Die Legalisierung von Cannabis in Deutschland ist ein wichtiger Schritt, hin zu einem vollständig regulierten Markt für das natürliche Rausch- und Genussmittel. Die bislang umgesetzten Entwicklungen haben schließlich dafür gesorgt, dass über vier Millionen Menschen im Land nicht länger der unnötigen Strafverfolgung ausgesetzt sind und in den eigenen Wänden bis zu drei Pflanzen züchten dürfen.
Doch solange es keine Anbauvereinigungen oder gar einen legalen kommerziellen Markt gibt, stellt der illegale Handel weiterhin ein großes Problem dar. Diesen möchte man eigentlich eindämmen, was auch andernorts angestrebt wird. So auch in der Tschechien, wo man Anfang des Jahres den Entwurf eines Gesetzes zur Regulierung von Cannabis vorgestellt hatte, das keinen legalen Markt vorsah. Doch tat man dies in erster Linie eher aus strategischen Gründen, um politischen Druck auf die Gegner des Gesetzes auszuüben.
Jetzt haben durchgesickerte Dokumente etwas mehr Auskunft über den „Cannabis Management Act“ in Tschechien verraten. Nach diesen Informationen plant die tschechische Regierung die Einführung eines vollständig regulierten kommerziellen Marktes für Cannabis für Erwachsene.
Drogenkoordinator Vobořil bleibt dran
Laut Metaller.de hat das Portal Business of Cannabis in die geleakten Dokumente des Projekts zur Legalisierung von Cannabis etwas Einblick erhalten und ist so an die Informationen gelangt, die von der Einführung eines kommerziellen Cannabismarktes in Tschechien sprechen. Diese Initiative wäre die beste Chance, die ein Land in der Europäischen Union bislang hatte, um eine Gesetzgebung zu verabschieden, die eine vollständige Abkehr der Prohibition mit sich brächte, wie man es in Kanada und einigen US-Bundesstaaten bereits verfolgen konnte.
Diese Nachricht sickerte nur wenige Tage nach den Rücktrittbekundungen des nationalen Drogenkoordinators Jindřich Vobořil durch, der jedoch weiterhin an dem Projekt mitarbeiten wolle, nachdem er sein Amt niedergelegt hat. Es werden mögliche interner Hindernisse erwartet und Widerstand seitens der Europäischen Kommission.
Ähnliche Bemühungen in Deutschland und Luxemburg wurden schließlich ebenfalls unterbunden, sodass in beiden Ländern nur die „Legalisierung Light“ umgesetzt werden konnte. Es wäre möglich, dass dieses Gesetz ein Präzedenzfall schaffen und anschließend als ein funktionierendes Modell für andere Länder angesehen werden könnte.
Was wird geplant?
In Tschechien möchte man dazu erst einmal ähnlich wie in Deutschland den Eigenanbau erlauben und sich mit einem „Seed-to-Sale“-Tracking-System an den ebenfalls hierzulande geplanten Anbauvereinigungen orientieren. Als notwendig wird es dort jedoch wahrgenommen, dass der illegale Markt durch einen regulierten Cannabismarkt ausgetauscht und somit effektiv eingedämmt werden kann. Diese Botschaft wird in dem Entwurf daher auch direkt in den einleitenden Absätzen vermittelt. Aus der Sicht des nationalen Koordinators für Drogenpolitik wäre eine Teillegalisierung unzureichend, um den illegalen Cannabismarkt zu minimieren, weshalb sich Vobořil eindeutig für ein Dreisäulenmodell ausspricht.
Der Cannabis Management Act müsse daher Eigenanbau, Weitergabe in Vereinen und einen regulierten Cannabismarkt ermöglichen, um effektiv gegen den Schwarzmarkthandel wirksam sein zu können.
„Ich erlaube mir daher, der politischen Vertretung einen umfassenden Gesetzentwurf zum Umgang mit Cannabis vorzulegen, der den bisherigen Vorschlag um die Säule des regulierten Cannabismarktes erweitert. Damit komme ich auch den Erwartungen einiger Koalitionspartner entgegen“.
Jindřich Vobořil
Der tschechische Weg
Der Entwurf ließe sich in sogenannte „Kapitel“ untergliedern, unter die die Entkriminalisierung des Besitzes kleiner Mengen Cannabis, der Eigenanbau von Cannabis für den Eigenbedarf und die gemeinsame Nutzung von Cannabisgemeinschaften fallen. Oder eben „spezialisierte Cannabiseinrichtungen“, bei denen es sich in Wirklichkeit dann wohl um legale Verkaufsstellen handeln muss. Um diese einzelnen verschiedenen Teile der Legalisierung wirksam zu überwachen und zu regulieren, wolle man auf ein System zur Rückverfolgung von der Saat bis zum Verkauf setzen, wie es aktuell in der Schweiz getestet werde.
Dabei soll aber auf ein stark anonymisiertes System gesetzt werden, auf dessen wichtige Daten einzig ein Administrator Zugang hat. Personen müssten sich im System registrieren lassen, worauf sie eine Karte mit einer „eindeutigen Kennung“ erhalten, die ihre Berechtigung zum Umgang mit Cannabis belegt. Dabei werden die Nutzer in drei Gruppen unterteilt: diejenigen, die Cannabis für den Eigenbedarf anbauen, registrierte Mitglieder von Cannabisverbänden und Konsumenten, die Cannabis in spezialisierten Einrichtungen erwerben dürfen.
Möchte man Cannabis in jeglicher Form erhalten, müssen Interessierte eine Antragsgebühr von 2.000 tschechischen Kronen (circa 80 €) bezahlen, die in den Staatshaushalt fließen wird. Jeder Konsument muss dazu über 18 Jahre alt sein und darf jeweils nur eine Lizenz für eine dieser Gruppen zur selben Zeit besitzen.
Regeln für die Sicherheit
Es wird vorgeschlagen, die Entkriminalisierung von bis zu zehn Gramm Cannabis für den persönlichen Gebrauch für alle Bürger vorzunehmen. Dabei definiert man diese Menge für „Cannabistrockenmasse, Cannabisextrakt und -tinktur oder eine andere Form der verarbeiteten Cannabispflanze, die insgesamt nicht mehr als zehn Gramm Cannabistrockenmasse mit einem Gehalt von 10 Prozent an Stoffen der Gruppe des Tetrahydrocannabinols entspricht“. Für die Besitzer einer Lizenz in der ersten Kategorie, dem Heimanbau, soll diese Grenze auf 30 Gramm in der Öffentlichkeit oder 1500 Gramm in der Wohnung erhöht werden.
Außerdem würde eine maximale Anbaufläche von drei Quadratmetern vorgeschrieben. Die Lizenzinhaber der beiden anderen Kategorien – also Mitglieder von Cannabisanbauvereinigungen und Kunden von legalen Verkaufsstellen – dürfen ebenfalls 30 Gramm in der Öffentlichkeit oder bis zu 180 Gramm in ihren Wohnungen besitzen. Die Cannabisabgabestellen dürfen Cannabis auch nur an die entsprechenden Lizenzinhaber abgeben. Ähnlich wie in Deutschland sollen strenge Beschränkungen für die Standorte von Abgabestellen oder Vereinigungen eingeführt werden.
Dazu werden Verbote von Werbung für Cannabis gelten. Als Hauptkontrollbehörde wird das Regierungsbüro aufgrund seiner „Kompetenz im Bereich der Drogenpolitik“ vorgeschlagen. Wer gegen diese gesetzlichen Verpflichtungen verstößt, muss mit einem Bußgeld von maximal 100.000 tschechischen Kronen (CZK) rechnen. Bei Cannabisunternehmen können Bußgelder bis zu 10 Millionen CZK betragen.
Stimmen von Aktivisten
Die Aktionsgruppe Rational Regulation (RARE) begrüßt die vorgeschlagenen Verordnungen, sieht aber aufgrund des Rücktritts von Jindřich Vobořil mögliche Gefahren eines Scheiterns. Mit der neuen Gesetzgebung, die einen Prohibitionsansatz durch Kontrolle und Regulierung zum Wohle des Staates und der Bürger ersetzt, würde sich die Tschechische Republik den Veränderungen anschließen, die kürzlich in Deutschland und zuvor schon in den Vereinigten Staaten stattfanden.
Der Weg für eine rationale Regulierung könnte geebnet werden und die negativen Auswirkungen der derzeitigen Prohibitionspraxis verringert. Doch das Ausscheiden von Jindřich Vobořil, der als wichtiger Experten für Suchtfragen angesehen wird, wird als zeitlich unglücklich gewählt und riskant betrachtet. Als nationaler Drogenkoordinator hätte er das Thema nicht nur professionell angehen können, sondern auch in überparteilicher Weise. Seine wichtige Position bei den Verhandlungen über eine umfassende Reform der Drogenpolitik werde sich aufgrund der Amtsniederlegung ändern und erscheine bedroht.