Mathias Bröckers „Die Wiederentdeckung der Nutzpflanze Hanf, Cannabis und Marhihuana“
Leider weilt der Hanfpionier Jack Herer seit ein paar Jahren nicht mehr unter uns (gest. 2010). Dafür steht Bröckers bis heute als unermüdlicher Aufklärer und Autor als deutscher Hanfpionier zur Verfügung. Er gehörte zu den Mitbegründern des Hanfhauses, eines ersten größeren Hanfprodukt-Unternehmens. Dieses Buch ist ein Muss für jeden, der den Hanf und die Politik rund um den Hanf verstehen will.
Die Lektüre dieses Buches machte mich endgültig zum Jünger des Hanfes mit fast missionarischem Auftrag. In den letzten Monaten hat sich für die Legalisierung mehr getan als die letzten zwanzig Jahre. Dennoch – ohne den Schwung der damaligen Bewegung, dem ständigen Bohren dicker Bretter und der Arbeit solcher Hanfpioniere wäre die Fahrt und der Schwung, der über zwanzig Jahre andauert und jetzt mit dem medizinischen Marihuana einen großen Durchbruch zu verzeichnen hat, nicht möglich gewesen.
Hans Georg Behrs „Von Hanf ist die Rede“
An dieser Stelle muss unbedingt auch auf ein zweites Standardwerk der Hanfliteratur hingewiesen werden. Hans Georg Behrs „Von Hanf ist die Rede“ stellt ein detailliertes, umfangreiches und mit einer Vielzahl von Quellen, Drucken und Bildern ausgestattetes Buch dar. Eintauchen in die jahrtausendealte Kultur des Hanfes, der Hanfkultur, die Geschichte einer Symbiose von Pflanze und Mensch werden hier beschrieben. Von den Anfängen im alten China bis zur hinduistischen Ritualen hinein in die heutige Alltags- und Popkultur – es gibt kaum etwas, welches dieses Werk auslässt.
Über 520 Seiten geballtes Wissen und unzählige Anekdoten und Geschichten über das Miteinander von Pflanze und Mensch. Wie die Haschischkultur in die Literatenkreise im 17. Jahrhundert Einzug hielt, den Menschen auf allen Kontinenten begleitet, eine Vielzahl von historischen Dokumenten, die hier von Behr zusammengetragen wurden, lassen den ganzen Kosmos dieser symbiotischen Geschichte in den buntesten Farben aufleuchten.
Grundstein der „Hanfbildung“
Zugegeben seit dem Erscheinen sind nunmehr über zwei Jahrzehnte vergangen. Die Bewegung, die damals losgetreten wurde, mitbegründet auf den Manifesten der Bewegungsliteratur fährt nun die ersten Früchte ein. Die Zeit dazwischen bleibt dabei noch ungeschrieben. Aktualisierte Ausgaben wären evtl. wünschenswert, aber zum Grundstein der eigenen „Hanfbildung“ sollten diese zwei Schriften unbedingt dazugehören.
Die Wiederentdeckung der Nutzpflanze Hanf, Cannabis und Marihuana
1993 Zweitausendeins,
Von Hanf ist die Rede
1995 Zweitausendeins