Die Welt surft auf einer Welle der Cannabis-Legalisierungen. Das, was in den USA, Uruguay und Kanada ins Rollen kam, ist längst auch zu uns herübergeschwappt. Und doch scheinen die Cannabis-politischen Entwicklungen in den Ländern der Europäischen Union etwas langsamer voranzugehen.
In manchen Ländern versuchen einige Politiker scheinbar verkrampft an den Verboten festzuhalten und die Uhren zurückdrehen zu wollen, wie in Österreich. In den Niederlanden andererseits steckt man gerade in einer Situation der Gegensätze. Man erprobt ein Modell für die legale Versorgung der Coffeeshops und verstärkt gleichzeitig die Repression des Schwarzmarkts, der die Cannabis-Cafés bisher beliefert hat.
Holland hat seit Jahrzehnten eine Cannabispolitik der Gegensätze
In Holland gibt es über 500 Coffeeshops in mehr als hundert Ortschaften. Deren Existenz und Betreiben wird vonseiten der Regierung bereits seit Jahrzehnten toleriert. Sie dürfen an Konsumenten bis zu fünf Gramm Cannabis verkaufen. Der Knackpunkt war seit je her, dass die Shops dazu gezwungen sind, ihre Ware aus dem illegalen Handel zu beziehen. Denn der Großhandel ist nach wie vor verboten und wird auch verfolgt. Zunehmend wird sogar gegen Growshops vorgegangen, die das Equipment für den Anbau verkaufen.
Im Modellprojekt soll der legale Handel untersucht werden
Im Oktober letzten Jahres startete die niederländische Regierung einen Modellversuch, der für einen gewissen Zeitraum die legale Belieferung der Coffeeshops mit Cannabis ermöglicht. Dieser wird für vier Jahre in zehn Städten durchgeführt. Auf diesem Weg soll ein legalisierter Handel erprobt und seine Auswirkungen untersucht werden. Landwirte sollen Lizenzen für den Anbau und Verkauf erhalten, und man will eine Forschungsinstitution für wissenschaftliche Untersuchungen und Kontrollaufgaben einrichten. Nach dem Ablauf der vierjährigen Testphase soll der Versuch ausgewertet und die gesetzliche Situation daraufhin eventuell dauerhaft verändert werden.
Neue Gesetze über legale Cannabisversorgung sollen Schwarzmarkt eindämmen
Während also auf der einen Seite die umfassende Cannabis-Legalisierung in Erwägung gezogen wird, will man aber auch den Schwarzmarkt stärker bekämpfen. Zahlreiche Betreiber von Coffeeshops möchten sich weigern, bei dem Modellversuch mitzumachen. Sie befürchten eine zu begrenzte Auswahl, da zu wenige Lizenzen vergeben würden. Dadurch könnten sie ihre Kunden an die Konkurrenz verlieren, an Städte, die nicht am Modellprojekt teilnehmen. Mit der verstärkten Strafverfolgung der illegalen Zulieferer will man den Widerstand der Coffeeshop-Besitzer wohl brechen. Diese könnten dann bereits vor Gericht landen, wenn sie weiterhin ihr Geschäft betreiben, ihre Ware dabei aber nicht aus lizenzierten Quellen beziehen.
Man muss nun aber kaum Angst haben, dass die Coffeeshop-Kultur aus Städten wie Amsterdam oder Maastricht verschwinden wird. Die Cannabis-Cafés sind bereits Wahrzeichen und Sehenswürdigkeit in den Kiffer-Metropolen Europas. Insofern sollte man hoffnungsvoll davon ausgehen, dass früher oder später in ausreichendem Maße auch legales Cannabis über die Theken der Coffeeshops seinen Besitzer wechselt.