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Auch in der Schweiz wird das Thema Cannabis seit vielen Jahren kontrovers diskutiert. Derzeit stehen die Chancen nicht schlecht, zeitnah eine vollständige Legalisierung zu erreichen. Parallel dazu läuft bereits ein Pilotprojekt für eine kontrollierte Abgabe von Cannabis. Dieses Projekt nennt sich Weed Care und läuft seit Anfang 2023 im Kanton Basel-Stadt.
378 Teilnehmer können sich im Rahmen des Modellprojekts legal sechs verschiedene Cannabisprodukte aus zertifizierten Apotheken kaufen. Das Cannabis wird in der Schweiz angebaut, um eine definierte und gleichbleibende Qualität sicherstellen zu können. Insgesamt wurden bislang 87 kg verkauft. Jetzt gibt es 2 Jahre später einen überaus positiven Zwischenbericht. Die Studie konnte in den vergangenen 2 Jahren ganz klar zeigen, welche positiven Auswirkungen der Wegfall der Illegalität auf die Gesamtsituation rund um das Thema Cannabis hat.
Kein Anstieg des Konsums
Viele Verbotsideologen gehen davon aus, dass im Zuge einer Freigabe der Konsum unkontrolliert explodieren würde. Doch das Gegenteil war bei diesem Projekt der Fall. Die Teilnehmer zeigten ein reflektiertes Verhalten, welches der Schadensminderung dienlich war. 35 Teilnehmer suchten sogar aus eigener Initiative Kontakt zum Studienarzt, um sich zu ihrem Konsum beraten zu lassen. Dementsprechend sank sogar das Suchtverhalten.
Das ist ein Punkt, der in der Illegalität völlig wegfallen würde. Steht man in der Illegalität, ist im Regelfall die Hemmschwelle zu hoch, um sich selbst bei einem problematischen Konsummuster an einen Arzt zu wenden. Die Stigmatisierung und etwaige rechtliche Konsequenzen schrecken die meisten Konsumenten ab, sich Hilfe zu holen. Stattdessen konsumieren viele vergiftete Waren vom Schwarzmarkt in einem problematischen Rahmen. In Summe haben bei den Teilnehmern weder die konsumierte Menge noch die Anzahl der monatlichen Konsumtage zugenommen.
Verbesserte psychische Gesundheit
Die Teilnehmer berichteten außerdem über verringerte Angstsymptome. Dass die Möglichkeit eines legalen Umgangs mit Cannabis Ängste drastisch reduzieren kann, liegt auf der Hand. Cannabis ist dafür bekannt, Paranoia zu fördern. Befindet man sich zusätzlich in der Illegalität, kann dies in ausgesprochen beängstigenden Gedankenspiralen münden. Wenn man ständig mit der Angst leben muss, dass der Nachbar etwas riechen könnte und die Polizei vor der Tür steht, ist es klar, dass in so einer Konstellation Cannabis Angst oder sogar Angsterkrankungen fördert. Die Teilnehmenden berichteten zudem von weniger depressiven Symptomen. Es gibt mehrere Studien, die zeigen konnten, dass Cannabis gegen Depressionen wirksam ist.
Weiterhin gehen Angstsymptome und Depressionen auch häufig mit einer gegenseitigen Verstärkung einher. Auch das Vertrauen in das erworbene Produkt wirkt sich positiv auf die seelische Verfassung aus. Nur auf einem legalen Markt kann man sicher sein, ein Produkt frei von Streckmitteln und sonstigen Beimengungen zu erhalten. Wichtig zu erwähnen ist noch, dass der THC-Gehalt vergleichsweise niedrig und der CBD-Gehalt in den meisten angebotenen Produkten hoch war.
Bei der Hälfte der Produkte lag der THC-Gehalt unter 13 %. Lediglich zwei Sorten wiesen einen THC-Gehalt von 20 % auf. Ein hoher THC-Gehalt bei gleichzeitig vollständig fehlendem CBD kann bei dafür anfälligen Personen ebenfalls Paranoia fördern. Dass man nicht weiß, was man überhaupt erhält, wenn man auf den Schwarzmarkt angewiesen ist, ist lediglich ein menschengemachtes Problem infolge des Verbotes. Auf einem regulierten Markt, mit klar deklarierten Produkten, kann der Konsument wie bei Alkohol die gewünschte Stärke auswählen.
Verlängerung bis Januar 2027
Der Studienleiter zieht aus dem bisherigen Zwischenergebnis eine überaus positive Bilanz. Nur durch einen Wegfall der Illegalität und durch die kontrollierte Abgabe qualitativ hochwertiger Produkte kann eine Schadensminderung bei Konsumenten garantiert werden. Das Projekt wird nun bis Januar 2027 verlängert. 272 Personen werden an der Verlängerung der Studie teilnehmen.
Neben den bisherigen Cannabisprodukten sollen zusätzlich noch deutlich risikoärmere Produkte angeboten werden, wie E-Liquids und Tinkturen. Zusätzlich wird im Zuge der Verlängerung Drugchecking angeboten. Die Teilnehmer können illegal erworbenes Cannabis auf seine Zusammensetzung analysieren lassen. Im letzten halben Jahr der Studie ist eine Schwarzmarktgruppe geplant, um zu evaluieren, welche Veränderungen eine Rückkehr auf den Schwarzmarkt mit sich bringt. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse sollen als Basis für eine zukünftige evidenzbasierte Cannabispolitik dienen.