Eines der Hauptargumente für eine Cannabislegalisierung ist seitens der Befürworter seit Jahren die Entlastung der Justiz, wenn das Genussmittel für Erwachsene für den Konsum freigegeben ist und die Polizei bei diesem „Tatbestand“ nicht länger einzugreifen hat. Schließlich werden in Deutschland jährlich bis zu 180.000 Strafverfahren eingeleitet, von denen ein bemerkenswert hoher Anteil einzig dem privaten Gebrauch des natürlichen Rauschmittels zugrunde liegt.
Während Gewaltverbrechen oder Wohnungseinbrüche in akribischer Detektivarbeit von überarbeiten Beamten aufgeklärt gehören, kann man mit dem direkt gelösten Cannabisgebrauch einzelner Personen recht einfach die Kriminalstatistik schönen. Arbeit macht dies jedoch natürlich schon, auch wenn es im Idealfall für die Betroffenen nicht mit einem Gang vor die Gerichte endet.
Nach neueren Berechnungen des Wirtschaftsökonomen Dr. Justus Haucap wird eine Veränderung der Gesamtsituation basierend auf den bekannt gewordenen Plänen der Bundesregierung – der sogenannten Legalisierung Light – circa 1,1 Milliarden Euro jährlich einsparen. So könnten insbesondere viele Ausgaben bei Polizei und Gerichten eingespart werden – wenn nicht länger jeder Cannabiskonsument von der Staatsmacht verfolgt werden muss.
Dies dürfte auch schließlich der Fall sein, wenn der Konsum sowie der Anbau in den eigenen vier Wänden und Cannabis Social Clubs rechtlich genehmigt ist. Doch wie Gegner des Vorhabens bereits oft in der Vergangenheit die Vorteile der Freigabe herunterspielen, so macht dies nun auch der Deutsche Richterbund (DRB), der sich über die prognostizierten Entlastungen doch eigentlich hocherfreut zeigen müsste.
Keine Entlastungen nach der „Legalisierung Light“ befürchtet
DRB-Bundesgeschäftsführer Sven Rebehn äußerte sich gegenüber der Deutschen Presse-Agentur dahingehen, dass es völlig unrealistische wäre, davon auszugehen, dass die Freigabe und somit die Einstellung der Strafverfolgung von Cannabiskonsumenten zu einer massiven Entlastung der Justiz führen könne. Damit widerspricht er den selbst in dem Gesetzesentwurf von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach enthaltenen Berechnungen, die das oben beschriebene Gegenteil behauten. Rebehn geht hingegen davon aus, dass das „extrem kleinteilige Gesetz“ bezüglich der Umsetzung zu einem hohen Kontrollaufwand führen würde. Es könnten seiner Ansicht nach zahlreiche neue Streitfragen entstehen, die zu vielen zusätzlichen Verfahren vor den Gerichten führen würden.
Somit könnte die Beendigung der völligen Cannabisprohibition schlussendlich dazu führen, dass es eher zu einer höheren Belastung aufseiten der Justiz kommen könne, um der Gesetzgebung zu entsprechen. Nicht angesprochen wird von dem DRB-Bundesgeschäftsführer, warum dies tatsächlich der Fall sein sollte, wenn die erwähnten „Cannabiskonsumdelikte“ nicht länger von der Polizei verfolgt und daher keine Strafverfahren eingeleitet werden müssen. Solange sich die erwachsenen Konsumenten an die entwickelten Regeln halten, profitieren die seit Jahren ungerecht gejagten Nutzer des natürlichen Rauschmittels ebenso wie die überlasteten Beamten, die genügend andere und weitaus wichtigere Aufgaben zu stemmen haben. Insbesondere die Konsumenten dürften nach der Beendigung der Prohibition den Teufel tun, um ihre neu gewonnenen Freiheiten aufs Spiel zu setzen.
Konkrete Einsparungen versus Prophezeiungen des DRB
Konkret sieht der Gesetzesentwurf der Bundesregierung „Gesetz zum kontrollierten Umgang mit Cannabis und zur Änderung weiterer Vorschriften“ die Einsparungen aufseiten der Polizei bei einer berechneten Höhe von 800 Millionen Euro. Aufseiten der Gerichte könnte nach den Prognosen jährlich bis zu 220 Millionen Euro eingespart werden. Dazu kommen noch die eingesparten Kosten bei den Gefängnissen, in die Hanfnutzer in der Vergangenheit unter Umständen auch eingesperrt worden sind, in einer Höhe von 35 Millionen Euro.
Wie es also möglich sein kann, dass der Wegfall der größten Gruppe der Hanfdelinquenten zu einer Mehrbelastung des Justizapparates führen könne, nur weil einzelne Personen oder Gruppen über die Stränge des Erlaubten schlagen, bleibt vom Deutschen Richterbund unerwähnt. Wenn das Mitführen von bis zu 25 Gramm Cannabis und der Anbau von bis zu drei Pflanzen erwachsener Bewohner des Landes gestattet wird, sind die Entlastungen samt den damit verbundenen Einsparungen in jedem Fall greifbarer, als die Prophezeiungen jenes Bundes, der die Personen vertritt, die bei Gerichtsverfahren den Angeklagten nur gemütlich gegenübersaßen.