Die Festivalsaison beginnt und regelmäßig finden in diesem Zusammenhang Verkehrskontrollen statt. Einerseits soll natürlich niemand im Rausch ein Fahrzeug lenken und dabei im schlimmsten Fall einen Unfall verursachen. Auf der anderen Seite ist die Schwelle sehr niedrig, ab der die Behörden den Führerschein entziehen können.
Die Behördenpraxis in Österreich
Im Gegensatz etwa zu Deutschland und der Schweiz existierten in Österreich keine Grenzwerte. Das heißt, es gilt in der Praxis das Null-Toleranz-Prinzip. Zwar wird von zahlreichen Experten die Einführung von Grenzwerten gefordert, eine Einführung scheint aber in naher Zukunft nicht geplant.
Der renommierte Toxikologe Prof. Rainer Schmid geht etwa davon aus, dass fünf Nanogramm THC im Blut mit einer Beeinträchtigung von 0,5 bis 0,8 Promille Alkohol im Blut gleichzusetzen sind. US-Bundesstaaten wie Colorado orientieren sich daher bereits an der medizinisch-pharmakologischen Evidenz. Dort wurde ein Wert von fünf Nanogramm THC im Blut als Grenzwert für eine Beeinträchtigung festgelegt.
Typischer Ablauf einer Verkehrskontrolle
Der Betroffene wird bei Verdacht auf eine Beeinträchtigung durch Cannabis oder anderer Substanzen zum Urintest aufgefordert. Manchmal auch zum freiwilligen Speicheltest, der jedoch noch im Testversuch erprobt wird und gerade bei Cannabis (noch) keine exakten Ergebnisse liefern kann.
Der Urintest ist stets freiwillig. Eine Abgabe erscheint daher nur dann sinnvoll, wenn der Betroffene weiß, dass der Test negativ ausfallen wird. Für den Fall, dass der Test positiv sein wird, ist die Verweigerung ratsam. Der Grund liegt darin, dass der Urintest nicht anzeigt, ob jemand beeinträchtigt ist. Der Urintest kann nur anzeigen, dass in den vergangenen Wochen konsumiert wurde. Fakt ist jedoch, dass bei Abgabe eines positiven Tests der untersuchende Amtsarzt in aller Regel eine Beeinträchtigung feststellt und einen Bluttest anordnet. Zwar ist das auch häufig der Fall, wenn der Urintest verweigert wird, jedoch schafft man kein Beweismittel gegen sich, wenn der darauffolgende Blutbefund negativ ausfallen könnte.
Wichtig dabei zu wissen, dass Cannabis im Blut bis zu maximal 72 Stunden nachweisbar ist, im Harn hingegen bis zu mehreren Monaten. Liegt ein positiver Harnbefund vor und fällt der Blutbefund hingegen negativ aus, führt dies zwar nicht zum Führerscheinentzug, jedoch kann sich der Amtsarzt dennoch melden, da der Konsum festgestellt wurde. Der Bluttest ist jedenfalls durchzuführen. Wenn der Konsum etwa mehrere Tage zurückliegt, stehen die Chancen gut, dass im Blut kein aktives THC mehr feststellbar ist. Der Führerschein ist daher wieder auszufolgen.
Hotspot-Kontrollen
Festivals, die Parkplätze von Grow-Shops, bestimmte Clubs oder Veranstaltungen im Zusammenhang mit Hanf, stehen zunehmend im Fokus von Verkehrskontrollen. Die Zahl der Entzüge wegen einer Beeinträchtigung durch Drogen sind massiv im Steigen begriffen. Es ist den Behörden bekannt, dass der Cannabiskonsum weitverbreitet ist und der Konsum – im Gegensatz zur kurzen Wirkdauer – noch mehrere Tage nachweisbar ist. Zwar bedarf es nach dem Gesetz eines begründeten Verdachts, dass jemand Cannabis konsumiert hat, ein solcher Verdacht lässt sich aber relativ einfach begründen.
Fakt ist, dass man seine Fahrtauglichkeit bei Aufforderung jedenfalls überprüfen lassen muss. Für den Fall der Verweigerung riskiert man statt einem Monat sechs Monate Führerscheinentzug.
Das Null-Toleranz-Prinzip
Stellt der Amtsarzt eine Beeinträchtigung fest, dann wird man zum Bluttest aufgefordert. Zeigt der Blutbefund auch nur geringste Spuren aktiver Wirkstoffe (selbst unter 1 ng/ml THC), hat man in der Regel keine Chance den Führerscheinentzug erfolgreich vor den Gerichten zu bekämpfen. Die Rechtsprechung in Österreich ist äußerst restriktiv.
Da in nahezu allen amtsärztlichen Gutachten auch noch Übermüdung als Reserveursache angegeben wird, reichen nach dieser Judikatur bereits geringste Spuren von THC im Zusammenwirken mit der vermeintlichen Übermüdung, um als beeinträchtigt zu gelten. Aktuell ist sogar ein Verfahren beim Höchstgericht anhängig, wo entschieden wird, ob bereits Abbauprodukte für eine Strafbarkeit ausreichen.
Verkehrspsychologie und Zuweisung zum Psychiater
Der Gesetzgeber differenziert danach, ob jemand Alkohol oder illegale Substanzen zu sich nimmt. Während bei Alkohol nur schwer alkoholisierte Lenker (über 1,6%o) zum Verkehrspsychologen und Psychiater müssen, ist dies bei illegalen Drogen immer der Fall. Die Gutachten fallen in der Regel streng aus und empfehlen die dringende Abstinenz.
Jeglicher Konsum wird häufig bereits zwangsläufig als pathologisch angesehen. In der Regel hat der Betroffene nach einem Führerscheinentzug zumindest ein Jahr Abstinenz durch Haaranalysen oder Urintests zu beweisen. Oberösterreich ordnet flächendeckend Haaranalysen an, während diese etwa in Wien auf freiwilliger Basis erbracht werden können. Es macht daher für die Betroffenen einen erheblichen Unterschied, in welchem Bundesland sie leben.
Wie bekomme ich den Führerschein zurück? Welche Strafen drohen?
Die Entzugsdauer beträgt bei erstmaliger Betretung ein Monat. Ist die Entzugsdauer abgelaufen und man legt eine positive verkehrspsychologische und psychiatrische Stellungnahme vor, wird der Führerschein – meist befristet, mit der Auflage von Abstinenzkontrollen – wieder ausgefolgt.
Die Geldstrafe beträgt beim ersten Verstoß EUR 800,-, dazu kommen Kosten für die Blutuntersuchung von nochmals ca. EUR 800,- und die Kosten für die amtsärztliche Untersuchung von ca. EUR 200,-. Für die Gutachten können ca. EUR 700,- veranschlagt werden. Handelt es sich um Führerscheinneulinge, kommen noch weitere EUR 500,- für die Nachschulung hinzu.
Wie kann ich den finanziellen und persönlichen Schaden gering halten?
- Kein Konsum am Tag der An- und Abreise. Mein dringender Rat, mindestens 48 Stunden vor und nach dem Konsum illegaler Substanzen kein Fahrzeug lenken. Gerade Cannabis ist bei regelmäßigen Konsumenten häufig 48 Stunden und länger nachweisbar.
- Schweigen. Betroffene sind verpflichtet, Führerschein und Zulassungspapiere vorzuweisen, ebenso Pannendreieck, Verbandkasten etc. Man ist weder gegenüber den Polizisten noch gegenüber dem Amtsarzt verpflichtet, Fragen zu einem Konsum illegaler Substanzen zu beantworten. Ein freundlicher und kooperativer Umgangston ist jedenfalls ratsam.
- Keine Angaben zum Konsumverhalten. Sämtliche Angaben zum Konsumverhalten werden protokolliert und im späteren Verfahren in der Regel negativ gewertet.
- Keine Rechtfertigungen. Immer wieder neigen Betroffene dazu, den Konsum mit irgendwelchen körperlichen und psychischen Beschwerden zu rechtfertigen. Problem: Der Führerschein wird dennoch entzogen und zahlreiche Krankheiten bieten der Behörde weiteren Anlass zu Untersuchungen und Auflagen.
- Keinen Urintest/Drogenschnelltest zustimmen. Gerade mittels Urintest kann ein Konsum, der Wochen lang zurückliegt, nachgewiesen werden. Selbst wenn der Bluttest negativ sein sollte, wird in Folge von der Behörde die gesundheitliche Eignung wegen nachgewiesener illegaler Substanzen angezweifelt. Der Urintest/Drogenschnelltest ist stets freiwillig.
- Solidarität. Wird der Urintest von vielen verweigert, findet dieser unter Umständen weniger Verwendung. In der Praxis hat der Betroffene sowohl bei Verweigerung des Urintests als auch im Falle eines positiven Tests schlechte Karten. Fakt ist jedoch, dass der Urintest keine Aussagekraft über eine Beeinträchtigung bieten kann, weshalb er auch von zahlreichen Experten abgelehnt wird.
- Vorführung Amtsarzt/Blutuntersuchung zustimmen. Egal, ob nüchtern oder berauscht, von einer Verweigerung ist immer abzuraten. Die Entzugsdauer verlängert sich von einem auf sechs Monate.
- Im Fall des Entzugs einen Anwalt kontaktieren. Man muss prüfen, ob der Entzug rechtmäßig erfolgt ist und ob künftige Auflagen wie Haaranalysen oder Urintests wahrscheinlich sind.
Welche rechtlichen Möglichkeiten stehen Betroffenen offen?
Sollte der Konsum länger zurückliegen, ist es dringend ratsam, den Blutbefund einzusehen. Sollte dieser negativ ausfallen oder nur Abbauprodukte zeigen, ist es ratsam, die sofortige Ausfolgung und die Einstellung der Verfahren zu beantragen. Im Fall des Führerscheinentzugs sind die Gutachten entscheidend. Manche Gutachter sind liberaler, viele eher strenger. Im Fall des Entzugs macht es daher Sinn, sich von einem erfahrenen Anwalt beraten zu lassen. Gerade Befristungen und Abstinenznachweise lassen sich regelmäßig erfolgreich bekämpfen.