Wird man mit einer geringen Menge Cannabis für den Eigenbedarf von der Polizei aufgegriffen, folgen in der Regel Strafanzeigen und weitere rechtliche Folgen, auch wenn das Verfahren unter Umständen wieder vor einem Gerichtstermin eingestellt wird. Sicher ist jedoch, dass das zum Konsum gedachte Marihuana eingezogen und konfisziert wird, sodass auch ein gewisser finanzieller Verlust zu verbüßen ist.
In der Schweiz hatte jetzt jedoch ein davon betroffener Mann, der im Jahr 2019 mit dem Grenzwachtkorps am Bahnhof St. Margrethen im Kanton St. Gallen kollidierte, erfolgreich gegen verschiedene Maßnahmen der Staatsmacht vor dem Bundesgericht geklagt. Das Gericht entschied, dass kleine Mengen Cannabis nicht länger von der Polizei eingezogen werden dürfen.
Weniger als zehn Gramm bleiben Eigentum
2,7 Gramm Cannabis und 0,6 Gramm Haschisch wurden bei der Kontrolle am Bahnhof St. Margrethen von den Beamten bei dem Mann gefunden und darauf hin konfisziert. Ebenso wurde folgend von der Staatsanwaltschaft behauptet, dass die betroffene Person die Rauschhanfprodukte aus dem Nachbarland Österreich eingeführt hätte. Vor dem Gericht wurde der Vorwurf des Grenzüberschritts zwar aufgrund von einer fehlenden Nachweisbarkeit verworfen, doch eine Anordnung, die beschlagnahmten Rauschmittel zu vernichten, folgte. Hiergegen wehrte sich der Mann bis vor das Schweizer Bundesgericht und hatte Erfolg.
Mit der Begründung, es würde keine Straftat vorliegen, entschied das Bundesgericht, dass dem Beschuldigten sein für den Eigenbedarf gedachtes Cannabis zurückgegeben werden müsse. Zehn Gramm für den Genusskonsum eingeplantes Cannabis seien in der Schweiz schließlich legal – dazu zählten sowohl der Erwerb sowie der Besitz. Verwiesen wurde seitens des Gerichtes auf einen Bericht der Gesundheitskommission des Nationalrats aus dem Jahr 2011, in dem die Einführung einer Ordungsbusse für den Cannabiskonsum behandelt wurde. Darin hieß es, dass nur direkt konsumiertes Cannabis von den Polizisten eingezogen werden dürfe, jedoch nicht die Mengen unter zehn Gramm, die die Person bei sich tragen würde. Verboten sei zwar immer noch die Nutzung von THC-haltigen Substanzen, doch seit 2013 werde dies nur als „Übertretung“ mit einer Geldstrafe von 100 Franken bestraft.
Umfangreiche Ermittlungen unverhältnismäßig
Auch wenn es laut Bundesgericht wohl mögliche sei, dass vor dem „legalen“ Besitz des Cannabis strafbare Handlungen seitens Drittpersonen begangen worden sein könnten, die den Anbau und den Verkauf betreffen, so dürfte hier keine Pauschalisierung stattfinden. Es sei unhaltbar, einfach anzunehmen, dass in diesen Fällen stets strafbare vorgelagerte Handlungen begangen worden wären. Um diesbezüglich eine eindeutige Gewissheit zu erhalten, wären zwingend umfangreiche Ermittlungen seitens der Polizei vonnöten, die das Bundesgericht aber in solchen Fällen als unverhältnismäßig betrachtet.
Ebenso bekam der Mann vom Bundesgericht die Bestätigung, dass eine von der Polizei durchgeführte DNA-Entnahme – zwecks der Beweisfindung des illegalen Cannabisschmuggels aus Österreich – nicht angebracht gewesen war. Es ließe sich nicht nachvollziehen, wie eine DNA-Probe diesen Verdacht bestätigen oder hätte entkräften können, so die Richter aus Lausanne. Nur der Kontakt der verdächtigten Person mit den Rauschmitteln hätte sich auf diesem Wege nachweisen lassen, eine mögliche Einfuhr aus dem angrenzenden Nachbarland jedoch in keiner Weise.
Wichtig sei zudem, dass zur Durchführung eines DNA-Tests ein hinreichender Verdacht auf ein Vergehen oder eine Straftat bestünde, der im Falle der hier festgestellten „Übertretung“ nicht vorgelegen habe. Da die Person neben den wenigen Gramm Cannabis und Haschisch auch Filtertipps mit sich führte, hätte davon ausgegangen werden können, dass die mitgeführte Menge wahrscheinlich einzig für den Eigengebrauch gedacht gewesen sei.
Schritt Richtung Legalisierung?
Wie festgehalten wird, könnte diese Entscheidung des Bundesgerichts als Zeichen einer Veränderung im Umgang mit Cannabis in Richtung Legalisierung verstanden werden. Der Schweizer Verein „Legalize it“, der sich die Freigabe von Cannabis zu Genusszwecken erwachsener Bewohner zum Ziel gesetzt hat, zeigte sich dementsprechend erfreut über das Urteil. Es wäre mit „großer Genugtuung“ wahrgenommen worden, dass das Bundesgericht jetzt mit seiner Bestätigung dafür gesorgt habe, künftig die Konfiszierung von straffreien Mengen Cannabis seitens Beamter zu verhindern. Der vor Gericht für den Rückerhalt seiner 2,7 Gramm Cannabis und 0,6 Gramm Haschisch kämpfende Mann, wird mit Sicherheit recht ähnlich fühlen.
Täglich sollen in der Schweiz laut Hochrechnungen circa 750.000 Joints geraucht und jährlich durch den illegalen Handel ein Umsatz von 582 Millionen Franken generiert werden.