Bereits im Jahr 2020 verlieh die Bevölkerung in der Ukraine ihrem Wunsch Ausdruck, Medizinalhanf für schwerkranke Patienten freizugeben. Bei einer von Präsident Volodymyr Zelensky initiierten und zu den Kommunalwahlen stattfindenden Befragung stimmten schließlich 65 Prozent der daran teilnehmenden Wähler dafür, dass der legalen Zugang zu medizinischem Cannabis gewährleistet werden sollte.
Der Präsident weiß dazu, dass viele Menschen im Land gerne Geschäfte mit der nachwachsenden Arznei machen würden. Doch bislang ist in diese Richtung kein Schritt gegangen worden. Nur die beiden pharmazeutischen Cannabispräparate Dronabinol und Nabiximols sind seit April 2021 für den medizinischen Einsatz zugelassen worden. Dies könnte sich 2022 jedoch endlich ändern, denn ein vom Ministerkabinett neu eingereichter Gesetzentwurf ist bereits beim Parlament – der Werchowna Rada – vorliegend, über den die Politik wohl bald zu entscheiden hat. Zuvor hatte eine Gruppe von Parlamentsmitgliedern unterschiedlicher Parteien schon im Juni 2021 einen ähnlichen Entwurf eingereicht, der verschiedene Gesetzesentwürfe aus dem Vorjahr zusammenfasste.
Befürworter vorhanden
„Der Gesetzentwurf der Regierung über die Legalisierung von medizinischem Cannabis wurde bereits zur Diskussion veröffentlicht. (…) Dieses Dokument wird registriert. Es wird in unseren Ausschuss kommen. Ich hoffe, dass die Mitglieder des Ausschusses es unterstützen werden“, sagte Mykhailo Radutskyi, in einem Interview mit der Multimediaplattform Ukrinform. Er ist ein Abgeordneter der Parlamentsfraktion „Servant of the People“ und Mitglied des Ausschusses der Werchowna Rada für öffentliche Gesundheit, medizinische Hilfe und Krankenversicherung.
Mykhailo verwies in dem Gespräch darauf, dass sich die Regierungsvorlage von einem zuvor von den Ausschussmitgliedern vorgeschlagenen und zur Überarbeitung übersandten Gesetzentwurf insbesondere dadurch unterscheide, dass die Kontrolle der ukrainischen Nationalpolizei über die Zirkulation von Cannabis verstärkt würde. Darüber hinaus definiere der Wortlaut des vom Ministerkabinett initiierten Dokuments medizinisches Cannabis wesentlich eindeutiger. Ebenso würden die Optionen für dessen Einfuhr klarer bestimmt. Würden die Rechtsvorschriften verabschiedet, hätten fortan circa zwei Millionen Menschen in der Ukraine die Möglichkeit, aufgrund ihrer Erkrankungen auf Medizinalhanf zurückgreifen zu können, betonte der Politiker.
Gerüchte entkräften
Im Gegensatz zu vielen kursierenden Gerüchten im Land handle es sich laut Radutskyi weder bei dem zur Überarbeitung eingereichten noch bei dem Gesetzentwurf der neuen Regierung, um einen Versuch, Drogen zu legalisieren. Anscheinend existieren diesbezügliche Befürchtungen bei Gegnern und in der Bevölkerung. Doch mit keinem einzigen Wort wäre dies in den Entwürfen erwähnt. Einzig medizinisches Cannabis zähle zum Inhalt der Gesetzesvorschläge. Auch aus diesem Grund hoffe er, dass der Vorschlag 2020 von der Werchowna Rada angenommen werden wird.
Tief verwurzelt
Die Ukraine hat eine lange Vergangenheit mit Hanf. Die einstige Ukrainische Sozialistische Sowjetrepublik zählte zu einem der größten Hanfproduzenten. Noch vor 1950 waren 150.000 Hektar Land für die Kultivierung der vielseitig einsetzbaren Pflanzen bestimmt. Doch der Gebrauch als Rauschmittel war dort nicht sonderlich verbreitet. Eher wurden die Gewächse für die Produktion von Rohstoffen wie Öl und Fasern genutzt.