Es war eine große Meldung, dass es die Ampelkoalition schaffte, die Legalisierung von Cannabis zu Genusszwecken in ihrem Koalitionsvertrag zu verankern. Endlich fanden die sachlichen Argumente der vielen Legalisierungsbefürworter Gehör und die Prohibition des natürlichen Rauschmittels samt der unsinnigen Strafverfolgung friedlicher Konsumenten sollte in einer besseren Zukunft ihr Ende finden.
Obwohl nach Umfragen bereits ungefähr zwei Drittel der deutschen Bevölkerung diese Schritte befürwortet und auf die Veränderung wartet, wartet man weiterhin auf die Vorstellung des tatsächlichen Gesetzesentwurfes und muss sich dazu immer noch große Sorgen machen, ob das Vorhaben vor der entsprechenden EU-Kommission grünes Licht erhalten wird.
Da seit der Wahl der nun in der Regierung gelandeten Parteien bislang wenig unternommen wurde, um die Situation der Cannabiskonsumenten zu verändern, werden die Rufe nach einer schnell stattfindenden Entkriminalisierung lauter. So könnte man zumindest dafür Sorge zu tragen, dass Polizei und Gerichte entlastet und die Nutzer von Cannabisprodukten endlich in Ruhe gelassen werden.
Dass dieses bitter nötig ist, zeigt die in dieser Woche veröffentlichte Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) aus dem vergangenen Jahr, aus der ersichtlich wird, dass die Jagd auf Kiffer offensichtlich weiterhin eine Priorität bei der ausführenden Gewalt in Deutschland darstellt. Die am 30.03.2023 von Innenministerin Nancy Faeser vorgestellte PKS 2022 zeigte auf, dass von der Polizei im vergangenen Jahr 174.876 konsumnahe Cannabisdelikte verfolgt worden sind, die nicht mit Handel, Schmuggel, dem Anbau in großen Mengen oder anderen schwerer wiegenden Vergehen zu tun hatten.
Alles drei Minuten ein Strafverfahren aufgrund von Cannabiskonsum
Deutlich wird durch die hohe, wenn auch im Vergleich zu Vorjahr um 3,4 Prozent verringerte Anzahl der strafrechtlich verfolgten Cannabisdelikte, dass die Verfahren gegen einfache Konsumenten erneut einen Anteil von über 80 Prozent der Strafverfahren betreffend Cannabis ausmachten. Wie der Deutsche Hanfverband in einer Pressemitteilung kritisiert, werden nur selten Konsumenten von der Bevölkerung angezeigt. So wird offensichtlich, dass die Nutzer des bislang noch verbotenen Krautes in erste Linie aufgrund aktiver Ermittlungsarbeit der Polizei in den Konflikt mit dem Gesetz geraten.
Die Zahl der Strafverfahren zeige in erster Linie damit den weiterhin bestehenden Verfolgungsdruck als die wirkliche Menge des stattfindenden Konsums. Es würden seitens der Polizeibeamten erhebliche Bemühungen angestellt, damit diese marginalen Gesetzesübertretungen, die keine Opfer hinterlassen, teils mit schweren Folgen für die Betroffenen geahndet werden. Somit wird vom DHV aus gutem Grund hart kritisiert, dass die Bundesregierung bislang keinerlei Schritte unternommen hat, die Situation der schon alsbald im künftigen Gesetzesrahmen handelnden Cannabiskonsumenten zu entschärfen.
Auch wenn der Bundesdrogenbeauftragte Burkhard Blienert den Bundesländern bereits nahelegte, dass sie in der Zeit bis zur Legalisierung ihren Spielraum bei der Einstellung der Verfahren maximal ausschöpfen dürften, geschah in diese Richtung überhaupt nichts. Obwohl es zumindest in Niedersachsen als Reaktion darauf im Koalitionsvertrag festgeschrieben wurde, so viele Konsumentenverfahren wie möglich einzustellen, wurde dieses Vorhaben nicht umgesetzt.
Verfolgung von Konsumenten gehört sofort beendet
Gerade da mit Spannung auf den Gesetzesentwurf betreffend der Legalisierung von Cannabis zu Genusszwecken Erwachsener gewartet wird, der bei einer Umsetzung die derzeitige und unmögliche Situation der Konsumenten um 180 Grad verändern würde, sollte es trotz der Aussagen der Bundesregierung spätestens nach der Veröffentlichung der PKS 2022 an der Zeit sein, der Gerechtigkeit einen Weg zu ebnen.
Anstatt, wie von der Ampel geplant, alles in einem großen Abwasch erledigen zu wollen, müssen die Rechte der harmlosen Konsumenten im Vorfeld der Legalisierung jetzt bereits gestärkt und die unsinnige Kifferjagd seitens Polizeibeamten sofort beendet werden. Da im vergangenen Jahr noch 19 Prozent der aufgeflogenen „Verbrechen“ mit Cannabis bei illegalem Handel, Schmuggel und vielleicht auch unerlaubter Produktion zu finden waren, wären dies unter Umständen die Vergehen, auf die sich die ausführende Gewalt vielleicht etwas stärker konzentrieren sollte.
Wenn überhaupt, sind hier schließlich die kriminellen Strukturen aufzufinden, die möglicherweise auch in anderen Gefilden als gefährlich einzustufen wären. Hier hätte die Staatsmacht auch nach der Freigabe von Cannabis zu Genusszwecken mit Sicherheit noch einiges zu tun, anstatt – wie jetzt aktuell mittels der knapp 175.000 aufgeklärten Straftaten aufgrund friedlichen Cannabiskonsums – die eigene Kriminalstatistik mit diesem einfach anzuwendenden Trick zu verschönern.