Fast 16 Jahre ist es her, dass Portugal sich aus dem „Krieg gegen die Drogen“ verabschiedet hat. Seitdem verfolgt das Land eine liberale Drogenpolitik, die in der weltweiten Debatte leider viel zu wenig Beachtung findet. Mit der weitgehenden Entkriminalisierung von Drogenkonsumenten wurde dort der drogenpolitische Fokus auf die Prävention und die Hilfe bei problematischem Konsum gelegt. Wie sieht die dortige Gesetzeslage in Theorie und Praxis aus? Und welche Erfahrungen würden in Portugal mit diesem Ansatz gemacht?
Das Gesetz 30/2000 trat am 1. Juli 2001 in Kraft
Entscheidend für den neuen drogenpolitischen Ansatz in Portugal war das Gesetz 30/2000. Dieses Gesetz machte Schluss mit der Kriminalisierung und strikten Illegalisierung von Drogenkonsumenten und änderte die Praxis der Drogenarbeit grundlegend. Nicht Verbote und Strafen, sondern Hilfe und Prävention sind seither die tragenden Säulen in der portugiesischen Drogenpolitik.
Eigenbedarf keine Straftat mehr
Mit dem Gesetz wurden genaue Grenzmengen eingeführt, bis zu denen meist von einer Strafverfolgung der Konsumenten abgesehen wird und Vergehen nur noch als Ordnungswidrigkeit eingestuft werden. Es gibt Regelungen für „weiche“ Drogen wie beispielsweise Cannabis, aber auch für „harte“ Drogen wie Heroin. Allerdings unterscheiden sich die Mengen, die als Eigenbedarf behandelt werden, von Substanz zu Substanz. Ausschlaggebend ist, dass für jede Droge ein bestimmter Richtwert bestimmt wurde, der als Eigenbedarf für 10 Tage interpretiert wird. Diese Höchstmenge liegt bei Cannabis aktuell bei 25 Gramm Marihuana beziehungsweise fünf Gramm Haschisch. Bei Kokain liegt dieser Grenzwert bei zwei, bei Heroin und Ecstasy bei einem Gramm. Erst wenn diese Mengen überschritten werden, drohen auch strafrechtliche Konsequenzen.
Mengen zum Eigenbedarf nicht legal
Wichtig ist es anzumerken, dass diese Mindestmengen in Portugal trotzdem nicht legal sind. Werden Drogen zum Eigenbedarf von den Behörden sichergestellt, wird dieses Vergehen allerdings ähnlich wie beim Falschparken, nur noch als Ordnungswidrigkeit behandelt. Erwischte Konsumenten werden vor die CDT (Comissões para a Dissuasão da Toxicodependência) geladen. Diese Kommission setzt sich aus einem Sozialarbeiter, einem Arzt und einem Juristen zusammen, die den Drogenkonsum und die Drogengeschichte gemeinsam mit den Konsumenten besprechen. Je nach Verlauf dieser Gespräche wird Hilfe angeboten oder gegebenenfalls auch Bußgelder und Sozialstunden verhängt.
Strafverfolgung zielt eher auf Großdealer ab
Insgesamt lässt sich festhalten, dass sich die Strafverfolgung in Portugal eher um Großdealer kümmert und einfache Konsumenten nicht als Kriminelle abgestempelt werden. Diese Strategie erwies sich als äußerst effektiv, da Polizei und Gerichte weniger mit der Jagd auf „kleine Fische“ beschäftigen sind und die Kapazitäten der Behörden auf die Verfolgung von organisierter Drogenkriminalität gebündelt werden kann.
Nach 16 Jahren positive Zwischenbilanz
Die Zwischenbilanz der liberalen Drogenpolitik in Portugal kann durchaus als Erfolgsgeschichte bezeichnet werden. HIV-Neuinfektionen und Drogentote sind zurückgegangen, genauso wie der Drogenkonsum insgesamt. Besonders erwähnenswert ist auch die Tatsache, dass der Drogenkonsum bei Jugendlichen zwischen 15 und 24 Jahren deutlich zurückgegangen ist. Gegner einer liberalen Drogenpolitik weißen ja leider immer noch darauf hin, dass vernünftiger Jugendschutz nur mit Verboten und Strafen möglich ist.
Politische Parteien weitgehend einig
Die Erfolge der Entkriminalisierung haben in Portugal die Kritiker der liberalen Drogenpolitik weitestgehend verstummen lassen. Das Gesetz wurde 2001 von der Sozialistischen Partei Portugals eingeführt und auch von Sozialdemokratischen und Konservative Folgeregierungen nicht abgeschafft. Wenn Kritik an der Gesetzeslage geäußert wird, dann meist deshalb, weil sich die Gesetze nicht weiterentwickelt haben und teilweise Reformbedarf bestehen könnte.
Erfolgsgeschichte Portugals findet wenig Beachtung
Obwohl man in Portugal seit fast 16 Jahren sehen kann, wie erfolgreiche und sinnvolle Drogenpolitik aussehen kann, wird in den Debatten in anderen Ländern kaum Notiz von dieser Erfolgsgeschichte der Entkriminalisierung genommen. Selbst in Europa wird derzeit eher Richtung Nordamerika geschaut und das positive Beispiel Portugals wird leider noch viel zu oft übersehen. Höchste Zeit, dass sich das ändert.