Dass Klaus Holetschek, der Gesundheitsminister von Bayern (CSU), strikt gegen die Pläne der Ampelkoalition ist, Cannabis für Genusszwecke Erwachsener zu legalisieren, lässt der Politiker die Allgemeinheit nur gerne wissen. Schon vor der EU hat er sich dafür eingesetzt, das Vorhaben schlechtzureden und dafür plädiert, es scheitern zu lassen. Zuletzt gab er sogar ein eigenes Gutachten in Auftrag, welches natürlich bei seiner Veröffentlichung letzte Woche die Problematik aufgrund von Verträgen mit der Europäischen Union in den Vordergrund stellte und aussagte, dass eine Legalisierung gegen internationales Recht verstoßen würde.
Dass dem zwar nicht unbedingt so sein muss, stellte ein neues Gutachten aus den Niederlanden klar, doch abzubringen scheinen derartige Neuigkeiten Klaus Holetschek von seiner Meinung nicht. In Erfahrung zu bringen war dies erst am 03.03.2023 aufgrund eines Schlagabtausches des Ministers und der Grünen-Spitzenkandidatin Katharina Schulze in den Redaktionsräumen von Merkur.de. Hier begann man ein Streitgespräch über das Thema, nachdem sich zuvor wohl erst freundlich begrüßte und etwas plauderte. Dabei soll Klaus Holetschek einmal sogar so weit der Faden gerissen sein, dass er mit der Hand auf den Tisch hauen musste.
Versteifte Meinung mit unverständlichen Vergleichen
Für Holetschek ist klar, dass man Cannabis nicht mit Alkohol vergleichen könne. Psychosen durch den Konsum des natürlichen Rauschmittels wären eine große Gefahr. Eine Verharmlosung von Cannabis würde zweifelsfrei stattfinden, würde die aktuelle Herangehensweise geändert, was neue Probleme schaffen würde. Den Hinweis seiner Gesprächspartnerin, dass Cannabis schon längst in der Gesellschaft angekommen sei und trotz des Verbotes immer mehr Menschen darauf zurückgriffen, sodass ein Umschwung in der Drogenpolitik eine Option darstellen könnte, lässt den bayrischen Gesundheitsminister kalt. Er hält es sogar für naiv, wenn davon gesprochen wird, dass ein geregelter Verkauf mit strikten Jugendschutzgesetzen den Erwerb von Cannabis aufseiten Jugendlicher erschweren und zeitgleich die Präventionsmaßnahmen stärken würden.
Mit dem Vergleich „Das ist, als würden Sie erst Feuer legen und dann einen Feuerlöscher kaufen“, versucht er dagegen seine Wahrnehmung bezüglich der Freigabe zu untermauern, ohne tatsächliche Gegenargumente anzuführen. Katharina Schulze weiß hingegen, welche Problematik aktuell aufgrund des Schwarzmarkthandels täglich besteht. Dealer fragen nicht nach dem Ausweis und überprüfen das Alter der Kundschaft und die angebotene Ware ist nicht auf Qualität geprüft sowie oft mit schädlichen Beimischungen versehen, was selbstverständlich zu höheren gesundheitlichen Gefahren führt. Ihrer Ansicht nach sollte es daher auch mündigen Erwachsenen freistehen, sich für einen legalen Joint oder ein Bier nach dem bayrischen Reinheitsgebot zu entscheiden. Dies lässt Klaus Holetschek den nächsten merkwürdig anmutenden Vergleich aussprechen, den er zwischen einem politisch empfohlenen Fleischverzicht und Marihuana zieht. Seltsam.
Legalisierung in anderen Ländern sei wenig erfolgreich
Nachdem dann natürlich erneut die Gefahren für Jugendliche und junge Erwachsene bis zu einem Alter von 25 Jahren wegen noch nicht ausgereiften Gehirnen vom Gegner der Cannabislegalisierung angeführt werden, kommen Gefilde ins Gespräch, in denen bereits potente Hanfknospen in den regulierten Handel gelangt sind. In Kanada und den USA hätte die Freigabe nicht zu den versprochenen Erfolgen geführt, so Holetschek. Auch wenn Studien, wie von Katharina Schulze angeführt, aufzeigen, dass nach einer Freigabe von Cannabis zu Genusszwecken Erwachsener nicht unbedingt gleich der Konsum insgesamt ansteigen würde, so lässt diese Bayerns Gesundheitsminister nicht gelten.
Es wäre realitätsfremd. Auch würde der Schwarzmarkt weiterhin bestehen und mit günstigeren Preisen dem legalen Handel einen Strich durch die Rechnung machen und sich vornehmlich auf den Verkauf an Jugendliche konzentrieren. Dass mehr Geld in die Kassen des Staates gespült würde, die Polizei entlastet wäre und sich somit stärker auf die Lauer gegen illegal agierende Händler legen könnte, kommt nicht an. Dafür widerspricht Holetschek erneut der Wissenschaft, dass die Affinität von Cannabiskonsumenten zu anderen Rauschmitteln nicht erhöht werde. Er sieht hier definitiv einen Zusammenhang zwischen dem Kiffen und dem Kokainkonsum, obwohl dieser ebenfalls (und wohl eher) beim Alkoholgenuss gefunden werden könnte. Aus seiner Sicht würde ein neuer Weg eingeschlagen, wenn die Ampel ihr Vorhaben umsetzen würde. Wirtschaftliche Interessen wären natürlich ein Grund für die Regierung, doch so würde „die Büchse der Pandora“ geöffnet.
Die Niederlande als Beispiel
Auf die Frage, ob die Befürchtungen bestünden, dass sich Deutschland in ein Drogenparadies verwandeln könnte, wird als Erstes das Beispiel Niederlande genannt, wo sich wegen der leicht paradoxen Cannabispolitik auch kriminelle Strukturen in das Geschäft wagten. Verantwortliche würden in Gesprächen sagen, dass sie es so nie wieder machen würden, so Klaus Holetschek. Auf das Argument, hierzulande würde man diesen Weg auch nicht wiederholen und Dinge besser machen wollen, reagiert der Gesundheitsminister aus Bayern damit, dass die Freigabe von Cannabis in noch keinem Land gut funktioniert hätte. Selbst das Beispiel Portugal und das Problem der Kriminalisierung gewöhnlicher Bürger prallen ab.
Der Gesetzgeber könne dazu aufgrund des europäischen Rechts gar nicht legalisieren, weshalb er den eingeschlagenen Weg der Regierung nicht verstehen könne. Auf den Hinweis, dass der Gesetzesentwurf ja noch nicht einmal vorgestellt worden ist und es sicherlich guttäte auf diesen zu warten, wehrt Holetschek lapidar ab und verweist auf „wichtigere Themen“ wie die Pflegereform, den Fachkräftemangel oder die Digitalisierung. Dass man, wie von Katharina Schulze angesprochen, Dinge auch parallel erledigen könne und in erster Linie die Frage geklärt gehöre, wie man mit Menschen, die gern Cannabis konsumieren, in Zukunft umgehen solle, offenbart sich dem Gesundheitsminister aber dennoch nicht.
Selbst nicht probiert
Beide Politiker antworten auf die Frage nach den eigenen Erfahrungen mit Cannabis, dass sie es nie in ihrem Leben probiert hätten. Katharina Schulze habe nach eigener Aussage überhaupt keine Erfahrungen mit Rauschmitteln, während Klaus Holetschek sehr froh darüber wäre, mit dem Rauchen von Zigaretten und Zigarillos aufgehört zu haben. Ihren Kindern hätten die beiden sehr unterschiedlich die Lage betrachtenden Personen jedoch ähnliche Hinweise mit auf den Weg zu geben.
Über Risiken aufklären und genug Vertrauen zeigen, dass sich der Nachwuchs dank einer richtigen Erziehung für einen vernünftigen Weg entscheiden werde. Warum ein vernünftiger Weg niemals mit Cannabis beschritten werden kann, dafür aber sogleich zu einer Strafverfolgung führen muss, wäre eine unbeantwortete Frage, die man Klaus Holetschek bei einem nächsten Streitgespräch daher vielleicht einmal stellen sollte. Interessant dürfte diese Antwort dann wirklich werden.