Eigentlich sollte die im Bundestagswahlkampf von den heute regierenden Parteien laut versprochene und im Koalitionsvertrag fest vereinbarte Legalisierung von Cannabis bereits Realität sein. Mit Hanf-Fachgeschäften für Erwachsene und im Rahmen einer neuen, fairen Drogenpolitik klar geregelt – wie es sich für einen demokratischen Rechtsstaat des 21. Jahrhunderts gehört.
Die Grünen am Ruder, dazu die FDP in wichtigen Ministerien verantwortlich und ein sozialdemokratischer Kanzler Olaf Scholz, der besonders gerne von Fortschritt und Respekt erzählt. Beim THC dachten die Wähler, sollte bei einer solchen Mannschaft normalerweise nichts mehr schiefgehen. Doch auch nach mehr als zwei Jahren im Amt gibt es keine Freigabe für Cannabis, sondern Ausreden und ständig weitere Verzögerungen, die Berichten zufolge wohl mit der SPD zu tun haben. Ist den Genossen eine verquere Vorstellung vom eigenen Image plötzlich wichtiger als Koalitionsverträge und Gerechtigkeit?
Salamitaktik beim Hanf sorgt für sinnlosen Stillstand
Als Termin für die veränderte Gesetzgebung beim Cannabis wurde zunächst der 1. Januar genannt, dann der 1. April 2024. Es gab Lesungen im Bundestag zum Entwurf für eine Freigabe, die zwar mutlos geplant ist, und wichtige Aspekte wie die Neufassung von Regeln zur THC Nachweisbarkeit im Straßenverkehr außen vor lässt, aber immerhin Schluss machen soll mit dem Unrecht, das hierzulande mündigen Bürgern mit einer Vorliebe für Cannabis zuteilwird.
Erlaubt sind künftig nach Vorstellung der Bundesregierung bis zu drei Marihuanapflanzen im eigenen Garten, Cannabis Social Clubs und eine deutliche Anhebung der persönlichen Menge für den Besitz. Kein Fachhandel, keine Steuern für Vater Staat, keine Normalisierung für Cannabinoide, die seit Äonen der Menschheit als treuer Begleiter dienen. Der engagierte, aber offensichtlich nicht besonders durchsetzungsstarke Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) versucht trotzdem tapfer, den Murks der Koalition als Erfolg darzustellen.
Dem Steuerzahler wurde in den üblichen Talkshows ständig berichtet, dass man zu kaum einem politischen Thema so einig sei wie beim Cannabis. Zu Recht, sagen Experten, denn wie tausende Studien und positive Erfahrungen aus Übersee zeigen, ist das Entkriminalisieren ein deutlich besserer Weg in die Zukunft als Verbote, die dank der über Dekaden hinweg herrschenden CDU/CSU jede Menge kaputte Existenzen zur Folge haben. Cannabis steht in puncto Reformbedarf gleich neben Klima, Energieversorgung und Bundeswehr, doch jetzt blockiert ausgerechnet die SPD und versucht vor Gefahren zu warnen, die bereits zigfach wissenschaftlich widerlegt wurden – geht’s noch?
Besorgte Sozialdemokraten: Cannabis (schon wieder) als Bauernopfer?
Wer sich fragen sollte, warum die älteste Partei Deutschland derzeit in den Wahlumfragen extrem mies abschneidet, braucht nur mal einen Blick auf das Lavieren der SPD bei Haschisch und Marihuana zu werfen. Versprochen, vereinbart und verkündet wurde die Legalisierung wie erwähnt nicht erst seit letzter Woche, sondern seit mehr als zwei Jahren und was bereits beim Kassieren der Fachgeschäfte wie eine Farce wirkte, entpuppt sich aktuell noch viel mehr als hinterlistige Parteitaktik.
Schon bei der Unterzeichnung vom Koalitionsvertrag war allen Beteiligten voll bewusst, dass es gegenüber Cannabis legal massiven Widerstand bei der EU gibt, die sich häufig auch wider besseres Wissen an Pfründe und Zuständigkeiten klammert. Zugeben wollte das damals natürlich niemand. Ohne Kraft, Saft und Mut wurde die schließlich kleinlaut gewordene Bundesregierung in Brüssel vorstellig und ließ sich von inkompetenten Bürokraten zu einer Hanffreigabe korrumpieren, die mit moderner Gesetzgebung so wenig zu tun hat wie Ursula von der Leyen mit Volksabstimmungen in Europa. Doch der Betrug an den Wählern weitet sich dank der SPD sogar noch aus!
Nach dem Gerede von der gänzlich unerwartet „störrischen EU“ werden nun wahlweise das organisierte Verbrechen, die mangelnde Kontrolle vom Marihuana Anbau in der Laubenkolonie oder eben die Angst vor dem eigenen Untergang an der Wahlurne als Gründe für das Zögern beim THC angeführt.
Angeblich sei Cannabis, so einige SPD-Politiker, in diesen Tagen kein wichtiges Thema. Die Menschen könnten natürlich denken, dass es in Berlin nur ums „Kiffen“ ginge und eben nicht um Wirtschaft und Strompreise. Sicher, ohne Haushalt geht es nicht und als die Bauern mit der Mistgabel auftauchten, konnte einem der verängstigte Landwirtschaftsminister Cem Özdemir von den Grünen fast leidtun. Aber tägliches Unrecht ohne wissenschaftliche Basis einfach abtun zu wollen, ist auch ein weiterer Hinweis darauf, wie weit sich manche Sozialdemokraten von den Realitäten im Lande entfernt haben.
Kein geringerer Aufwand für die Polizei bei THC legal – behauptet die Polizei!
Um sich irgendwie einen blassen Anstrich von Ernsthaftigkeit zu verschaffen, ziehen sich SPD-Politiker, wie ein gewisser Sebastian Fiedler jetzt sogar an Berichten von Behörden hoch, denen nichts mehr Spaß macht, als harmlose Hanfkonsumenten zu verfolgen. Beim Bundeskriminalamt nämlich fürchtet man absurderweise viel häufigere Einsätze nach als vor der Cannabislegalisierung! Personal- und Sachkosten könnten explodieren und ohnehin müssten die eifrigen Cops bei einer modernen THC-Gesetzgebung deutlich mehr kontrollieren, ob sich die mündigen Bürger wirklich an jede einzelne Bestimmung halten.
Solche „Befürchtungen“ stehen zwar im totalen Gegensatz zur allgemeinen Studienlage, aber bundesdeutsche Beamte sind eben schlauer als die internationale Forschung, meinen sie, und bekommen dafür leider immer noch Zustimmung aus der Politik.
Beim Cannabis war viel zu lange die Union zuständig. Deren desaströses Agieren durch völlig inkompetente Bundesdrogenbeauftragten verantwortet bis heute verheerende Folgen im Land, doch genauso wie bei Polizei, Justiz und sonstigen Sittenwächter lebte es sich für die CDU/CSU prima mit dem liebevoll erschaffenen Feindbild Hanf. Wünscht sich die Sozialdemokratie diese Zeiten zurück und erhofft sich ihre künftige Macht durch alte Lügen und Betrug? Und glaubt die SPD tatsächlich, dass Gesetzeshüter mehr zu tun haben, wenn ein Rauschmittel nicht mehr dem strengsten Verbot unterliegt, oder ist das Verzögern ein Musterbeispiel für hinterlistige Parteitaktik, um an der Wahlurne irgendwie noch eine Rolle zu spielen?
Wie reagieren die Koalitionspartner?
Immerhin halten sich Grüne und FDP bei der angedachten Ablenkung durch Prügel für Cannabiskonsumenten zurück und fordern stattdessen eine Einhaltung des Zeitplans. Auch dem Gesundheitsminister fällt beim Blick auf aktuelle Umfragen zum Glück kein Zacken aus der Krone. Zwar würde der umtriebige Karl Lauterbach wahrscheinlich einen Schwenk zurück genauso engagiert versuchen zu erklären wie in den vergangenen Monaten die Notwendigkeit einer Legalisierung – geschenkt.
Auf Nachfrage jedoch betont das Gesundheitsministerium, dass es sehr wohl neue Regeln benötigt und Verbote auf ganzer Linie gescheitert sind. Falls es in der SPD noch mehr Politiker gibt, die langfristig denken und im Interesse der Volksgesundheit, könnten die derzeitigen Unkenrufe rasch verstummen. Vielen Bürgern ist sonnenklar, dass man bei der Union durch ein Festhalten am Cannabisverbot schlicht die mächtige Alkohol-Lobby verhätscheln will und Sozialdemokraten in Panik wenig mehr sind als hoch bezahlte Witzfiguren.
Warum also noch zusätzlich an der eigenen, ohnehin massiv verpuffenden Glaubwürdigkeit sägen? Eine fristgerechte Freigabe für Cannabis wäre ein Erfolg für die Ampelkoalition und ein echter Fortschritt in einem Politikfeld, das exemplarisch für jenes arg zerrüttete Verhältnis zwischen Regierung und Bevölkerung stehen mag. Der Einstieg in eine Legalisierung von Cannabis bietet nachweislich mehr Chancen als Risiken, deren vorgebliches Ausmaß ohnehin extrem übertrieben wird.
Hilft das THC der SPD am Ende doch noch beim Denken oder stürzt sich diese alte, stolze, staatstragende Partei weiter mit maximaler Anstrengung in den Abgrund der eigenen Bedeutungslosigkeit?
https://www.pharmazeutische-zeitung.de/widerstand-bei-cannabis-legalisierung-144846/