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Seit dem Jahr 1990 wird in Italien ein Gesetz als Rahmen für das Verbot, die Bestrafung und die Prävention von berauschenden Cannabisprodukten als Rahmen für den Umgang mit den illegalen Substanzen genutzt. Ähnlich wie bis vor Kurzem in Deutschland war der Besitz verboten, doch der Konsum hingegen nicht. 2014 legalisierte Italien dann den Anbau von Cannabis zu medizinischen Zwecken, um Schwerkranken den Zugang zur natürlichen Medizin gewährleisten zu können.
Die Aufgabe wurde jedoch einzig vom Verteidigungsministerium übernommen, sodass das militärische Institut für Arzneimittel in Florenz die vollständige Produktion zu übernehmen hatte. Industriehanf wurde hingegen schon in den 1940er-Jahren großgeschrieben und es heißt, dass Italien zu dieser Zeit einer der größten Handproduzenten auf dem gesamten Globus gewesen ist. Nach einem auf den Zweiten Weltkrieg folgenden Verbot galt ab 2017 aufgrund einer Forderung des Ministeriums für Agrar-, Lebensmittel- und Forstpolitik jedoch wieder, dass der Anbau von Industriehanf unter speziellen Auflagen legal ist.
Nun hat die Regierung um Ministerpräsidentin Giorgia Meloni jedoch einen Gesetzesentwurf ins Spiel gebracht, der Hanfblüten trotz ihres geringen THC-Gehalts als Rauschmittel einstufen und die Produktion von Blüten vollständig verhindern soll. Doch italienische Abgeordnete sowohl der konservativen als auch der liberalen Parteien wehren sich gegen das vorgeschlagene Verbot von Industriehanfblüten. Man warnt davor, dass diese Regelung der Wirtschaft schaden und der Politik der Europäischen Union zuwiderlaufen würde.
Kritik aus dem rechten wie linken Lager
Während in Deutschland die Szene der Cannabiskonsumenten seit den Neuwahlen die Sorge umhertreibt, dass das Genusscannabisgesetz von der Union wieder abgeschaffte werden könnte und Nutzer sich erneut der Strafverfolgung ausgesetzt sehen werden, sind die Probleme in Italien betreffend Hanf offensichtlich größerer Natur.
Melonis Partei, die Fratelli d’Italia, sieht wohl selbst Industriehanf als eine Gefahr für das öffentliche Leben im Land. Obwohl die Produktion von Faserhanf in Italien den in der EU zulässigen Grenzwert von 0,3 Prozent THC und den in Italien allgemein geltenden Grenzwert von 0,6 % THC einhält, sollen Hanfblüten aus Sicht der Partei nicht länger als legal gelten dürfen. Doch die politischen Parteien von links und rechts vereinigen sich gegen Italiens geplantes Hanfblütenverbot.
So sagt Flavio Tosi, ein Mitglied des Europäischen Parlaments (MdEP) der Partei Forza Italia, dass die vorgeschlagene Änderung des italienischen Sicherheitsgesetzes (DDL Sicurezza) Tausende Landwirte und Unternehmen schädigen würde. Zu diesen zählten viele von jungen Unternehmern geführte Firmen, die bereits viel Geld in die Hanfindustrie investiert hätten. Man spräche hier schließlich nicht über Drogen oder Drogenhändler, sondern über eine seriöse Lieferkette, die strengen wissenschaftlichen Standards folgt und die EU-Vorschriften in vollem Umfang einhalten würde, so Tosi.
Auch Riccardo Magi von der liberalen proeuropäischen +Europa-Partei verurteilte die vorgeschlagene Änderung des italienischen Gesetzes. Das umstrittene Sicherheitsgesetz würde nur die Befugnisse der Strafverfolgungsbehörden stärken und strafrechtliche Sanktionen vorsehen, die bei Verstößen gegen die Hanfrichtlinien angewandt werden könnten.
Selbst den Gegnern der Legalisierung geht es zu weit
Die Forza Italia, die in Italien regulär zwischen neun und zehn Prozent der Wählerstimmen erhält, lehnt die Legalisierung von Marihuana für den Freizeitgebrauch generell ab. Sie schließt sich ihren Mitte-Rechts-Koalitionspartnern an, die eine strenge Drogenpolitik befürworten. Doch zeigt sie sich als gewisser Unterstützer für Industriehanf. Insbesondere im Hinblick auf das landwirtschaftliche und wirtschaftliche Potenzial befürwortet man den Anbau von Hanf, obwohl man sich dort nicht unbedingt stark für eine Ausweitung der Hanf betreffenden Vorschriften eingesetzt hat.
Interessenvertreter der italienischen Hanfbranche haben bereits davor gewarnt, dass eine Verabschiedung des jetzigen Änderungsantrags zur Schließung von 3.000 Unternehmen und zur Entlassung von 15.000 Arbeitnehmern führen würde. Sollte die Änderung dennoch in Kraft treten, würde sie den Teilsektor der Hanfextrakte vollständig blockieren. CBD und andere nicht psychoaktiv wirkende Cannabinoide aus Hanf wären fortan vom Verbot betroffen, die aktuell noch in der Kräutermedizin, in Kosmetika und Nahrungsergänzungsmitteln unproblematisch verwendet werden.
Forza Italia hat das Thema daher dann auch in der Europäischen Volkspartei (EVP) angesprochen und unterstützt seither eine Petition von Hanfproduzenten und Handelsverbänden, um die italienische Änderung auf EU-Ebene anfechten zu können. Flavio Tosi sagte, er hoffe darauf, dass das Europäische Parlament gegen das Vorhaben intervenieren werde, um zu verhindern, dass Italien das einzige EU-Land wird, das den Verkauf von Hanfblüten verbiete. „Als Liberaler bevorzuge ich immer vernünftige Positionen gegenüber absoluten Verboten“, sagte er.
EU-Gesetze gegen italienische Verbote
Leonardo Fiorentino vom drogenpolitischen Forum Fuoriluogo.it schloss sich den bereits ausgesprochenen Bedenken an und warnte davor, dass eine unüberlegte Schließung des legalen Hanfsektors in Italien die Verbraucher nur auf unregulierte Märkte treiben würde. Dies würde dann wiederum nur erneut mehr Möglichkeiten für alle illegalen Anbieter schaffen. Italiens Regierung versuchte bereits im letzten August, vergleichbare Rückschritte bezüglich CBD zu gehen, bekam aber der EU-Politik Paroli.
Ein Erlass wollte aus Hanfblüten gewonnenes CBD auf die Liste der Betäubungsmittel des Landes setzen, was eine Einnahme durch Verbraucher verboten hätte. Ein Regionalgericht setzte das Dekret jedoch direkt im folgenden Monat vorübergehend aus. In Italien herrscht jedoch leider schon seit Langem eine gewisse Rechtsunsicherheit in Bezug auf Hanf und CBD-Produkte.
Trotz eines EU-weiten Urteils aus dem Jahr 2020, wonach CBD kein Betäubungsmittel ist und Hanfblüten unterhalb des THC-Grenzwerts in allen Mitgliedstaaten legal gehandelt werden können, hatten italienische Behörden den Sektor bereits wiederholt ins Visier genommen. Frühere Versuche, Hanfextrakte als Betäubungsmittel oder rein medizinische Produkte umzustufen, wurden von den Gerichten bislang aber stets verworfen. Dies macht den anhaltenden regulatorischen Konflikt zwischen Italiens nationaler Politik und dem geltenden EU-Recht überdeutlich.
Daher gilt derzeit noch die Regelung, dass Hanf zu industriellen Zwecken angepflanzt werden darf, solange der europäische Grenzwert von 0,3 Prozent THC nicht überschritten wird. Doch selbst wenn der THC-Gehalt nach Untersuchung der Gewächse noch unter 0,6 Prozent liegen sollte, werden gegen die Produzenten keine Strafen verhängt. Erst ab einer Überschreitung dieses Grenzwertes sind die italienischen Behörden dazu berechtigt, das Material und das genutzte Pflanzgebiet zu beschlagnahmen oder zu vernichten.