Während hierzulande die Debatte über den richtigen Umgang mit Cannabis zu Genusszwecken weiterhin konservative Gemüter erhitzt, findet anderswo bereits ein stetiger Fortschritt statt. Obwohl man wohl selbst die USA betreffend gewisser Themen als konservativ bezeichnen könnte, sind es in Deutschland insbesondere die christlich-konservativen Parteien, die sich eine Beendigung der Strafverfolgung und ein Umschalten von Verbot auf Legalisierung nicht vorstellen wollen.
Es werden ausgediente Argumente genutzt, um das von der Ampelregierung geplante Vorhaben zu diskreditieren, und es werden Ängste in der Bevölkerung geschürt, die mittlerweile wissenschaftlich widerlegt werden können. Selbst gegen Modellprojekte machen sich einzelne Politiker aus der bayerischen Staatsregierung derartig stark, als würde man tatsächlich glauben, der Untergang des Abendlandes würde mit der Freigabe von Cannabis zu Genusszwecken erwachsener Bürger einhergehen. Und das, obwohl im Freistaat regelmäßig die höchsten Todeszahlen unter Konsumenten harter Drogen festgehalten werden und mindestens genauso viel gekifft wird wie im Rest der Bundesrepublik.
In den Vereinigten Staaten hat man verstanden, dass es so nicht weitergeht, weshalb ein Bundesstaat nach dem anderen die Gesetze ändert und ohne Rücksicht auf die Single Convention on Narcotics Drugs (Einheitsabkommen über die Betäubungsmittel) Cannabis legalisiert – aus guten Gründen! Nachdem erst Anfang Mai Delaware die Verbotspolitik beendet hatte, wird nun mit Minnesota der 23. US-Bundesstaat folgen.
Weg frei ab dem 1. August
Am 30.05.2023 hat der demokratische Gouverneur des Staates Minnesota, Tim Walz, ein Gesetz unterzeichnet, das den Freizeitkonsum von Marihuana in seinem Bundesstaat legalisiert. Somit wird Minnesota, der 23. Staat, der Cannabis zu Genusszwecken erwachsener Bewohner legalisiert, und zeitgleich der dritte Staat im Mittleren Westen der USA, der diesen Fortschritt macht. Denn auch in Minnesota wurde verstanden, dass die Verbotspolitik gescheitert ist und man umzudenken hat, will man die Situation für die Nutzer von Cannabis sowie die gesamte Bevölkerung verbessern. Gouverneur Tim Walz sagte während der Unterzeichnung, dass man jetzt wisse, dass Verbote nicht funktionieren. Man hätte bloß „eine Menge Leute kriminalisiert“.
Deswegen würde man nun damit beginnen, die Aufzeichnung von Straftaten bezüglich dieser Thematik aus den Strafregistern zu löschen. Verändern wolle man die Situation auch aus dem Grund, da es gefährlich sei, Cannabis auf der Straße zu kaufen. Erwachsene sollten seiner Meinung nach in der Lage sein, ihre eigenen Entscheidungen „über diese Art von Optionen“ zu treffen. Wie CNN berichtet, hatten die Kammern des Repräsentantenhauses und des Senats von Minnesota den Gesetzentwurf Anfang des Monats mit parteiübergreifender Unterstützung verabschiedet. Nach monatelanger Prüfung, nachdem er im Januar eingeführt worden war. Beide Kammern in Minnesota werden von den Demokraten geführt.
Was steht im Gesetz
Nach dem neuen Marihuanagesetz können Bewohner von Minnesota ab dem 1. August bis zu zwei Unzen Marihuanablüten in der Öffentlichkeit und zwei Pfund zu Hause besitzen – umgerechnet also circa 57 Gramm getrocknete Blüten. Dies gilt jedoch erst ab einem Alter von 21 Jahren. Außerdem erhalten Personen, die wegen Cannabisbesitzes verurteilt wurden, die Chance, die Einträge aus ihren Akten löschen zu lassen. Verurteilungen auf niedriger Ebene sollen hierbei sogar automatisch gelöscht werden. Auch soll ein spezieller Prüfungsausschuss eingerichtet werden, der über die tatsächliche Strafbarkeit der Vergehen auf höherer Ebene entscheidet.
Zusätzlich soll ein Büro für Cannabis-Management eingerichtet werden, das die Regulierung und den künftigen Verkauf von Cannabisprodukten im Bundesstaat überwachen soll. Der demokratische Staatsabgeordneter Zack Stephenson, ein Initiator des Gesetzes, hält aber erst in 18 Monaten lizenzierte Abgabestellen und Shops für realistisch. Auch würde es ein langwieriger Prozess werden, die vielen Verurteilungen von „zehntausenden Personen“ aus dem Strafregister zu löschen. Die anstehenden Veränderungen könnten nicht über Nacht geschehen, so der Abgeordnete auf Twitter.
Vorteilhaftes Vorhaben
Doch Zack Stephenson sieht dennoch bereits die vielen Vorteile, die die Legalisierung von Cannabis auch in seinem Bundesstaat mit sich bringen wird: „Dieser Gesetzentwurf schafft einen sicheren, gut regulierten legalen Markt und enthält bewährte Verfahren für den Verbraucherschutz, die Gesundheit und die öffentliche Sicherheit.“ Er würde auch großen Wert auf ein solides Straferlassprogramm legen, damit Menschen, die von den aktuellen Cannabisgesetzen unverhältnismäßig stark betroffen waren, mit ihrem Leben weitermachen könnten. „Es ist Zeit für die Legalisierung, und ich bin stolz darauf, diesen Gesetzentwurf voranzutreiben“, wurde Stephenson in einer Pressemitteilung vor der endgültigen Verabschiedung des Gesetzes zitiert. Sobald das Gesetz in Kraft tritt, werden die Regulierungs- und Straferlassbemühungen beginnen.
Es bleibt somit umso unverständlicher, weshalb die Gegner der Cannabisfreigabe hierzulande nicht endlich einsehen können, dass eine Legalisierung einer ohnehin im Umlauf befindlichen und vergleichsweise harmlosen Natursubstanz wesentlich besser für Mensch und Gesellschaft sein würde, als das Festhalten an einer gescheiterten, kostenintensiven und Lebenswege verbiegenden Prohibition.