Vermutet wurde es schon lange, jetzt ist es offiziell: Das Modellprojekt zur geregelten Abgabe von Cannabis in Münster steht vor dem Aus, bevor auch nur ein Gramm verteilt wurde! Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte hatte festgestellt: Ein solches Vorgehen würde gegen den sogenannten „Schutzzweck“ des Betäubungsmittelgesetzes verstoßen. Heißt im Klartext: Weil Gras verboten ist, gibt’s kein Gras vom Staat!
Das Modellprojekt – Was war geplant?
Die Anfänge für die ganze Geschichte liegen schon einige Jahre zurück: Bereits 2014 wurden die ersten Anfragen getätigt, 2015 machte die Stadtverwaltung in Münster auf Druck der Hanffreunde Münster endlich sehr konkrete Zusagen: Man werde sich, so der Originaltext, um „ein wissenschaftliches Forschungsprojekt zu einer kontrollierten Abgabe von Cannabis unter medizinischen, gesundheitlichen und sozialen Aspekten sowie unter Einhaltung des Jugendschutzes“ bemühen.
Und tatsächlich: Ende Juli 2017 gab die Stadt Münster bekannt, einen Antrag auf ein Modellprojekt zur Abgabe von Cannabis eingereicht zu haben. Der Plan klingt erst mal logisch: Es gibt zwei Versuchsgruppen, eine davon bekommt gutes, standardisiertes Cannabis aus der Apotheke, die andere Gruppe muss sich weiterhin auf dem Schwarzmarkt versorgen. Hierbei soll festgestellt werden, ob und inwiefern sich eine Freigabe von Cannabis auf das Konsumverhalten von Menschen auswirkt. Die Idee dahinter ist, dass eine Gruppe der Konsumenten aufgrund der besseren Qualität und Verfügbarkeit insgesamt weniger konsumiert. Doch die Sache hat einen Haken, der auch direkt bemängelt wurde: Die Versuchsgruppe mit dem Cannabis aus der Apotheke bezahlt keinen Cent, der Staat soll die Kosten für die begehrten Blüten übernehmen.
Hanffreunde Münster kritisieren das Freigras
Die Hanffreunde Münster sind eine Ortsgruppe des Deutschen Hanfverbandes und haben den ganzen Stein in Münster erst so richtig ins Rollen gebracht. Und, großes Lob, ist vor allem am Ball geblieben! Die Kritik der Hanffreunde an dem geplanten Projekt ließ keinen Tag auf sich warten: Gratis-Gras wurde hier direkt als schlechter Ansatz betrachtet! Und zugegeben, logisch ist es auch nicht! Warum sollten Steuerzahler für etwas aufkommen, was anderen zu Testzwecken geschenkt wird? Zusätzlich werden die Testergebnisse logischerweise stark verfälscht, wenn eine Gruppe 10–15 € pro Gramm bezahlt, während die andere Gruppe bis zu zwei Gramm pro Woche auf Steuerkosten kiffen kann. Jeder Kiffer kann wohl unterschreiben: Haste mehr, rauchste mehr! Und geschenkt schmeckt es doch gleich doppelt so gut!
Steuerverschwendung statt Einnahmen?
Man muss sich das mal aus der Sicht eines Menschen betrachten, der mit dem Thema Cannabis nicht betraut ist. „Ja sie kennen ja diese verbotene Droge. Die soll gar nicht so gefährlich sein! Um das zu beweisen, verteilen wir die umsonst. Und sie bezahlen mit ihren Steuern dafür!“
Verständnis: Gleich null. Verständlich? Definitiv! Die Hanffreunde Münster haben es sehr gut auf den Punkt gebracht: Wenn die Stadt Freibier ausgeben würde, würde auch mehr Alkohol getrunken werden. Somit werden die Forschungsergebnisse verzerrt. Außerdem könnte die Stadt durch die Abgabe zum Marktpreis hohe Einnahmen erzielen. Hierfür benötigt man ein paar Randdaten: Insgesamt sollten 200 Personen an dem Projekt teilnehmen, 100 pro Versuchsgruppe. Die Dauer war auf ein Jahr angelegt, 100 Personen bekamen jeweils bis zu 2g pro Woche vom Staat geschenkt. Die Stadt benötigt für das Projekt also knapp 10 Kilogramm Cannabis. Der derzeitige Preis für medizinisches Cannabis (lasst euch vom Name nicht verwirren, Gras ist Gras! Es gibt nur in Deutschland keine anderen Cannabis-Quellen) liegt bei ungefähr 15–25 €, die Kosten NUR für die Blüten liegen somit zwischen 150.000 € und 200.000 €. Und diese Summe belastet natürlich die Stadtkasse!
Die Hanffreunde Münster gehen noch einen kleinen Schritt weiter, jedoch leider einen Schritt zu weit: Auf deren Webseite wird von „bis zu 100.000 Euro Einnahmen“ gesprochen, wenn die Stadt das Cannabis für nur 10 Euro pro Gramm verkaufen würde. Doch hier macht die Realität dann leider doch einen Strich durch die Rechnung: Auch die Stadt Münster kann kein Gras aus dem Nichts erschaffen und muss ihren Stoff irgendwo einkaufen. Durch einen angemessenen Preis von 10 bis 15 €/Gramm hätten die Kosten aber drastisch gesenkt werden können.
Abgelehnt – Wen wundert es?
Ist es verwunderlich das dieses Modellprojekt abgelehnt wurde? Nein! Aus der Sicht mancher Konsumenten und Legalisierungsbefürworter vielleicht schon, wer sich mit dem Thema ein bisschen beschäftigt hat, wartete nur noch auf die Absage. Ist das jetzt schlimm? Nein, es ist ziemlich egal, ob dieses Projekt abgelehnt wurde oder nicht! Was zählt, ist erneut die Aufmerksamkeit für das Thema CANNABIS! Und hier kann man wirklich nur sagen: Nice, liebe Hanffreunde Münster. Echt nice! Und dabei sehr schön die Haltung bewahrt!
Fazit:
Definitiv eine nett gemeinte Aktion der Stadt Münster, großes Lob an alle beteiligten Parteien! Aber leider: Völlig am Ziel vorbeigeschossen! Wir fordern kein grünes Freibier für alle, sondern einfach nur eine geregelte Abgabe von gleichbleibender, garantierter Qualität. Liebe Politiker, : Sehen Sie sich doch einfach mal die Social Clubs in Spanien, die Dispensary Stores in den USA oder das Coffeeshop-Modell in den Niederlanden an! In KEINEM dieser Länder käme man auf die Idee eine kostbare Pflanze wie Cannabis einfach zu verschenken, das Stichwort „Wertschätzung“ spielt hier auch eine große Rolle. In Uruguay wird Cannabis beispielsweise für 1 Dollar vom Staat verkauft, selbst das ist eine bessere Lösung!
Und noch eine weitere, ganz persönliche Bitte: Viele Patienten in Deutschland leiden nach wie vor unter anhaltenden Lieferproblemen von medizinischem Cannabis, die Gründe hierfür sind unterschiedlich. In KEINEM Fall kann es aber hilfreich sein, dass irgendwelche für „tauglich“ empfundenen Kiffern in Münster dieses für medizinische Anwendungen produzierte, überteuerte Cannabis zur Verfügung gestellt wird!
Fahrt nach Holland, kauft euch was im Coffeeshop, verkauft es für 2 € mehr in Deutschland und schon checkt ihr, warum Leute in Deutschland so gerne dealen!
Und trotzdem, das Schlusswort soll natürlich positiv sein: Vielen Dank für die Bemühungen an alle Seiten und Beteiligten! Ein Versuch war es, mal wieder, wert. Vielleicht ja beim nächsten Mal.