Die LED-Technik ist eine Wissenschaft für sich. Ganze Forschungszweige befassen sich nur mit den kleinen, leuchtenden Chips und tüfteln seit Jahren an immer besseren Lampen. Für die meisten ist klar: LEDs sind effizienter als herkömmliche Lampen. Aber so ganz begründen können es dann die wenigsten. „Hoher PAR-Wert“, „enorme Photonendichte“, „T90 erst nach 50.000h!“ oder „anpassbares Spektrum“ würden die Profis jetzt rufen, Anfänger verstehen da aber leider nur Bahnhof. Daher beginnen wir jetzt einfach mal ganz von vorn!
Spektrum – Das A und O einer Lampe!
Welches Lichtspektrum wünscht sich die Pflanze eigentlich? Die Antwort ist sehr einfach: Ein bunt gemischtes Spektrum, sehr viel rot und blau, ein bisschen grün, ein wenig gelb. Eine NDL hat etwa ausschließlich rotes Licht, eine herkömmliche weiße LED strahlt bis zu 30 % gelbes/grünes Licht aus, was hingegen viel zu viel ist und damit reine Energieverschwendung! Ja, weiße LEDs wirken extrem hell aus und lassen eure Pflanzen so richtig schön satt-grün aussehen. Aber genau da ist der Haken: grünes/gelbes Licht wird von unserem Auge als sehr hell angesehen (eine optische Täuschung!), die Pflanzen strahlen aber nur so grün, da sie das grüne Licht ungenutzt reflektieren. Strahlend grüne Pflanzen sind also tatsächlich ein Indikator für ein verschwenderisches Spektrum! „Hää, aber unter Sonnenlicht sehen die doch auch so aus?“ – Ja, richtig! Jeder Biologe wird euch aber bestätigen: Das Sonnenlicht wird bei der Fotosynthese keinesfalls effektiv umgewandelt! Der Brutto-Wirkungsgrad der Fotosynthese mit normalem Sonnenlicht liegt übrigens bei etwa 20 %, die Energie aus dem Sonnenlicht kann nur zu 43 % genutzt werden, der Rest wird schön reflektiert.
Und was sagt das Spektrum bei der Growking Rail 120? Ausgezeichnet sagt das Spektrum! Hier kommt einer der in der Einleitung erwähnten Vorteile zur Sprache: LED-Chips gibt es in allen möglichen Farben, das Spektrum lässt sich also durch die Zumischung von blauen oder roten Chips an die Anforderungen der Fotosynthese „anpassen“. Der Rotanteil ist stark erhöht, dazu wurden hochwertige, farbige LED-Chips verbaut und nur wenige der relativ günstigen weißen Chips eingesetzt. Das entstehende Spektrum ist dadurch sehr ausgeglichen und, im Gegensatz zu vielen Konkurrenzprodukten mit ausschließlich weißen Chips, an die Anforderungen der Fotosynthese angepasst! Das Problem ist nur: Blau und Rot lassen sich mit LEDs nur sehr teuer herstellen, die Chips kosten ein Vielfaches der herkömmlichen weißen Chips. Das erklärt dann auch den Preis. Mehr dazu später!
PAR-Wert und PPFD
Der PAR-Wert bezeichnet die Menge an Licht im für die Pflanze nutzbaren Spektrum (360 – 720 nm), ignoriert aber die Verteilung des Spektrums. Das Sonnenlicht hat beispielsweise „nur“ einen PAR-Wert von grob 43 %. Eine komplett grüne Lampe hat hingegen einen PAR-Wert von 100 %, ist aber für die Pflanzenzucht trotzdem ziemlich ungeeignet. Der PAR-Wert spielt also nur in Verbindung mit dem Spektrum überhaupt eine Rolle. Auch der oft zitierte PPFD-Wert, also die Menge an von der Pflanze nutzbaren Photonen im Licht, ist nur in Verbindung mit dem Spektrum aussagekräftig! Denn: Auch ein super PPFD-Wert sagt nicht aus, wie gut das Spektrum an die Fotosynthese angepasst ist oder ob enorm viel Energie im grünen/gelben Spektrum verschwendet wird!
Für euch als Käufer ist das aber eigentlich ganz leicht: Ihr nehmt euch einfach das „Absorbtionsspektrum der Fotosynthese“, legt das Spektrum der Lampe darüber und schaut, welche Bereiche gut abgedeckt sind und wo man noch etwas nachlegen könnte. Auch hier gilt: Blau für Wachstum, dicke Stängel und schöne Blätter, rot für dicke, harzige Buds und eine flotte Blütephase. Ein Blick auf das Spektrum der Growking Rail 120 zeigt also ganz klar: Diese Lampe ist nicht gerade für die Stecklingsaufzucht entwickelt worden, sondern ziemlich sicher für die Blütephase!
Blütephase? Erst mal auspacken…
Vor wenigen Monaten klingelte es, ein dickes Paket und ein völlig erschöpfter Postbote stehen vor der Tür. So kann’s gehen, wenn der Fahrstuhl kaputt ist… Unterschrift hier, schönen Tag noch, voller Vorfreude ins Zimmer rennen und GO! Im Paket dann der erste kleine Dämpfer: Drei weitere Pakete, insgesamt 3 Lampen. Mein „Taddaaa“ beim Aufklappen der ersten Box hätte ich mir also sparen können. Ich öffne das erste Paket und muss grinsen: Direkt unter dem Deckel ist erst mal eine dicke Schaumstoffplatte, welche man komplett herausheben muss. Das Auspacken scheint kein Ende zu nehmen! Darunter geht es dann aber endlich los! Ein fettes Vorschaltgerät mit Netzstecker an der einen Seite und einem weiteren, ca. 20 cm langen Kabel mit einem Anschluss an der anderen Seite. Dann noch ein weiteres Kabel, dessen Ende unter der Schaumstoffbox verschwindet. Also Box anheben und da ist sie endlich:
Eine nagelneue Growking Rail 120!
Hier mal schnell ein paar technische Daten:
- Verbrauch: 120W
- Länge: Ca. 75 cm, passt also in jede 80×80er-Box locker rein
- Photonenfluss von 203 µmol/s, 13.600 Lux/ 0,5 m² (ja, mit nur einer Lampe!), ca. 2,6 umol/Joule.
- Verwendete Chips: Osram Osslon SSL (2x rot und weiß)
- Kühlung: Passiv
- Garantie: 3 Jahre (!)
- Zertifikate von CE, WEEE und RoHS
- Aussehen: Schick und schlicht!
Was mir sehr positiv aufgefallen ist: Zum einen die oben aufwendig beschriebene Verpackung! Top, sehr stabil, extrem sicher verpackt! Dann: Die Aufhängungen!! Die Lampen werden an zwei frei wählbaren Punkten aufgehängt, ihr könnt die kleinen Ösen dafür komplett frei hin und her schieben und einfach an der gewünschten Stelle festschrauben. Dazu kommen noch diese modernen Pflanzjojos. Die sind zwar bei hochwertigen LEDs heutzutage fast schon Standard, sollten aber trotzdem kurz erwähnt werden! Ein klick und ihr könnt die Höhe der Lampen stufenlos regulieren! Nicht zu vergessen ist auch der Übergang vom Treiber zur Lampe: Ein wasserdichtes, verschraubbares Verbindungsstück verbindet die beiden Kabel, sollte mal die Lampe oder der Treiber kaputtgehen, kann man diesen einfach mit einem Handgriff austauschen!
Das Setting:
Von diesen Lampen habe ich drei Stück bekommen, diese wandern direkt in mein 80×80 Zelt mit 280er-Abluft in 125 mm. Von der Temperatur her sollte es also locker klappen. Die Pflanzen sowie die Anbaumethoden in der Box sind bunt gemischt: 2 Ladys (Blue Cheese und Gorilla Glue #2) wachsen in einem DIY-DWC, bestehend aus einem 15l Mülleimer von Ikea, einer 400l/h Luftpumpe von Eheim (2 Steine) und einer billigen Aquariumheizung. Gedüngt wird hier mit Canna Aqua.
Die anderen Pflanzen (12 Stück an der Zahl) wachsen auf Erde und in sehr unterschiedlichen Töpfen: Die größte ist in einem 11 Liter Teku, die kleinste in einem 3l Liter Teku, der Rest in 3–6 Liter Air Pots. Als Erde dient eine Mischung aus Supreme und BioBizz Light Mix. Gedüngt wird mit Canna Vega, Canna Zym, Canna Flores, Alg-A-Mic, BioBizz Acti-Vera und Alfa Boost. Die Sorten sind, wie zuvor erwähnt, bunt gemischt! GSC, White Widow, NYC Diesel, Jack Herer und was weiß ich noch alles! Die Pflanzen habe ich von einem Bekannten bekommen.
Die Pflanzen fühlten sich unter den Lampen mehr als wohl! Nach einer halben Stunde standen alle Blätter schön nach oben. Die Pflanzen wurden direkt in die Blüte geschickt, ansonsten wäre die Box aus allen Nähten geplatzt! Den Lampenabstand habe ich erst etwas unterschätzt und bin auf ca. 20 cm herangegangen, wenige Tage später bin ich aber auf 30-40 cm Abstand gegangen. Nicht weil die Lampen etwas zu heiß wurden, sondern weil die Box ansonsten einfach nicht gut ausgeleuchtet war und sich die Lichtkegel nicht überschnitten haben.
Woche 1–3:
Bis jetzt läuft alles nach Plan. Jedenfalls mit der Erde… Das DWC-Set macht natürlich direkt Probleme, wäre ja sonst auch langweilig! Mit einem kleinen Schock fällt mir nämlich ein winziger Satz auf der Dosierungsanleitung viel zu spät auf: „Werte beziehen sich auf ein Basis-EC von 0,0“. Boing, mein Leitungswasser hat jedoch einen EC von 0,3, es kommt, wie es kommen muss: Die Blätter der beiden Ladys bekommen kleine braune Spitzen und zeigen eine eindeutige Überdüngung an. Also EC runter (= weniger Dünger) und zack, zu niedrig! Die Blätter werden innerhalb von wenigen Tagen deutlich heller, ein direktes Anzeichen einer Unterdüngung.
Die anderen Pflanzen genießen einfach nur die Lampen! Als kleiner Test wird bei diesem Durchgang auf Lollipopping verzichtet, dem Wildwuchs untenrum wird freien Lauf gelassen! Was mir auf jeden Fall auffällt: Die Blüten bilden sich am Anfang viel schneller als sonst unter NDL, die Umstellung in die Blütephase ging auch sehr schnell. Der Stretch zu Beginn war zwar definitiv vorhanden, jedoch (zumindest gefühlt) nicht so stark wie sonst. Beide Faktoren schiebe ich auf das in den Lampen verbaute rote Spektrum, beweisen kann ich es aber nicht.
Und was sagt die Temperatur? Ungefähr 20 °C am Boden der Box, 23 °C auf Höhe der Buds. Und der Witz: 26 °C über den Lampen. Im Gegensatz zu einer NDL sind die Chips an sich wirklich kaum warm und lassen sich von unten auch ohne Probleme berühren. Die entstehende Temperatur wird wirklich sehr gut über die Kühlrippen nach oben abgeleitet. Das entspricht ziemlich genau meiner sonstigen Erfahrung mit einer 250W NDL und derselben Abluft, für 360W kann sich die Abwärme hier definitiv sehen lassen! In anderen Worten: mehr Power und trotzdem die gleiche Temperatur! Die Kühlrippen an sich sind aber schon ordentlich heiß, besonders an den Stellen genau über den Chips. Ein paar geschickt verteilte kleine CPU-Lüfter könnten hier vielleicht noch ein paar Prozent herausholen!
Kleine Notizen an mich:
- Nächstes Mal größere Töpfe verwenden!
- Nächstes Mal Sonnenblätter beschneiden! (Stichwort Defoliation/Schwazzing)
- LEDs nicht mehr unterschätzen… Größere Box verwenden!
Woche 4–6:
Sie wachsen und wachsen! Die Ladys im DWC haben zwar einige gelbe Blätter bekommen, legen aber trotzdem ordentlich an Gewicht zu! Die Dame ganz hinten rechts in der Ecke wurde beim Gießen wohl ein paar mal übersehen und hat durch den daraus resultierenden Schock direkt ein paar Blätter verloren. Besonders geil finde ich aber dafür die von mir getauften „Zwillings-Buds“: Zwei genau gleich aussehende Buds einer OG Kush. Nichts Besonderes, sieht aber irgendwie lustig aus. Der Wildwuchs unter dem Blütendach ist nun einfach zu krass geworden, aus Angst vor Schimmel schnappe ich mir eine Schere und befreie alle Pflänzchen von dem ganzen Kleinscheiß unten rum! Experiment fehlgeschlagen, so etwas kann man sich ja nicht länger ansehen! Am Ende der 5. Woche färben sich dann endlich auch die großen Sonnenblätter der anderen Pflanzen gelb und können dann nach und nach entfernt werden. So kommt dann auch mal ein bisschen mehr Licht an die unteren Buds.
Wer genau hinschaut, sieht hinten links sogenannten „Hasch-Spitzen“ an manchen Blüten. Hasch-Spitzen (Englisch Hash-Tipps) entstehen höchstwahrscheinlich durch zu viel Licht. Die Blüten verlieren irgendwie das Chlorophyll und werden dadurch komplett weiß. Vorteil: Diese Stellen sind extrem verharzt, daher auch der Name. Und ja, das Harz entwickelt sich nach wie vor brav weiter. Diese Buds werden also sehr potent werden! So langsam gibt es auch weniger Dünger, besonders die Pflanzen, in den Air Pots wollen einfach nicht so richtig gelber werden. Noch wenige Wochen bis zur Ernte.
Woche 7–9:
Langsam wird es wirklich eng in der Box, ich ärgere mich keine 1 × 1m Box verwendet zu haben, die Lampen hätten es locker mitgemacht, davon bin ich jetzt überzeugt. Die Pflanzen im DWC sind beide bereits reif und wurden mir fast unter der Nase weggeerntet, bevor ich die Kamera zücken konnte! Übrig blieb nur ein fetter Wurzelballen, den man selbst mit einer Zange kaum abbekam! Hier ist dann übrigens ein weiterer Vorteil von DWC: Die entstehenden Abfälle sind minimal, ihr müsst nur ein paar Wurzeln und Stängel entsorgen und keine Erde durch den Hausflur schleppen.
Und, wie man sieht: Es geht einfach viel schneller! Mit einem gut funktionierenden DWC dauert die Blütephase ca. 20–30 % kürzer, der Ertrag ist trotzdem höher und potenter als auf Erde. Und wer jetzt behauptet „Hydro-Gras schmeckt aber nicht wie Bio-Gras“, der sollte mal mehr mit Zusätzen arbeiten und Cannabis-Hydrokulturen nicht immer mit niederländischen Billigtomaten vergleichen! Klar kann man bei Hydro auch extrem wenig Dünger und Zusätze geben, dann enthalten die Pflanzen auch weniger Nähr-/Wirkstoffe. Die meisten biologischen Zusatzstoffe, wie das verwendete Acti-Vera und Alfa Boost, lassen sich in geringen Dosen aber auch sehr gut mit Hydro kombinieren! Das Wasser sollte aber alle 14 Tage komplett gewechselt werden, sonst bilden sich sehr leicht Algen. Der Geschmack ist bei Hydro meiner Meinung nach sogar besser, da man die Pflanzen viel effektiver und gezielter spülen kann als auf Erde!
Die anderen Pflanzen reifen so langsam ab. Die Zwillings-Blüten haben ein drittes Geschwisterchen bekommen, die vom nicht-gießen geschockte Pflanze bekommt jetzt mehr Licht ab und die Air Pots sind irgendwie doof. Jeden Tag muss man gießen, im Untersetzer bleiben immer 1–2 cm Wasser ungenutzt stehen und das gießen ist generell etwas nervig, da viel Wasser einfach durch die Löcher heraussickert. Versteht mich nicht falsch – Air Pots generell sind eine super tolle Sache! Nur für diese Anwendung (zu kleine Töpfe/zu große Pflanzen) waren sie einfach uncool und haben mir viel mehr Stress bereitet als die TEKU-Töpfe.
Fazit:
Die LEDs klatschen rein, anders kann man das wohl nicht formulieren. Besonders unter den Chips sind sie nicht heiß und können natürlich nah über den Pflanzen platziert werden. Die Kühlkörper leisten einen super Job und leiten die Wärme schon nach oben ab, wo sie direkt von der Abluft entsorgt wird. Ganz klar ist aber: 360W Growking LEDs sind definitiv zu viel für eine 80 × 80 Box, auch wenn das von der Temperatur her keine Probleme gab. Meiner Meinung nach kann man mit drei Growking Rail 120 Lampen locker eine Fläche von 1 × 1 m bis hin zu 120 × 120 cm beleuchten.