In den letzten Tagen ist das Regierungsprogramm der neuen Bundesregierung wieder vermehrt in den Medien vertreten, da auf Seite 44 in 2 kurzen Sätzen etwas zum Thema Betäubungsmittel steht. Genauer gesagt stehen auf Seite 44 unter dem Punkt Suchtmittelgesetz (SMG) die folgenden zwei Sätze: „Verschärfung einzelner Bestimmungen im SMG, um insbesondere Minderjährige zu schützen“ und „Verbot des Verkaufs von Hanfsamen und Hanfpflanzen“.
Weiter wurde bisher darauf nicht eingegangen, vor einigen Tagen berichteten die Medien jedoch, dass die Regierung die Verschärfungen „Innerhalb der Legislaturperiode auf jeden Fall noch“ kommen würden, so Josephine Raimerth, die Sprecherin von Justizminister Josef Moser gegenüber dem KURIER.
Cannabis ist nicht gleich Cannabis: THC vs. CBD
Die derzeitige Regierung wird also an ihrem Regierungsprogramm festhalten und setzt Cannabis damit wieder auf die Abschussliste. Doch damit nicht genug, denn durch die „Legalisierung light“, wie sie in den Medien oft liebevoll genannt wird, hat mit CBD ein neues Cannabinoid ins Spiel gebracht, das den Markt momentan ordentlich aufmischt. CBD ist der nicht psychoaktive Bestandteil von Cannabis und – neben THC – eines der bekannteren Cannabinoide. Ihm werden entspannende, angstlösende und krampflösende Wirkungen nachgesagt und beinahe tagtäglich gibt es neue Forschungsergebnisse und Studien zu CBD in der Medizin, die meist sehr vielversprechend sind.
Mit CBD ist Cannabis gesellschaftsfähig geworden, da die Pflanze, die während der letzten 80 Jahre schwerstens kriminalisiert wurde, endlich auch für die „Nichtkiffer“ interessant wird, da es bei den Problemen des täglichen Lebens oft besser wirkt als vergleichbare Medikamente oder Drogen wie Alkohol. Mit CBD ist Cannabis also auch in Österreich angekommen. Die Blüten werden als Aromablüten verkauft und es gibt bereits zahlreiche Produkte aus Industriehanf in Österreich zu kaufen.
Das Regierungsprogramm analysiert
Da nur die oben genannten zwei Sätze zu Cannabis im Regierungsprogramm stehen, ist es nicht besonders leicht, die Konsequenzen dieser Zeilen für Österreich abzulesen. Hanf ist nämlich nur ein Wort von vielen, die alle dieselbe Pflanze bezeichnen: Cannabis Sativa L.
Das ist der botanische Name der Pflanze, aus denen sich über Jahrtausende dutzende verschiedener Sorten entwickelt hat, und unter ihnen ist auch der sogenannte Nutz- bzw. Industriehanf, der so gezüchtet wurde, dass die Fasern und Samen für die Industrie verwendet werden können. Dieser Hanf hat unter 0,2 bzw. 0,3 % THC und ist nicht psychoaktiv, weswegen er den Ausgangsrohstoff für dutzende Produkte wie auch die Aromablüten darstellt. Wenn der Verkauf von Hanfsamen verboten werden würde, dann würde das auch den Nutzhanf, der in den letzten Jahren sehr an Popularität dazugewonnen hat, verboten werden, wodurch in Österreich künftig auch kein Hanf mehr angebaut werden könnte. Man wäre dann auch wieder auf Import der Hanfrohstoffe aus dem Ausland angewiesen, die natürlich mehr Kosten als eine Inlandsproduktion. Ganz zu schweigen davon, dass man mit diesem Verbot dem Wirtschaftsstandort Österreich keinen Gefallen täte, da der internationale Trend sowieso in Richtung Legalisierung geht und Österreich somit wieder einmal seinen Platz am Tisch verschlafen würde.
Die Meldung der Landwirtschaftskammer, dass „Hanf eine so geringe Bedeutung [hat], [dass] auch ein Totalverbot keine Folgen für die Landwirtschaft in Österreich [hat]“ ist ebenfalls nicht ganz wahr, denn Hanf hat, verglichen zu allen anderen Landwirtschaftlichen Gütern, eine vielversprechende Zukunft, besonders wo doch gerade bekannt wird, wie wunderbar Hanf als Rohstoff ist und wie man mit ihm die Welt verbessern kann. In den legalen Staaten in Amerika sieht man bereits, wie sehr Cannabis als Wirtschaftsmotor leisten kann und was für Vorteile die Legalisierung mit sich bringt.
Legalisierung, Liberalisierung und Dekriminalisierung – und Österreich
Seit 80 Jahren also gibt es die Prohibition von Cannabis bereits. Ausgelöst wurde sie in den 30er-Jahren in den USA und heute ist ersichtlich, dass die Gründe für die Prohibition von Tag 1 auf den persönlichen Motiven einiger weniger beruhte. Im Laufe der Prohibition wurde der Kampf immer verbitterter und unter Präsident Nixon wurde der Kampf zu einem Krieg ausgeweitet.
Das Fazit nach 80 Jahren Prohibition ist jedoch relativ ernüchternd: Millionen von verschwendeten Steuergeldern für die Kriminalisierung des einzigen opferlosen Verbrechens der Welt und hunderttausende zerstörte Leben. Experten sind sich mittlerweile einig, dass die Prohibition eine Art selbsterfüllende Prophezeiung ist, da mit der Anzahl der Kontrollen auch die Anzahl der Aufgriffe steigt und die härtere Kriminalisierung in mehr Straffällen resultiert.
Während in neun Bundesstaaten der USA, Uruguay und zeitnah auch Kanada der Besitz sowie der Konsum von Cannabis für Erwachsene legalisiert wurde, verschärft die Regierung also die Strafen für Cannabis und möchte auch noch die Pflanze verbieten – denn seien wir ehrlich, nichts anderes haben sie vor. Wenn Samen und Stecklinge nicht mehr verkauft werden dürfen, so denkt die Regierung, wird auch niemand mehr dieses Teufelszeug rauchen. Doch das stimmt so nicht, und ist auch sehr asozial gegenüber den hunderten von Head und Growshops, die in den letzten Jahren ein legales Gewerbe aufgebaut haben und brav Steuern zahlen.
Im Gegenteil, wenn die Samen und Stecklinge bei in Österreich verboten werden, dann würde nur ein neuer Schwarzmarkt entstehen, so wie es in Deutschland schon seit Jahren der Fall ist. In unserem Nachbarland ist nämlich alles Cannabishaltige verboten, so auch der Besitz von Samen. Das Resultat sind entgangene Steuern im Inland – und ein florierender Onlinehandel aus anderen Ländern wie Spanien, den Niederlanden oder den USA. Hiesige Unternehmen würden einen Teil ihres Profits verlieren und bei derzeitiger Formulierung der Verschärfung sogar ihr Unternehmen verlieren, denn wer keinen Nutzhanf anbauen kann, kann damit auch kein Geld verdienen.
Österreichs Regierung: im Krieg gegen Cannabis – und gegen Fakten
Die Schwarz/Blaue Bundesregierung geht also mit dem angekündigten Verbot einen ordentlichen Schritt zurück und möchte, wie es scheint das, das dunkle Zeitalter der Prohibition ins rechte Licht rücken (was natürlich nicht mehr möglich ist). Unter dem Deckmantel der Migration und anderer belangloser Dinge wird auf dem Rücken von zehntausenden Konsumenten ein Kampf um die richtige Ideologie ausgetragen: Veränderung gegen Stagnation.
Sinnvoll ist die geplante Verschärfung selbstverständlich nicht. Eine Legalisierung fördert überall dort, wo sie „mutig“ erprobt wird, beinahe nur positive Ergebnisse zutage und man muss sich schon fragen, ob diese Verschärfung nicht mutwillig darauf abzieht, die Situation für zehntausende Bürgerinnen und Bürger zu verschlechtern und einen Grund zu haben, Andersdenkende zu bestrafen. Durch die Weigerung, sinnvoll über Cannabis zu diskutieren und Fakten aus dem Ausland einzuholen (Stichwort: es gibt zu wenige Studien zu diesem Gebiet) versucht die Regierung also, ihre Ansicht der Welt zum gemeinen Usus zu machen, und in dieser Welt ist Cannabis eine böse Einstiegsdroge, deren Missbrauchspotential nicht zu vernachlässigen sei. Komisch nur, dass bereits vor einigen Jahren das Argument der Einstiegsdroge widerlegt wurde, nachdem Studien eindeutig gezeigt hatten, dass Tabak und Alkohol vor Cannabis ausprobiert wurden, und somit diese legalen Drogen die wahren Einstiegsdrogen sind.
Es braucht eine europäische Lösung
Blickt man nach Europa, so sieht man ebenfalls andere Ansätze als eine Verschärfung der Strafen. So etwa ist in Portugal der Besitz zum Eigenbedarf komplett entkriminalisiert und auch in Norwegen gibt es ein ähnliches System. Cannabis ist hier zwar illegal, doch man bekommt als Konsument keine strafrechtlichen Probleme, wenn man mit Cannabis aufgegriffen wird.
In den Niederlanden gilt Cannabis als weiche Droge und wird deshalb von der Polizei geduldet, was zu dem Erblühen von Amsterdam und den Coffeeshops geführt hat. Niemand hat dort ein Problem mit den kiffenden Einheimischen oder Touristen, im Gegenteil, Amsterdam profitiert immens von seinem Status als „Kiffer Hochburg“ Europas.
Man muss anmerken, dass die Länder Europas sich an die Single Convention on Drugs halten müssen, die 1961 eingeführt wurde und allen Mitgliedern vorschreibt, wie sie mit Cannabis umzugehen haben. Die Tatsache, dass bereits einige Länder dieses Einheitsabkommen abwandeln und Cannabis in ihrem Land in einer Weise erlauben, ist leider noch nicht Anlass dazu, das Gesetz zu überdenken. In diesem Dokument wird Cannabis auf einer Stufe mit Heroin genannt und es wird darin festgehalten, dass Cannabis kein medizinisches Potenzial hat. Das ist nicht wahr und somit falsch, und das bereits seit Tag 1. Doch es dauerte über 50 Jahre, bis die UN wieder zusammenkam und über Cannabis diskutierte. Das Ergebnis dieser Evaluierung wird mit Spannung erwartet und könnte potenziell der Anstoß sein, den Europa benötigt.
Während also weltweit mehr und mehr „mutige“ Länder vorangehen und Cannabis aus ihrem Strafgesetzbuch nehmen, geht Österreich bewusst einen Schritt zurück und möchte Cannabis weiter einschränken. Es liegt nun an den mündigen Bürgern, den Politikern klarzumachen, was Fakten sind und wie diese zu verstehen sind: als unumgängliche Tatsache, an die man nicht „glaubt“, sondern die man zu akzeptieren hat.
Wie Bertolt Brecht einst sagte: „Wo Unrecht zu Recht wird, wird Widerstand zur Pflicht“. Cannabis muss legalisiert werden, das zeigt die Wissenschaft sehr deutlich. Wenn die Regierung wirklich mit ihrem Vorhaben fortfährt, dann handelt sie gegen die bekannten Fakten und in reinem Eigeninteresse – und schließt damit den Kreis, denn schließlich hat die Prohibition vor ca. 80 Jahren genau so begonnen.