Der Ex-Drogendelegierte Thomas Kessler und die Nationalrätin Maya Graf zeigen den Weg aus der Verbotssackgasse auf: Sie will auf Bundesebene vorgehen und etwas für die Landwirte in der Schweiz tun – Er hat das Hanf-Modell analog zum helvetischen Umgang mit Schnaps entwickelt.
Nachdem sie sich beim Neujahrsempfang 2017 mit Thomas Kessler unterhalten hatte, griff Maya Graf das Thema der Legalisierung, das für sie schon beinahe in Vergessenheit geraten war, neu auf. Thomas Kessler, Autor von «Cannabis helvetica», Agronom und ehemaliger Drogendelegierte von Basel-Stadt unterhielt sich mit der Politikerin und Biobäuerin über Hanf und dass es jetzt an der Zeit wäre, ein Hanfgesetz und damit eine Regulierung zu fordern. Grund hierfür sei: Rund 300.000 Menschen konsumieren in der Schweiz regelmäßig. 45.700 Bußen musste die Polizei 2015 wegen Hanfbesitz verteilen.
Das Fedpol rechnet aktuell mit einer Konsummenge von 60 Tonnen allein für den Freizeitgebrauch. Über 300 Millionen CHF kostet die Strafverfolgung in Sachen Hanf den Steuerzahler in der Schweiz jährlich. Die Kosten für die Sanktionen durch das Straßenverkehrsamt sind noch nicht mit eingerechnet. Trotz des immensen Staats- und Repressionsapparates ändert sich am Konsumverhalten der Schweizer Bevölkerung nichts.
Die Schnaps-Überwachung soll als Vorbild dienen
Mit diesem teuren Leerlauf, der zu nichts führt, soll endgültig Schluss sein. Deshalb haben die Nationalrätin und deren Fraktion vor Kurzem eine parlamentarische Initiative eingereicht. Die Vorschläge in dem Vorstoß „Bundesgesetz zur Hanfregulierung“ gründen auf dem von Kessler entwickelten Regulationsmodell. Mit dem Vorstoß geht Graf einen Schritt weiter als der ehemalige Basler FDP-Nationalrat Daniel Stolz, der bereits im August 2014 ein Hanfgesetz gefordert hatte.
„Jetzt ist definitiv der Moment gekommen, die Situation aufzubrechen“, sagt Graf. „Aufgrund der globalen Entwicklung in den USA, in Portugal, in Kanada oder Uruguay ist der Diskurs dynamisch geworden, sogar in Südafrika wird über eine Änderung im Umgang mit Hanf debattiert.“
Hanf hat mittlerweile einen vergleichbaren Bekanntheitsgrad erreicht, er ist gewissermaßen in allen Gesellschaftsschichten angekommen. „Wir wollen Hanf als landwirtschaftliches Produkt und als Genussmittel regulieren, ausgestattet mit einem starken Jugendschutz analog der Schweizer Obstdestillate“, sagt Graf.
„Hanf ist zur wichtigsten Substanz auf dem illegalen Drogenmarkt aufgestiegen und erzielt die größten Umsätze. Wenn der Staat sich verweigert, den Markt zu regulieren, tun es die großen Schwarzmarktplayer – mit all den unverantwortlichen Folgen für Konsumenten, zum Beispiel, wenn Hanfblüten hohe Werte an Pestiziden aufweisen“, meint Kessler.
Hohe Einnahmen für den Staat erwartet
Die Folgen der Prohibition sind immer stärker zu spüren, zum Beispiel an den zunehmend potenten Züchtungen. „Dieser Hanf mit hohem THC-Gehalt ist eine Folge der Prohibition“, so Kessler. „Wenn etwas verboten ist, gehen die Produzenten immer auf Potenzsteigerung, das ist der logische Mechanismus bei einer Prohibition. In der Prohibition steuert der Dealer und nicht der Staat. Und der Jugendschutz ist nirgends.“
Graf hofft auf Unterstützung vieler Parlamentarier und auch durch die Landwirtschaft. Diese könnte von diesem System profitieren und ihre Erfahrungen einbringen. Laut Berechnungen von Kessler könnte die Schweiz zwischen 300 und 600 Millionen CHF Steuereinnahmen rechnen.
Angebaut werden dürften höchstens zwei Ar pro Landwirt, was einer Gartengröße entspreche, gibt Kessler an. „Durch Genossenschaften und Rotationsverfahren wird gewährleistet sein, dass nicht immer die gleichen Landwirte Hanf anbauen und auch die vielen Zusatzprodukte vermarktet werden können“, meint Graf.
Sie hofft, dass die Gesundheitskommission des Nationalrates ihre Initiative noch bis zum Ende dieses Jahres berät. Doch wenn man ehrlich ist, kann es noch drei oder vier Jahre dauern, bis dieses Legalisationsgesetz in der Schweiz in Kraft treten wird.
Quelle: bazonline.ch/basel 18.07.2017, Mischa Hauswirth