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Letzte Woche veröffentlichte die EU-Kommission eine vorläufige Stellungnahme, in der sie erklärt, dass natürliche Hanfextrakte und Cannabinoide nicht mehr als Lebensmittel, sondern als Arzneimittel einzustufen sind.
Das Exekutivorgan der Europäischen Union, das in staatlichen Systemen der Regierung entspricht, legte damit sämtliche Hanfextrakte und natürliche Cannabinoide im Rahmen der Novel Food-Verordnung erst einmal auf Eis, und stufte sie als Arzneimittel ein. Sollte sich diese Position bestätigen, würde Cannabidiol zwar auf dem Markt bleiben, aber nur in synthetischer Form, die durch umweltschädliche chemische Produktion hergestellt wird.
Nach einer dienststellenübergreifenden Beratung kamen die Behörden der Europäischen Kommission zur vorläufigen Schlussfolgerung, dass Extrakte aus industriellen Hanfsorten der Gattung Cannabis sativa L., und damit auch Cannabidiol, im Rahmen der EU-Gesetzgebung als Droge zu qualifizieren. Die Entscheidung wurde den auf dem europäischen Markt tätigen Unternehmen mitgeteilt, die einen Novel Food-Antrag gemäß Artikel 10 der Verordnung 2015/2283 eingereicht haben.
Das Urteil der Europäischen Union, die von der Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen geleitet wird, wird von der EIHA scharf kritisiert. In einer Pressemitteilung bezeichnet die Interessenvertretung von Nutzhanfbauern sowie industriellen Verarbeitern von Nutzhanf die Entscheidung der Kommission als Todesurteil für die europäische Hanfindustrie.
„Diese vorläufige Sichtweise widerspricht jeder Logik und ist nichts anderes als unfair.“
Der gesamte Hanfsektor arbeitet extrem hart und plant eine Investition von 3,7 Millionen Euro, um in voller Transparenz und unter der Aufsicht der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) noch nie da gewesene Studien über THC und CBD im Rahmen eines gemeinsamen Novel Food-Antrags in Auftrag zu geben“, erklärt Frau Lorenza Romanese, Geschäftsführerin der EIHA Andere Länder wie die USA, Kanada, China oder die Schweiz sind auf dem Vormarsch. Ich frage mich, ob Europa sich dafür entscheiden wird, mutig für die Verfolgung einer evidenzbasierten Politik zu sein, oder sich stattdessen dafür entscheidet, untätig auf die sich entwickelnde Welt zu starren“.
Nach Ansicht der EIHA sind Industriehanf und daraus hergestellte Produkte keine Betäubungsmittel oder Psychopharmaka. Nutzhanf ist vom Geltungsbereich des Single Convention aus dem Jahr 1961 ausgenommen. Die Autoren des Einheitsabkommens über Betäubungsmittel machten damals eine klare Unterscheidung zwischen Cannabissorten, die für die Herstellung von Drogen angebaut werden und Sorten, die man für andere Zwecke kultiviert, wie Sorten mit niedrigem THC-Gehalt.
Ferner stellt die EIHA klar, dass nicht alle Hanfextrakte als neuartig anzusehen sind. Nur angereicherte und isolierte Extrakte seien demnach, als Novel Food zu bezeichnen. Laut EIHA gibt es zahlreiche Beweise, dass traditionelle Hanfextrakte seit Jahrhunderten in Europa und weltweit konsumiert und daher als traditionelle Lebensmittel betrachtet werden sollten. Hanfextrakte, die mithilfe neuartiger Extraktionsmethoden hergestellt werden, sollten demnach unter die rechtlichen Rahmenbedingungen der Novel Food-Verordnung (EU) 2015/2283 fallen.
„In den 1970er-Jahren wurde Industriehanf schließlich vom EWG-Rat als Nutzpflanze reguliert und sogar subventioniert. Später, 1997, bestätigte die Kommission, dass Lebensmittel, die aus einem Teil der Hanfpflanze stammen, nicht „neuartig“ seien. Im Jahr 2019 wurden einige dieser Teile und die aus ihnen gewonnenen Nahrungsmittel plötzlich „neuartig“, und nun werden einige Teile desselben Industriehanfs als Arznei angesehen. Dies scheint eher eine bewusste Entscheidung zu sein, den Sektor zu töten, als eine wissenschaftlich fundierte und transparente Politik anzustreben“, so Daniel Kruse, Präsident der EIHA.
Die Förderung synthetischer gegenüber natürlicher Extrakte werde Landwirte und Lebensmittelunternehmer einer Marktchance berauben. Sollte die profitabelste kommerzielle Anwendung von Hanf aufgegeben werden, so befürchtet die EIHA, dass auch die parallel stattfindende Entwicklung wichtiger Wertschöpfungsketten für die Verarbeitung von Nebenprodukten wie Fasern und Schäben, die für die Herstellung von Papier, Baumaterial, Textilien, Kosmetika und biobasierte Kunststoffe verwendet werden, darunter leiden könnte.
Sollte sich das Urteil der EU-Kommission bestätigen, werden wahrscheinlich alle Novel Food-Anträge für Hanfextrakte abgelehnt und nur synthetisch hergestelltes CBD kann verkauft werden. Tatsächlich wird die künstliche Herstellung großen Unternehmen vorbehalten sein, die die aufwendige und kostspielige Herstellung stemmen können.
In einer idealen Welt würde die EU-Kommission Hand in Hand mit dem Hanfsektor und anderen Institutionen arbeiten, um in voller Transparenz einen fairen Markt für Unternehmen zu schaffen und qualitativ hochwertige Produkte für Verbraucher zu gewährleisten.