Kaum ein Land hat in der Cannabisindustrie so viel geforscht wie Israel. Der Staat fördert bereits seit vielen Jahren sowohl medizinische als auch wirtschaftliche Cannabisprojekte, viele Universitäten forschen an Cannabis-Themen und auch die Privatwirtschaft rund um Cannabis hat schon einige spannende Dinge vermarktet. Daher war es eigentlich nur eine Frage der Zeit, bis diese Firmen samt ihrer Produkte auch auf dem europäischen Markt erscheinen.
Gemmacert – der THC-Tester aus Israel
Eine der ersten Firmen, die diesen Schritt gewagt hat, ist das Unternehmen Gemmacert, welches sich auf die Cannabinoid-Analyse von Cannabisprodukten spezialisiert hat. Mit anderen Worten: Ihr wollt wissen, wie hoch der THC und CBD-Gehalt eurer Cannabisblüten ist? Gemmacert sagt es euch! Green House Seeds, Yanks, Boerejongens, Barneys Farm, Dampkring…
Was sich liest wie ein who-is-who der berühmt-berüchtigtsten Coffeeshops, ist in Wahrheit einfach nur ein kurzer Blick in den Kundenstamm von Gemmacert. Und als ob das nicht schon glaubhaft genug wäre, sind alle GemmaCert Produkte sogar vom TÜV Rheinland zertifiziert und haben neben dem Red Dot Design Award, auch schon mehrere unabhängige Zertifikate abgestaubt, die die Genauigkeit der Sensorik belegen.
Die Produkte von Gemmacert gibt es in drei Ausführungen, die sich im Preis etwas unterscheiden. Der Gemmacert Pro ist die teuerste Variante, kann dafür aber Extrakte, Blüten und sogar Schnittreste analysieren. Dazu gibt es eine extrem stabile Tragetasche, die auf den ersten Blick fast schon wie der Waffenkoffer einer Schweizer Offizierspistole wirkt. „Robust“ trifft es wohl ganz gut.
Diese Version kostet aber auch stolze 4500€. Nicht erschrecken! Auf den ersten Blick wirkt dieser Preis natürlich relativ hoch. Ich kann euch aber versichern: Wer beruflich oder auch privat viel mit Cannabis-Extrakten zu tun hat (selbst Kilopreise von bis zu 30.000€ und mehr sind hier keine Seltenheit!) zuckt bei einem solchen Preis nur Müde mit den Schultern.
Wer auf den Transportkoffer verzichten möchte und generell erst mal nicht so viel Geld auf ein Mal auf den Tisch legen will, dennoch aber die Vorteile der Pro Version nutzen möchte, der kann auch das „Essential Package“ buchen: Hier erhält man den Gemmacert Pro für nur 3600€, bezahlt dafür aber 30€ monatlich für den Support-Dienst. Außerdem muss man bei diesem Set den Aufsatz für Extrakte und Schnittreste noch bei Bedarf selbst dazukaufen, wobei dann hier noch mal jeweils 250€ fällig sind.
Last, but garantiert not least, sondern eher das Standardmodell für jedermann, gibt es noch den GemmaCert Lite, den ich euch heute mal genauer vorstellen möchte.
Gemmacert Lite – Erschwinglich, exakt und völlig ausreichend
Besonders Coffeeshops in den Niederlanden, die eh keine Extrakte verkaufen dürfen, sind mit dem Gemmacert Lite bereits voll bedient: Die etwas abgespeckte Version kann leider „nur“ Blüten analysieren, wobei das Wörtchen „nur“ hier mit voller Absicht in Anführungsstrichen steht, denn sich darüber zu beschweren ist eigentlich echt meckern auf hohem Niveau! Dazu muss ja gesagt sein: Bis jetzt gibt es eigentlich nur eine Möglichkeit, Blüten zuverlässig auf ihren THC-Gehalt testen zu lassen: In ein unabhängiges Labor einschicken und analysieren lassen. In der Schweiz und Österreich ist dies, wenn auch oft mit hohen Kosten von umgerechnet bis zu 100€ verbunden, ohne weiteres möglich.
Unsere Kiffer-Companeros in Deutschland haben diese Möglichkeit aber nur sehr eingeschränkt, offiziell gibt es dort keine Möglichkeit, seine Blüten legal zu testen und, wenn für gut befunden, danach sogar wieder zurückzubekommen. Dies könnte sich in Zukunft durch den Gemmacert Lite ändern. Das Gerät gibt es für knapp 2400€ entweder direkt beim Hersteller oder bei einem der europäischen Vertriebspartner. Wenn man jetzt mal beispielhaft von nur 50€ pro herkömmlichem Labortest ausgeht, hat man das für den Gemmacert Lite ausgegebene Geld also schon nach knapp 50 Messvorgängen wieder eingespart!
App downloaden, anmelden, einstecken
Moment, eins nach dem anderen! Zunächst bekommt man nach dem Kauf eine E-Mail mit seinen Zugangsdaten für die Gemmacert App. Die App ist… nun ja, einen Design Award hat sie nun wirklich nicht verdient. Belassen wir es einfach bei „funktional gehalten“. Nutzerfreundlich und idiotensicher ist sie allemal!
Die Bodenplatte des Gemmacert Lite ist übrigens mit Magneten befestigt und lässt sich mit einem kleinen Ruck einfach abnehmen. Innen findet man den Anschluss für das mitgelieferte Netzkabel, ansonsten wird der Boden nur zum Reinigen des Gerätes abgenommen. Oben befindet sich, versehen mit einem kleinen Handgriff, das Blütenfach, in dem die Probe verstaut wird. Wichtig ist, dass das Blütenfach auf jeden Fall geschlossen sein muss, wenn man den Gemmacert startet.
Sobald das Kabel eingesteckt wird, gibt der GemmaCert Lite ein grummeliges Brummen von sich, fixiert das Blütenfach durch einen Magnetschalter und beginnt direkt damit, die Sensorik auf Temperatur zu bringen. Ab diesem Zeitpunkt kann man sich mithilfe der Handy-App über Bluetooth mit dem Gerät verbinden.
Im Menü stellt man nun zuerst den „Mode“ ein: Hier kann man bei den Pro-Modellen zwischen „Flower“,“Extract“ und „Trim“, also Schnittresten, auswählen, bei der Lite-Version lässt sich jedoch nur das „Flower“-Feld klicken, die anderen Felder bleiben grau hinterlegt.n Meiner Meinung schreit das nach einem kleine Software-Update, da man sich als Lite-User diesen Schritt eigentlich sparen könnte.
Kalibrieren und ab gehts! Vor dem ersten Test müssen alle Gemmacert Modelle erst kalibriert werden, was ca. 10-15 Minuten Zeit in Anspruch nimmt. Tatsächlich ist diese Zeit ein bisschen abhängig von der Umgebungstemperatur: Die Sensorik muss erst auf ca. 47 °C aufgewärmt werden, um ein genaues Ergebnis zu liefern.
Kurz vor Ende des Kalibrierungsvorgangs erscheint auf der App eine Meldung: „Open Drawer!“, zu Deutsch: „Öffnen sie doch bitte das Blütenfach“. Sobald das Fach geöffnet ist, bestätigt man dies mit einem netten „OK“, nach einer weiteren Minute schließt sich das Kalibrierungsfenster auf der App und man kann die Tests starten. Keine Angst: Zwar wird der Gemmacert nach jedem einzelnen Test neu kalibriert, um ein möglichst exaktes Ergebnis zu liefern, dieser Vorgang dauert dann aber, wenn das Gerät erst einmal aufgeheizt wurde, keine zwei Minuten mehr. „Achtung, spitze Nadel!“
Hier wird einem schnell einer der größten Vorteile des Gemmacerts bewusst: Die Blüten werden nicht zerkleinert, sondern einfach an einem Stück auf eine Nadel gesteckt und dann auch per Magnet kopfüber im Blütenfach fixiert. Tatsächlich sollte man die Warnung vor der „spitzen Nadel“ relativ ernst nehmen: Besonders durch etwas fluffige Blüten gleitet sie echt wie durch Butter, weshalb ich mich schon einmal ordentlich gepikst habe. Das Blütenfach samt aufgespießter Probe wird nun wieder eingeschoben und der Test kann beginnen.
Nahinfrarotspektroskopie – der Schlüssel zum Erfolg!
Das Wort „Nahinfrarotspektroskopie“ klingt auf den ersten Moment etwas kompliziert, ist eigentlich aber selbsterklärend: Ein Spektroskop zerlegt Licht in seine einzelnen Bestandteile, der analysierte Bereich des Lichtes, der für unseren THC-Test interessant ist, befindet sich nah am Infrarotbereich. So einfach ist das! Tatsächlich wird das Lichtspektrum, welches von der Oberfläche der Blüte reflektiert wird, auf seine Bestandteile analysiert, woraus sich der Cannabinoidgehalt ableiten lässt. Die Nahinfrarotspektroskopie ist in der Biochemie übrigens kein neues Verfahren, sondern wird schon lange eingesetzt, um organische Substanzen „zerstörungsfrei“ zu analysieren. Zerstörungsfrei heißt in diesem Fall nicht nur, dass die Blüte optisch in Takt bleibt, sondern eben auch, dass bei diesem Prozess keinerlei Einwirkung jeglicher Art stattfindet. Die Blüte wird nur ganz genau angeschaut. Und wie sagt man so schön: „Man schaut nicht mit den Händen!“.
Die Analyse der Blüten dauert ca. 5 Minuten. Sobald diese fertig ist, erscheint eine Meldung auf der App, erneut ein freundliches „open drawer to view results“, zu Deutsch „Öffnen sie das Blütenfach, um das Ergebnis anzuzeigen“. Auf dem Display erscheint dann das Testergebnis: Angezeigt werden sowohl der THC- und CBD-Gehalt, aber auch die Wasseraktivität in den Blüten, welche bei ca. 0,60 liegen sollte. Liegt der Wassergehalt der Blüten stark über oder unter diesem Wert, erscheint eine zusätzliche Warnmeldung, die entweder vor einer erhöhten Schimmelgefahr warnt oder darauf hinweist, dass die getestete Blüte zu trocken ist und man mit einem Gewichts- und Qualitätsverlust rechnen kann.
Reproduzierbare Werte
Schick sieht der Gemmacert aus, funktional ist er auch! Doch sind die Ergebnisse auch reproduzierbar? Im Gegensatz zu einem Labortest kann man mit dem Gemmacert auch dieselbe Blüte einfach mehrfach testen und so schauen, ob die Ergebnisse reproduzierbar sind. Um den Test noch ein bisschen sicherer zu machen, wurde außerdem vor allem medizinisches Cannabis getestet, da man hier bereits einen ungefähren THC-Wert angegeben hat und somit überprüfen kann, ob die Werte, die der Gemmacert anzeigt, auch realistisch sind. Für einen ersten kleinen Test wurden die medizinischen Sorten Red No 4 (19-20 % THC) von Spektrum Cannabis, Cheese Quake (20-22 % THC) von Tilray und Bedrocan (20 % THC) getestet.
Außerdem wurde noch ein „Amnesia Haze“ aus einem Amsterdamer Coffeeshop, typisches „Schwarzmarkt-Gras“ sowie das sehr ordentliche Homegrowen Gorilla Glue eines Bekannten getestet.
Die Ergebnisse können sich auf jeden Fall sehen lassen: Jede medizinische Blüte wurde mindestens 3x getestet, die Ergebnisse wichen um keinen ganzen Prozentpunkt ab und sind eindeutig passend zu den Angaben, die vom Hersteller gegeben werden. Lediglich bei der Wasseraktivität scheint die Sensorik ein bisschen zu hapern. Obwohl immer ganz genau dieselben Blüten getestet wurden, war der Wasserwert etwas abweichend.
Spannend wurde es dann beim Coffeeshop-Haze: Mit „nur“ 15 % liegt es doch weit unter den Erwartungen, außerdem warnt mich die App vor einer erhöhten Schimmelgefahr. Das Schlusslicht der Testreihe bildet, wie sollte es auch anders sein, die Schwarzmarkt-Ware: Der THC-Gehalt liegt hier nur bei knapp 12 % THC.
Als der Gemmacert beim Homegrowen des Bekannten plötzlich den Wert 22,3 % THC anzeigt, bricht der anwesende Gärtner fast in Freudentränen aus. Einem zweiten Test derselben Blüte wird dann aber leider nicht mehr zugestimmt. Man solle sein Glück nicht auf die Probe stellen.
Fazit
Tatsächlich hält der Gemmacert was er verspricht: Die Ergebnisse sind eindeutig reproduzierbar und stimmen mit den Ergebnissen, die beispielsweise von Herstellern von medizinischem Cannabis herausgegeben werden, nahezu überein. Der Gemmacert ist ordentlich verarbeitet, steht stabil und sieht dazu noch schick aus. Besonders für Grow-, Head- und Coffeeshops sehe ich hier sehr großes Potenzial! Einerseits kann man so die selbst verkaufte Qualität regelmäßig überprüfen, andererseits könnten beispielsweise Kunden ihre selbst erworbenen Blüten einfach günstig testen lassen. Doch selbst für Grower ist so eine Anschaffung eindeutig lohnenswert. Es ist immer ein sehr gutes Verkaufsargument, wenn der THC-Gehalt nachgewiesenermaßen mit medizinischem Cannabis mithalten kann.