Falls die Grünen das Thema Gerechtigkeit statt brutaler Gängelei bei Hanfkonsum wirklich ernst nehmen, wäre dieser Fall normalerweise eine echte Steilvorlage für Außenministerin Annalena Baerbock. Diese wird beim Blick nach Osten derzeit mit einem deutschen Touristen konfrontiert, der vor wenigen Tagen wegen Cannabis hinter Gittern landete!
Putin und Anti-THC Willkür – beides stellt die Regierungspartei seit Jahren verbal heftig an den Pranger und nun steht dazu tatsächlich auch der internationale Lackmustest an.
Russische Polizei bei Hanf auf den Spuren ihrer deutschen Kollegen
Strenggenommen gilt rund um Cannabis aktuell in Deutschland vor der gesetzlichen Verankerung neuer Regeln in diesem Jahr ein fast identisches Unrecht wie drüben beim Russen. Hüben wie drüben werden erwachsene Bürger mit allerlei Schikane bedacht, wenn Hanfprodukte im Spiel sind und eine gezielt irregeführte Öffentlichkeit wird mit den gleichen Fake News und Horrorstorys über Cannabinoide medial unter Beschuss genommen. Demgegenüber erhält Teufel Alkohol ganz offiziell Zuspruch und in Sibirien wie Bayern sogar staatliche Subventionen, auf dass ein möglichst versoffenes Volk vielleicht ja etwas weniger nachdenken mag und kann, welches Elend solcherlei Positionen von Regierungen eigentlich anrichten.
Wer genau hinsieht, erkennt bei Wodka und Pelzmütze das gleiche Agieren wie bei Maß und Lederhose. Trinken als Kulturgut und Kiffen als Verbrechen will nicht nur der russische Präsident als Wahrheit verkaufen, sondern deckungsgleich auch bei uns die CDU/CSU. Deren drogenpolitisches Pendant lässt sich freilich in Moskau kaum durch eine liberalere Herrschaft ablösen wie hierzulande.
Eine Cannabis-Legalisierung in Russland käme wohl nur durch, falls etwa der durch den Klimawandel rasch auftauende Permafrostboden mit Hanfpflanzen darauf in Zukunft ähnliche Profite in Aussicht stellt wie heute beim Weizen jene begehrte Schwarzerde in der Ukraine. Wir haben es also schon ein wenig besser – was aber droht bei Putin für THC im Gepäck?
Cannabinoide bedeuten bis zu sieben Jahre Knast in Sibirien
Das Auswärtige Amt hat den Fall bestätigt, gibt aber aus Gründen des Datenschutzes kaum weitere Details bekannt. Vom russischen Zoll kam die Mitteilung, dass der Cannabis-User am Flughafen von St. Petersburg in Polizeigewahrsam kam, weil man im Gepäck Süßigkeiten mit THC in Form von Gummibärchen fand, wie sie bei den Amis im Geschäft und in Deutschland auf dem Schwarzmarkt verkauft werden. Sechs solcher Gummitiere mit einem Gesamtgewicht von etwa 20 Gramm könnten den unglücklichen Touristen nun für Jahre ins Gefängnis bringen, wo den 38-Jährigen hoffentlich kein ähnliches Schicksal erwartet wie den Dissidenten Alexei Nawalny.
Abgesehen davon, dass Mütterchen Russland seine besten Leute von Dostojewski bis Solschenizyn grundsätzlich eine Zeit lang in die Gulags am Polarkreis steckt, wird der Reisende aus Deutschland jetzt unter Umständen auch zu einem waschechten internationalen Politikum, wie vor einiger Zeit bereits die Basketballspielerin Brittney Griner aus den USA. Die hatte ebenso Cannabis am Flughafen dabei, als hochwertiges Hanföl zur Linderung von gesundheitlichen Beschwerden und sie wurde erst nach Einigung auf höchster Ebene bei einem Gefangenenaustausch nach Amerika überstellt. Hanf hat offenbar mittlerweile einen ähnlichen Stellungswert wie sonst nur Spionage, doch es wird noch viel bunter!
Bei Miss Griner ging es tatsächlich um hoch dosiertes THC, während der soeben inhaftierte Deutsche allem Anschein zufolge lediglich Gummibärchen mit dem nicht psychoaktiven, hierzulande frei verkäuflichen Cannabidiol (CBD) dabeihatte! Diese Art Cannabinoide ohne Rauschfaktor werden aus Nutzhanf gewonnen und haben nur mikroskopisch kleine Anteile THC, die sich jedoch beim Drogentest durch einen russischen Zollbeamten bei Bedarf gerne schnell wie eindeutig erst nachweisen und dann zu einem strafbaren Volumen addieren lassen. Auch bei solchen Aktionen unterscheidet sich die Justiz in der früheren Sowjetunion übrigens kaum von der hiesigen Staatsanwaltschaft und steckt viele Leute für vollkommen rauschfreie Hanfprodukte in den Knast.
Wo bleibt die Cannabisforschung aus Russland?
Ob russische Doktoren statt des uralten Heilmittels Cannabis eher mal kräftigen Schluck Schnaps empfehlen, ist natürlich unbekannt und wir können darüber hinaus auch nur über die Gründe mutmaßen, warum die früher so ruhmreiche Wissenschaft im größten Land der Welt so gar nicht teilnimmt an der spannenden Forschung zur Hanfpflanze.
Die Forderung nach legalem Cannabis kann bei Wahlen das Zünglein an der Waage sein – schlaue Politiker erkennen dieses Thema immer öfter als eine Frage der eigenen Glaubwürdigkeit. Außer bei Kim Jong-un oder unter der Burka der Taliban dürfte in Zeiten des Internets kaum noch Menschen verborgen bleiben, wie beim Hanf geschwindelt wird und welches gerade auch ökonomische Potenzial allein aus ideologischen Gründen sinnlos ungenutzt bleibt. Fördern statt Foltern lautet in Kanada und vielen US-Bundesstaaten zum Cannabis nun die Devise.
Wladimir Putin ist sein Ruf jedoch möglicherweise genauso gleichgültig wie eine nachhaltige, boomende Landwirtschaft mit einem botanischen Alleskönner. Haben die renommierten Forscher in Russland beim Thema THC, also vor der Gang im Kreml und ihren orthodoxen Kumpels mit dem Kreuz in der Hand einfach nur Angst? Wir hoffen mit dem deutschen Cannabiskonsumenten in Haft auf maximalen Einsatz vom diplomatischen Dienst und auf eine baldige Freilassung in die Heimat.