Als Befürworter einer liberaleren Cannabispolitik weiß man derzeit in Europa kaum, was man denken soll. Progressive Prozesse scheinen zu stagnieren oder sogar stillzustehen. Die deutsche Bundesdrogenbeauftragte Daniela Ludwig macht sich nur noch durch eine restriktive Haltung bemerkbar und glänzt mit Falschaussagen in sozialen Medien.
In den Niederlanden soll womöglich ein Versuch unternommen werden, die Touristen vom tolerierten Cannabishandel in den Coffeeshops auszuschließen, und Luxemburg lässt sich viel Zeit mit der Planung und Umsetzung der angekündigten Legalisierung. Man möchte meinen, trotz der rasant anwachsenden Akzeptanz in der Gesellschaft seien keine cannabispolitischen Meilensteine in Sicht.
Rechnerische Mehrheit für Reformen in Berlin
Leider sind die Regierungsparteien CDU, CSU und SPD gerade mit Dingen wie dem Thüringer Wahldebakel und dem Rückzug von Annegret Kramp-Karrenbauer beschäftigt. Stünden gerade Kapazitäten für Sachpolitik zur Verfügung, könnte man einmal anmerken, dass im Deutschen Bundestag eine Mehrheit für Lockerungen in der Cannabispolitik zu haben wäre.
Nach mehrjähriger Gesichtslosigkeit in dieser Angelegenheit haben sich die Sozialdemokraten kürzlich auf ein Positionspapier verständigt, welches hier zumindest minimale Fortschritte in Richtung Entkriminalisierung der Konsumenten oder auch Modellprojekte für die legale Abgabe von Cannabis an Erwachsene ermöglichen könnte. Damit verblieben nur die Unionsparteien und die AfD als letzte Gegner für progressive Reformen.
Faktoren, die eine Legalisierung in Deutschland begünstigen
Als ob die Reichen und Schönen der Vereinigten Staaten schon mehr über die cannabispolitische Zukunft Deutschlands wüssten als die Bundesbürger, so investieren der Manager von Justin Bieber und die Rap-Legende Snoop Dogg jetzt in ein deutsches Cannabisunternehmen. Überhaupt scheint das internationale Cannabusiness ein auffallend starkes Interesse am deutschen Markt zu zeigen. Wenn der kürzlich gegründete Branchenverband der Cannabiswirtschaft BVCW hier nun einen entsprechend großen Lobbydruck auf die Politik aufbauen kann, dann wäre das schon vielversprechend.
Eine große Freude für die deutsche Cannabisbewegung ist einer ihrer Köpfe jetzt auch wieder zurück. Der Jugendrichter und Legalisierungsbefürworter Andreas Müller verkündete kürzlich, dass er nach einer gesundheitsbedingten dringenden Pause auf dem Wege der Genesung sei, und auch dass er wieder an der Richtervorlage arbeite, die das Cannabisverbot nach Jahren vors Bundesverfassungsgericht bringen und dort möglichst beenden soll.
Können andere Länder Liberalisierung besser?
Ja, es gibt vieles auch bei uns, was nach Hoffnung für die Cannabisfreunde klingt, doch so richtig freuen möchte man sich dennoch nicht. Deutschland kennt sich selbst und die Bremskraft der Bundespolitik einfach zu gut. Beinahe jedem anderen Land trauen wir eher zu, konsequent Nägel mit Köpfen zu machen und bei einer Frage wie Cannabis auch mal eine politische Kehrtwende zu erleben. Italien bietet uns hier Raum für Spekulationen, denn nachdem das oberste Gericht dort eine Entscheidung gegen die strafrechtliche Verfolgung von Eigenanbau für den persönlichen Bedarf gefällt hat, sollte Cannabis dort zeitnah auch wieder parlamentarisch debattiert werden. Dass Italien umfassend legalisiert, ist nicht unbedingt zu erwarten, aber Lockerungen wären möglich.
Kroatien legt Gesetzentwurf zur Legalisierung von Cannabis vor
In wenigen Tagen soll nun im Parlament eines weiteren EU-Landes die Diskussion über einen Gesetzentwurf beginnen, der am bestehenden Verbot von Cannabis rüttelt. Wie die kroatische Abgeordnete Mirela Holy (SDP) äußerte, sollten der Vorlage entsprechend jeder erwachsene Bürger bis zu neun Cannabispflanzen kultivieren dürfen. Die Unterstützerin Holy betonte, dass noch jemand an einer Überdosis zu Tode gekommen sei und das Verbot von Cannabis folglich keinen Sinn mache.
Die Legalisierung, die der Entwurf vorsieht, wäre umfassend und sie bezieht Aspekte eines regulierten Marktes für legales Cannabis, aber auch den Eigenanbau ohne kommerziellen Hintergrund mit ein. Holy hebt sowohl die wirtschaftlichen Vorteile hervor, die Cannabis zu bieten hat, legt auch Wert auf den Nutzen die Umwelt und Gesellschaft, die positive CO₂-Bilanz, die Reinigung der Ackerböden, aber auch die Verdrängung des Schwarzmarktes.
Cannabispolitische Reformen könnten auf Widerstand treffen
Für schwere Erkrankungen wie AIDS, Multiple Sklerose oder Krebs ist in Kroatien eine Behandlung mit Cannabis als Medizin seit Oktober 2015 möglich. Für den Anbau und Verkauf sind bis Dato Gefängnisstrafen von mindestens drei Jahren obligatorisch. Auch der Besitz von kleinen Mengen kann mit einer Geldstrafe von einigen Hundert oder sogar Tausend Euro geahndet werden. Die Gesetzesreform wäre also eine massive Lockerung. Ob die Politik Kroatiens hierfür doch zu konservativ und noch nicht so weit ist, ist schwer einzuschätzen. Die Lobby gegen Cannabis ist noch immer stark und schürt die Vorurteile im Land. Wie gut dies funktioniert, soll sich nun in den nächsten Wochen und Monaten zeigen.