2018 fand das Kolloquium UFCM-I Care in Frankreich, dessen Vorsitzender Bertrand Rambaud ist, zum ersten Mal in Paris statt. Das Kolloquium wurde zum ersten Mal 2012 abgehalten. Nach einer Hausdurchsuchung im Jahre 2014 wurde Bertrand Rambaud wegen „Drogenbesitzes, Drogenverbreitung, Drogenproduktion und Konsum“ verurteilt. Die Strafe wurde schließlich aufgrund eines medizinischen Dossiers erlassen.
Ingrid Metton, die Anwältin von Bertrand Rambaud, hält am 01. Juni 2018 an der Sorbonne in Paris eine Rede für den UFCM-I Care. Sie erläutert in der folgenden Videoaufnahme vom 01. Juni 2018 den heutigen Status quo in Frankreich:
Zusammenfassung des Vortrages
Heutzutage haben viele kranke Menschen in Frankreich keine andere Wahl als das Gesetz zu brechen, um sich zu behandeln. In diesem Sinne kämpfe ich heute auf der Seite von Medizinern und Patienten. Von medizinischem Cannabis hatte ich absolut keine Ahnung. Erst über die strafrechtliche Schiene habe ich hiervon Kenntnis bekommen.
[01:45] Medizinisches Cannabis wurde in 33 Ländern erlaubt. Darunter Frankreich. Was nicht heißt, dass es angewendet wird. Nur in 15 Ländern haben Kranke relativ freien Zugang dazu. Vom geografischen Standpunkt betrachtet ist es interessant zu sehen, wie Frankreich von Ländern umgeben ist, die vorangehen. Und dennoch herrscht der Ruf, dass Cannabis extrem gefährlich ist in Frankreich noch immer vor.
[02:45] Kranke werden genauso verfolgt wie die Dealer (Art. 222.37 des Strafgesetzbuches). Verkehr, Inbesitznahme, Angebot, Veräußerung, Erwerb oder illegale Verwendung von Rauschmitteln werden mit 10 Jahren Gefängnis und 7.500 € Geldstrafe belangt. Patienten können aber nach (Art. 3421) auch auf der Grundlage des Gesetzes zur öffentlichen Gesundheit mit bis zu einem Jahr Gefängnis und einer Geldstrafe von 3.750 € belangt werden.
Ingrid Metton erklärt weiter, dass es im Falle der Notwendigkeit jedoch Fälle gibt, bei denen man nicht verfolgt werden kann.
„Der Notstand“ ist ein Konzept, welches rechtfertigt nicht bestraft, zu werden, wenn man das Gesetz aus zwingender Notwendigkeit gebrochen hat. Dies ist ein Rechtsgrund, der am 22. April 1898 am Gerichtshof von Amiens im Falle von Madame Ménard begründet wurde. Es ist die Geschichte einer Mutter, die gezwungen war, Brot zu stehlen, um ihr Kind im Hinblick auf das Überleben zu ernähren. Dies sollte ein Präzedenzfall werden. Seitdem kennt das französische Recht den Freispruch, wenn gezeigt werden kann, dass die betroffene Person aus einem ‚Notfall‘ gehandelt hat.
Bertrand Rambauds Notstand wurde nicht anerkannt
Es ist der typische Fall einer Person, die, um zu überleben, eine Wahl getroffen hat, nämlich das französische Gesetz zu brechen, um sich mit medizinischem Cannabis zu versorgen. Er ist nunmehr seit 30 Jahren krank. Sein medizinisches Dossier ist vollständig. Er kann nicht anders handeln. Dies haben mehrere Ärzte attestiert. Er weiß, dass die Medikamente, welche die französische Pharmaindustrie bereitstellt, für ihn nicht wirksam sind.
„Man muss Vertrauen in den Patienten haben.“
Trotzdem beharrt die französische Justiz auf ihrer Position und sagt, dass es verfügbare Medikamente gibt, und dass er sich lediglich anders behandeln müsse.
Hanf Magazin: Können Sie mir etwas über die Premiere des Kolloquiums UFCM-I Care sagen, die am 1. Juni 2018 in Paris stattgefunden hat?
Bertrand Rambaud: In Paris ist es eine Premiere, aber das war das 7. Kolloquium in Folge. „Das Ziel ist schnell erklärt: Informieren, um zu helfen, informieren um zu regulieren, informieren um zu überzeugen, informieren um zu diskutieren.“
Hanf Magazin: Sie sind seit 30 Jahren Aktivist und seit fast 18 Jahren Konsument. Was können Sie mir über all die Jahre in der Illegalität erzählen?
Bertrand Rambaud: Das ist nicht ganz richtig. Ich konsumiere Cannabis seit mehr als 40 Jahren, ich konsumiere im therapeutischen Sinne seit mehr als 15 Jahren. Zum Aktivismus: ich bin Vorsitzender zweier Assoziationen (I Care und UFCM-I Care). Was soll ich sagen, man gewöhnt sich daran, in der Illegalität zu leben und ich glaube, in Frankreich werden wir noch lange in der Illegalität bleiben. Das ist die moralische Vision des Cannabiskonsums und die Stärke der Lobbys.
Hanf Magazin: Wie bekommt man in Frankreich Cannabis als Medizin bzw. Medikamente mit Cannabis?
Bertrand Rambaud: Man bekommt in Frankreich überhaupt kein Medikament außer Marinol. Sativex ist in Frankreich nicht erhältlich.
Hanf Magazin: Können Sie mir etwas über Ihre Verurteilung nach der Hausdurchsuchung in Straßburg 2014 sagen? Haben Sie eine besondere Erlaubnis, Cannabis für Ihren medizinischen Bedarf anzubauen?
Bertrand Rambaud: Ich wurde verurteilt und erhielt Straferlass wegen meines medizinischen Dossiers und der Vorlage von neun Attesten von Medizinern und Aids-Spezialisten. Außerdem hatte ich zwei Atteste für gute Moral von Politikern, davon eines von einem ehem. Innenminister (Daniel Vaillant). Ich habe gegen das Urteil Berufung eingelegt und das Berufungsgericht hat das Urteil bestätigt. Ich bin vor das Kassationsgericht gegangen, das die zuvor gefallenen Entscheidungen ebenfalls bestätigt hat. Ich habe keine besondere Erlaubnis, meines Wissens existiert so etwas in Frankreich nicht.
Hanf Magazin: Wie stellt sich die Situation der Kranken in Frankreich dar? Wird man automatisch als Krimineller eingestuft?
Bertrand Rambaud: Die Situation der Kranken ist katastrophal. Wir werden wie Kriminelle behandelt. Die Kranken werden als Rauschgiftsüchtige angesehen wie Kriminelle. Der Status eines Patienten mit Cannabismedikation ist nicht anerkannt und der Gebrauch von Cannabis ist verboten. Egal unter welchem Aspekt.
Hanf Magazin: Informationen erhalten wir vornehmlich von Vereinen (Princ Actifs, NORML France, usw.). Ist das Thema Cannabis in Frankreich noch immer ein Tabu-Thema?
Bertrand Rambaud: Das Thema ist immer weniger Tabu.
Hanf Magazin: Welche Projekte verfolgen sie in den kommenden Jahren?
Bertrand Rambaud: Weiterkämpfen gegen ein System, das nicht die geringste Notiz von der Entwicklung der internationalen Forschung und der gesellschaftlichen Entwicklung nimmt.