NORML France ist ein Verein ohne Gewinnabsicht, der sich für die Schadensminderung beim Cannabiskonsum einerseits, als auch für die Reform der Gesetze im medizinischen Bereich und für den Konsum Erwachsener im Allgemeinen einsetzt.
Der Verein wurde im Jahr 2014 unter dem Namen Chanvre & Libertés gegründet (Chanvre = Hanf und Liberté = Freiheit). Im Oktober 2017 wurde er in NORML France umbenannt und bildet somit eine Brücke zum amerikanischen Kontinent, da der Verein NORML ursprünglich im Jahre 1970 in Kalifornien ins Leben gerufen wurde. NORML France ist nach eigenen Worten ein Werkzeug, welches Bürger vereint, die Lust haben, sich die Zukunft von Cannabis in Frankreich einzusetzen.
Hanf Magazin: Wie viele seid ihr im Verein?
NORML France: Derzeit sind wir über 700 Bürger und Bürgerinnen, die sich hinter dem Banner NORML vereinigen. Davon sind an die 400 zahlende und etwa 30 aktive Mitglieder, und diese Zahl wird noch steigen. Auf unserer Seite haben wir Studenten, Berufstätige, Rentner, Arbeitslose, aber auch eine geraume Zahl von Patienten, die Cannabis nutzen, um sich zu behandeln.
Wir sind Künstler, Geschäftsleute, Vorstandsmitglieder, Beamte, Arbeiter und Freiberufler. Wir bilden die Gesellschaft ab. Wir kommen aus ganz Frankreich, aber auch aus den Grenzregionen anderer Länder, wo wir sozusagen unsere Botschafter haben. Wir sind in verschiedenen Abteilungen organisiert, wo sich jeder Vereinsangehörige einbringen kann: das Exekutivbüro, die operative Abteilung, das nationale Solidaritätskomitee, Projekt- und regionale Unterstützungsgruppen.
Was uns alle vereint, ist der innigste Wunsch, die Cannabisgesetze zu ändern und die Empörung gegenüber einer diskriminierenden, gefährlichen und verantwortungslosen Politik, die sich seit Jahrzehnten von aufeinanderfolgenden Regierungen gegen Rauschmittel-konsumierende-Bürger richtet. Im Gegensatz zu dem ursprünglichen Ziel dieser Prohibition hat sich die Sucht Jugendlicher zu einem dauerhaften Problem entwickelt, da sie nie wahrheitsgetreu aufgeklärt wurden. Konsum und Handel wurden so nur ausgedehnt und beschleunigt, Hilfe und Schadensminderung be- und verhindert.
Hanf Magazin: Wie wird der Verein finanziert?
NORML France: Wir wollen unabhängig bleiben und finanzieren uns ausschließlich durch die Beiträge unser Mitglieder, die Freigiebigkeit unserer Spender und durch unsere Internetboutique, in der wir Bücher, Vaporiser und NORML France Merchandise-Artikel verkaufen. Außerdem werden wir von einigen ausländischen Firmen aus der Cannabisbranche gesponsert und wir rechnen damit, in Zukunft von öffentlichen Subventionen insbesondere im Projektbereich der Gesundheitsfürsorge profitieren zu können.
Hanf Magazin: Was sind eure Ziele?
NORML France: NORML France ist ein unpolitischer Verein, der zum Ziel hat, die Zivilgesellschaft um zwei zentrale Punkte zu vereinigen: Die Schadensminderung und die Reform der Gesetze. Unser Kernsatz: Informieren, Unterstützen, Regulieren.
Wir stützen uns auf fachübergreifende Expertisen von Nutzern, Akademikern und Professionellen, um auf wissenschaftlicher Ebene der Bevölkerung und den Jugendlichen klar verständliche und ausführliche Informationen liefern zu können, sei es auf medizinischem, juristischem, historischem oder botanischem Gebiet.
Wir bemühen uns, mit Fakten aufzuweisen, dass Cannabis in der Realität und seinen Anwendungsmöglichkeiten viel umfangreicher und komplexer ist, als die auf das pure Verbot reduzierende Schwarz-Weiß-Politik erkennen lässt, dass die Verwendung von Hanf Leben retten, und ihre Regulierung der gesamten Gesellschaft nutzt.
Wir verbreiten unser Plädoyer auf Ständen und Konferenzen, befüllen die Medien und die sozialen Netzwerke, als auch unsere eigene Website mit recherchierten Inhalten, oft im Zusammenhang mit dem Zeitgeschehen und immer von unseren Experten überprüft: Alles auf der Basis von Studien, Zahlen, Quellen und Fakten. Wir erfinden nichts.
Um eine nachhaltige Botschaft zu vermitteln, bieten wir für unsere Mitglieder Basislehrgänge und bald auch Spezialausbildungen für die Leute vom Fach. Die erste Grundausbildung hat letztes Jahr vom 17. auf den 18. März in Nantes stattgefunden. Ebenso wollen wir die wissenschaftliche Forschung fördern, indem wir Daten und Fallberichte sammeln und die Handlungsträger des Gesundheitssektors vernetzen (Apotheker, Ärzte, Labore…).
NORML France bedeutet auch eine individuelle Serviceleistung für unsere Mitglieder, sei es auf juristischer oder auf medizinischer Ebene bzw. im Rahmen der Suchthilfe. Unser Credo: Risiko- und Schadensminimierung im Zusammenhang mit dem Gebrauch und dem rechtlichen Statut von Cannabis.
Schließlich und vor allem bietet NORML France allen Bürgern die Möglichkeit sich für die Reform der Gesetze einzusetzen, indem sie an politischen Anhörungen teilnehmen, Interessengemeinschaften aufbauen und sich den politischen Entscheidungsträgern als Lobby zur Verfügung stellen. Natürlich geschieht dies nicht von heute auf morgen. Es liegt eine wahrhafte Erziehungsarbeit vor uns: Schulung der Konsumenten, ihrer Familien, der Ärzteschaft und der Politiker… Es ist nötig, die Gewissen zu erreichen, indem wir sachlich über Hanf reden. Nicht, indem wir uns positiv darüber äußern, sondern wahrheitsgetreu.
Hanf Magazin: Mit wem arbeitet Ihr und was ist die Denkfabrik?
NORML France: In den letzten zwei Jahren haben wir das französische Gesicht der internationalen Kampagne und des Aktionstages „Support. Don’t Punish.“ dirigiert und koordiniert. Dabei haben sich zahlreiche französische NGO’s, die auf sanitärem und sozialem Gebiet aktiv sind, in mehr als 25 Städten Frankreichs eingebracht, so wie AIDES oder „Ärzte der Welt“.
Die Denkfabrik FAAAT, bevorzugter Partner von NORML France, da ihr Präsident der Gründer unserer Vorgängerorganisation „Chanvre et Livertés“ war, ist eine Plattform, auf der man über die Internationale Kontrollpolitik der Rauschmittel reflektiert, mit dem Ziel UNO Mitgliedsstaaten Empfehlungen auszusprechen. Sie arbeiten dort also über internationale politische Fragen, die ebenso bei der Weltgesundheitsorganisation als auch bei der UNO-Kommission für Betäubungsmittel diskutiert werden.
Hanf Magazin: Frankreich muss sein eigenes Regulierungsmodell schaffen. Wie kann das französische Modell aussehen?
NORML France: Wir haben lange Zeit über das Modell der Cannabis Social Clubs nachgedacht und regelmäßig nationale Treffen unter dem Namen „Assises Cannabis Social Club“ veranstaltet.
Studien haben mittlerweile belegt, dass dieses Modell der Königsweg ist, um Risiken zu minimieren, denn dieser Weg erlaubt einige wesentliche Garantien:
- Zugang durch Freundschaftswerbung, der Minderjährigen verboten ist.
- Eine Institution ohne Gewinn- oder verführende Absicht.
- Transparenz und rückverfolgbare Sicherheit.
- Ein humanes selbstverwaltetes System mit kurzen Wegen.
- Einfache, schnelle Bereitstellung und Selbstfinanzierung.
- Betreuter Konsum durch Erziehung und Ratschläge zur Risikoreduktion bei Gleichaltrigen.
- Eine Orientierung problematischer Konsumenten hin zu adäquaten Behandlungsangeboten.
- Kontrolle von Produktqualität und -wirkstoffen.
- Eine gerechte Verteilung von Blüten und Produktionskosten unter den Mitgliedern.
- Das Bekanntwerden völlig neuer Daten auf epidemiologischer als auch auf botanischer oder medizinischer Ebene.
- Fünf Regulierungsmodelle könnten in Frankreich ihren Platz finden:
- der Medizinische (Forschungslabore, Ärzte, Apotheken)
- der Handel (Lizenz zur Produktion und zu Privatverkauf)
- die Kommunale (die Resozialisierungs-Kooperative)
- Die Vereinsfiliale (Cannabis Social Club)
- Der Eigenanbau (mit limitierten Anzahl von Pflanzen, die bei der Gemeinde angemeldet werden müssen)
Hanf Magazin: Was plant ihr für das Jahr 2018?
NORML France: Mit einer Vielzahl von Partnern wollen wir eine breite Kampagne für die Schadensminderung organisieren, sowohl für Konsumenten als auch für ihr Umfeld. Die Kampagne „Conso Responsable“, übersetzt: „verantwortungsvoller Konsum“ wird die richtigen Methoden auf den sozialen Netzwerken promoten.
Wir bereiten uns auf unsere jährliche 420 (20. April) – Mitgliedschaftskampagne vor, mit den Themen Kunst und Cannabis, Meinungsfreiheit, Autofahren, der therapeutische Aspekt und die Vielzahl der Anwendungen von Hanf. Diese Themen sind auf unseren sozialen Netzwerken zu finden oder können in Form von Postkarten in unserem Web-Geschäft erworben werden.
Wir beginnen auch eine Reihe von Ausbildungsmodulen, die sich an unsere Mitglieder richten, die uns aktiv helfen möchten. In unserem ersten Seminar geht es ganz zentral darum, die gemeinsame Basis des Wissens um Cannabis zu harmonisieren, sodass eine gemeinsame Sprache in Hinblick auf die Argumentation, als auch auf den Abbau der stigmatisierenden vokalen Tricks gefunden wird, die durch fast ein Jahrhundert währendes Verbot entstanden sind.
Zuletzt wollen wir Experten, Konsumenten, Professionelle oder Studenten auf den Gebieten des Rechts, der Wirtschaft, in der Medizin, Botanik, Geschichte oder Sozialwissenschaften am Sitz der nationalen NORML-Expertenkommission vereinigen; unser Ziel ist es, kritische Analysen zu entwickeln, unsere Textinhalte zu validieren und natürlich als Sprachrohr des Vereins zu dienen.
Hanf Magazin: Wie sehen Sie NORML France in den nächsten Jahren?
NORML France: Im Idealfall werden wir weiter wachsen, mehrere Tausende Mitglieder und davon Hunderte Aktive über das ganze Land verteilt haben, was uns erlauben würde, mehrere bezahlte Stellen einzurichten, um unsere Struktur zu professionalisieren und für die Zukunft zu sichern.
Zum Schluss hoffen wir, dass unsere Arbeit genügend Einfluss entwickeln wird, um den Gesetzgeber dahinzubewegen, eine ethische Cannabis-Reglementierung einzusetzen, die auf der Basis der Menschenrechte und der sozialen Gerechtigkeit fußt, die aber genauso effizient im Gesundheitsbereich und auf dem Feld der öffentlichen Sicherheit ist.