Die Anfang April erfolgte Legalisierung von Cannabis soll laut Innenminister Reul nicht für Polizistinnen und Polizisten in Nordrhein-Westfalen gelten. Wie viele seiner Parteikollegen stellt sich der CDU-Politiker gegen die überfällige Freigabe und betrachtet mündige Konsumenten von Haschisch und Marihuana gerne abschätzig als „Kiffer“, deren Vorliebe für berauschendes THC weiterhin diskriminiert werden darf. Juristen, die Polizeigewerkschaft und natürlich auch der gesunde Menschenverstand halten solche Forderungen gegen Bürger in Uniform allerdings für kaum realistisch.
Ordnungshüter sollen nicht „vollgedröhnt zum Dienst erscheinen“
Solche Vorstellungen von seiner Polizeitruppe hat wohl nur ein Innenminister, der seinen Beamten kaum über den Weg traut und wegen Cannabis am liebsten einen Spießrutenlauf anordnen möchte. Der CDU-Mann hat ernsthaft Sorge vor einer Polizei, die aufgrund psychoaktiver Cannabinoide „dann mit der Waffe“ durchdrehen und wahllos um sich schießen oder beim Observieren einschlafen.
Typische Stereotype über die Wirkung von Hanf mal wieder, zu dessen angeblicher Verwendung im Polizeidienst es keine Berichte aus Ländern gibt, die wie Kanada oder amerikanische Bundesstaaten bereits viele Jahre Erfahrung mit der Cannabisfreigabe vorweisen können. Innenminister Reul fürchtet sich beim THC vor absurden Klischees, an deren Entstehung seine Partei bekanntlich aktiv mitgewirkt hat!
Um „auf Nummer sicher zu sein“, möchte er Cannabinoide persönlich untersagen und plant offenbar jede Menge harter Disziplinarmaßnahmen. Besonders drastisch klingende Befehle von Herrn Herbert Reul könnten in puncto Hanfprodukte auf der Wache aber genauso wenig durchdringen, wie seine Anstrengungen ins Leere laufen, das eigentlich viel gefährlichere Unwesen von Clans im Failed State NRW zu beenden.
Nachweisbarkeit und THC im Privatleben: Polizeigewerkschaft verweist auf die Rechtslage
Ob der Innenminister seine Anti-Cannabis-Pläne bis ins Private der Beamten durchdrücken wird, hängt laut Gewerkschaft an einer Reihe von Faktoren, die es in einem demokratischen Rechtsstaat normalerweise zu befolgen gibt. Das Problem beginne laut NRW-Gewerkschaftsboss Michael Mertens schon beim Nachweisen der Cannabinoide, schließlich lasse sich vor allem THC wochenlang im Organismus finden, dessen eigentliche Effekte freilich bereits nach wenigen Stunden wieder verflogen sind. Ein Joint im Urlaub, ja selbst nach Dienstschluss als Risiko?
Reul käme höchstens mit einem Drogentest durch, der zwischen Konsum und Nachweisbarkeit auf der einen und akuter psychoaktiver Wirkung auf der anderen Seite klar zu trennen weiß. Solche Analysen gibt es aktuell jedoch nicht mal für den Sheriff in Kalifornien! Ganz so willkürlich wie derzeit noch rund um die unrealistisch niedrigen THC-Grenzwerte im Straßenverkehr wird es außerdem kaum funktionieren, meint die Polizeigewerkschaft von in Nordrhein-Westfalen und verbittet sich für die Ordnungshüter jede anmaßende Kontrolle von deren Privatleben.
Hanf verbieten – Alkohol erlauben?
Auch auf den Konsum von Alkohol verweisen die Gewerkschaftler, den der Herr Innenminister bei Restriktionen von Cannabis dann bitte ebenso verbieten sollte. Bisher werden Beamte bei Dienstbeginn weder getestet noch befragt, wie es vielleicht mit Restalkohol im Blut und der Waffe im Halfter aussieht, aber wie zu erwarten schweigt der CDU-Politiker bei dieser Frage. Private Arbeitgeber schreiben ein Verbot von Schnaps und Bier im Job meistens direkt in den Vertrag mit neuen Mitarbeitern, doch offiziell gültige Gesetze sind nicht vorhanden.
Da bleibt rund um Cannabinoide Raum für sehr willkürliche Entscheidungen, egal ob das für den Polizeidienst in Nordrhein-Westfalen gelten mag oder für Volksfeste in Bayern. Wenn die Kollegen in der Mittagspause die Sektkorken knallen lassen, hat das häufig keine Folgen, wird manchmal sogar befördert, während bei THC gleich Suspendierung und Disziplinarstrafe drohen? Herbert Reul bleibt für seine Hatz auf Hanfkonsumenten in Uniform so wie in autoritären Ländern also lediglich der Durchgriff von ganz oben.
Cannabisverbot wohl nur für bestimmte Berufsgruppen durchsetzbar
Obwohl es den USA und Kanada bereits gegenteilige Urteile vor dem Arbeitsgericht gibt, werden sich die Bundesrepublik und vor allem ein CDU-Innenminister Reul wohl noch eine Menge Zeit lassen mit dem Realismus zu Haschisch und Marihuana. Möglich erscheint das Verbot vom Kiffen bei der Polizei durch eine Gleichstellung mit Berufsgruppen, in denen eine besondere Verantwortung für das Gemeinwohl vonnöten ist. Bei der Bundeswehr, am Steuer vom Bus oder Steuerknüppel einer Boeing sowie für Taxifahrer und Chirurgen hat der Gesetzgeber Alkohol explizit untersagt.
Hier für die Freunde und Helfer nachzuziehen, lässt sich beim Thema Cannabinoide wahrscheinlich leichter juristisch wasserfest festlegen als einfach mal so per Beschluss im Ministerium. Aber dann müsste auch Alkohol verboten sein, wie in den genannten Berufen bereits vorhanden, und man darf gespannt schauen, wie Herbert Reul seine Wut auf Kiffer im Dienst der Polizei kanalisieren kann. Möglich, dass sich Beamte nach der Cannabis-Legalisierung auch mal vor Gericht gegen Bestrafungen wehren und gut, dass immerhin schon mal bei den Gewerkschaften ein Umdenken einsetzt und mehr Druck aufgebaut wird gegen polternde Minister auf dem Kriegspfad.