Als vor knapp zwei Jahren Cannabis in Thailand zum Eigenanbau und für den Verkauf in Fachgeschäften freigegeben wurde, sollte eigentlich einzig der medizinische Aspekt erfüllt werden. Da das Gesetz jedoch zu lax konstruiert worden ist, fanden sich Schlupflöcher für den Genusskonsum, sodass eine Vielzahl von Shops im gesamten Land aus dem Boden sprossen.
Was für einheimische Marihuanakonsumenten und viele anreisende Touristen ein verlockendes Angebot darstellt, ist einigen Bewohnern und konservativen Kräften offensichtlich ein Dorn im Auge. Nachdem im letzten Jahr eine neue Regierung gewählt wurde, stellte der Gesundheitsminister Cholnan Srikaew schnell klar, dass man mit der Situation unzufrieden ist und sie wieder verändern wolle. Einzig der zuvor geplante Einsatz von Cannabis zu medizinischen Zwecken mit geringem THC-Gehalt solle erlaubt bleiben.
So wurde im Januar 2024 dann auch ein Gesetzesentwurf unterzeichnet, der die erneute Strafverfolgung von Genusskonsumenten vorsieht und dem großen Sektor der schnell entstandenen Cannabisindustrie viele Hürden beschert. Da hier aber aufgrund der versprochenen Legalität des Handels bereits viel Geld investiert wurde und viele Menschen in den geschätzten 8.000 Dispensaries ihre Jobs verlieren würden, plant die Community sich gegen die Gesetzesänderung stark zu machen. Mit Protesten und nötigenfalls auch Gerichtsverfahren gegen die Regierung, soll klargestellt werden, dass man nicht einfach neue Regeln aufstellen kann, die dem Land und den involvierten Leuten schaden.
Zurück in den Untergrund?
Sollte die von Premierminister Srettha Thavisin am vergangenen Mittwoch angeordnete vollständige Rekriminalisierung tatsächlich umgesetzt werden, würde sich der Cannabishandel erneut in den Untergrund drängen, sagt Rattapon Sanrak, Besitzer der in Bangkok ansässigen Apotheke Highland Cafe gegenüber dem Time-Magazin. Die Gruppe „Writing Thailands Cannabis Future“, die sich für legales Cannabis einsetzt, hat daher auch am 16. Mai in Bangkok gegen die Maßnahme protestiert.
Etwa 30 Menschen kamen dem Aufruf nach und gingen zum Gesundheitsministerium in Nonthaburi, nördlich der thailändischen Hauptstadt Bangkok, um eine Petition an Minister Somsak Thepsuthin zu richten. Der Vertreter der Gruppe, ein gewisser Prasitchai Nunuan, stimmt zwar zu, dass Cannabis ordnungsgemäß reguliert werden sollte, man aber dafür nicht zurück in die alte Zeit gehen müsse. Eine erneute Einstufung der Pflanze als Betäubungsmittel würde nicht nur viele Menschen kriminalisieren, sondern seiner Meinung nach negative wirtschaftliche Auswirkungen für eine aufstrebende Industrie mit sich bringen.
Der im letzten Monat neu ernannte Gesundheitsminister Thepsuthin antwortete, er wolle die Forderungen berücksichtigen, doch wäre es in seinem Sinne, wenn Cannabis nur für medizinische Zwecke und nicht für die Freizeitgestaltung verwendet werden dürfe. Nach der Anordnung von Premierminister Srettha Thavasin wäre Cannabis als Betäubungsmittel der „Kategorie fünf“ einzustufen, was die Herstellung, den Verkauf, die Einfuhr, die Ausfuhr oder den Besitz der Pflanze und ihre Verwendung nach dem thailändischen Drogengesetz zu einem Verbrechen machen würde.
Ein brisantes politisches Thema
Im Vorfeld der thailändischen Parlamentswahlen im vergangenen Jahr wurde der liberale Konsum von Cannabis zu einem brisanten politischen Thema. Eigentlich stand die Entkriminalisierung für eine Möglichkeit, das landwirtschaftliche Einkommen und den Wellness-Tourismus anzukurbeln, doch nachdem die Bemühungen bezüglich einer fachgerechten Regulierung der Marihuanaindustrie erfolglos geblieben waren, änderte sich dies. Die Besorgnis über mögliche soziale Auswirkungen betreffend Suchtpotenzial aufgrund der leichten Verfügbarkeit der Substanz wuchs im Land und vor allem in der Politik. Eine Kehrtwende bei der Handhabung wäre somit ein schwerer Schlag für Thailands aufkeimende Cannabisindustrie nach der Entkriminalisierung der Pflanze.
Rattapon Sanrak vom Highland Cafe spricht daher davon, dass neben den Protesten auch gerichtliche Klagen vorbereitet würden, falls das erneute Verbot durchgesetzt würde. Ein weiterer Shop-Besitzer und Aktivist weist darauf hin, dass die von der neuen Regierung angestrebte Kehrtwende eher politisch als wissenschaftlich motiviert zu sein scheint. Die Umkehrung der Politik ist als Teil der harten Anti-Drogen-Kampagne der regierenden Pheu-Thai-Partei zu verstehen, wird berichtet. Die Koalitionspartner der Bhumjaithai-Partei hingegen, die die Entkriminalisierung vorantrieben, finden, dass ein Gesetzentwurf zur Regulierung des Freizeitkonsums effektiver wäre als ein vollständiges Verbot der Pflanze. Doch der Premierminister spricht davon, dass alles, was man entscheide, nur im Sinne der Bevölkerung beschlossen würde. Bis Ende des Jahres solle Cannabis in Thailand seiner Vorstellung nach wieder als Betäubungsmittel gelistet sein.
Schlecht für Land und Leute
Während man seit der Freigabe von Cannabis in Thailand nur in sehr seltenen Fällen negative Nachrichten über die Auswirkungen des regen Handels auffindet, ist es vorhersehbar, was nach einer Rekriminalisierung für Folgen erwartet werden können. Ein Grund für die Überlegung an sich, scheint in der politischen Problematik verankert, bislang keine anständigen Regeln für ein Weiterführen des eingeschlagenen Weges gefunden zu haben. Seit ihrer Gründung kämpft Thailands aufstrebende Cannabisindustrie mit Rechtsunsicherheiten, da sich die Gesetzgeber nicht auf eine Regulierung einigen konnten. Der erste Versuch, im vergangenen Jahr ein Gesetz zur Kontrolle des Cannabiskonsums zu verabschieden, wurde im Parlament im Zuge des politischen Gerangels vor den Wahlen blockiert.
An bürokratischen Verfahren scheiterte dann der jüngste Versuch der Regierung Srettha, den Freizeitkonsum zu verbieten und die Lizenzbestimmungen für den Anbau, den Verkauf, die Ausfuhr und die Einfuhr von Cannabis zu verschärfen. Neben den geschätzten 8.000 Shops und den im Land arbeitenden Produzenten haben sich mehr als eine Million Haushalte bei den thailändischen Behörden registriert, um Cannabis anbauen zu dürfen. Sollte das Gesundheitsministerium das Verfahren zur Einstufung von Cannabis als Droge der „Kategorie fünf“ dennoch abschließen, kann der Besitz von Cannabis mit einer Gefängnisstrafe von bis zu 15 Jahren und einer Höchststrafe von 1,5 Millionen Baht geahndet werden.
Neben dieser Gefahr für Besucher und Bewohner wäre dies ebenfalls hochproblematisch für die gesamte Branche. Cannabisunternehmen könnten schließen und ihre getätigten Investitionen verlieren, Arbeitnehmer verlieren ihren Arbeitsplatz und die privaten Produzenten verlieren wichtige Einnahmequellen aus der einst versprochenen „Cash-Crop“. Dazu könnte das ständige Hin und Her in der Politik insgesamt dafür sorgen, dass ausländische Unternehmen künftig einen großen Bogen um das Land des Lächelns machen, da sie sich nicht länger auf eine beständige Gesetzeslage verlassen können.
Befürworter der aktuellen Situation fordern unter anderem auch daher die Gesundheitsbehörden auf, die Vor- und Nachteile von Cannabis beispielsweise im Vergleich zu Alkohol und Zigaretten abzuwägen und anhand von Wissenschaft und Fakten zu entscheiden, was als Droge gelten sollte. Doch anstatt die Branche angemessen regulieren zu wollen, entscheiden sie sich derzeit dafür, sie zu schließen und alles zu verschlimmern, indem sie sie wieder in den Untergrund zu drängen versuchen.