Einige Zeit ist ins Land gegangen seit der Bundestagswahl und die Parteien ringen um Einigung in so vielen im Wahlkampf debattierten Themen. Die Freigabe von Cannabis spielte in der Öffentlichkeit und den Mainstream-Medien dabei eine eher untergeordnete Rolle und somit ist nicht verwunderlich, dass die Legalisierung auch auf der Themenliste der Sondierungsgespräche nicht gerade weit oben rangiert.
Andererseits wurde doch gerade im Zuge der medizinischen Freigabe in Deutschland und der internationalen Legalisierungswelle allgemein dem Thema zunehmend Beachtung geschenkt und auch in Interviews mit Politikern im Wahlkampf immer mal wieder nachgehakt. Auch der DHV hat mit seiner Führerscheinkampagne und der Cannabis Petition 2017 Druck auf dem Thema aufgebaut und nicht zuletzt haben nun einmal zwei der potenziellen Koalitionsparteien die Hanffreigabe explizit im Programm, somit kommt man dann bei Verhandlungen über eine Zusammenarbeit um dieses Thema nicht herum, und so stand es am Montag im Rahmen der Gesundheitspolitik auf der Tagesordnung der Koalitionäre.
Die Haltung von FDP und Grünen ist uns ja hinlänglich bekannt. Beide Parteien, die sich im übrigen sonst in nur wenigen Punkten einig sind, befürworten die Freigabe und haben dies ja bereits in ihren Parteiprogrammen, wenn auch mit unterschiedlichen Begründungen, dargelegt. Die Grünen sind ja gerade im letzten Sommer bereits mit ihrem Gesetzentwurf zur kontrollierten Abgabe von Cannabis im Bundestag gescheitert und jetzt sagte die stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende Marie-Agnes Strack-Zimmermann vor den Gesprächen der potenziellen Koalitionsparteien, dass die Zeit reif ist für eine Lösung.
Bisher stand die CDU/CSU den Legalisierungsbemühungen anderer Parteien stets im Weg, doch entgegen aller Erwartungen scheint der Bewusstseinswandel nun auch Teile der Union zu erreichen. Mehrere Abgeordnete forderten bereits, dass man sich der Diskussion über Cannabis nicht verschließen dürfe und darüber, ob eine Veränderung der gesetzlichen Situation und einer kontrollierten Abgabe den Jugendschutz nicht vielleicht besser gewährleisten als die bisherige Regelung es getan hat, oder vielmehr nicht getan hat. Man sollte hier die ehrlichste Lösung finden.
Bisher gilt bei den Verhandlungspartnern ein Abgabe-Modell über Apotheken an über 18-Jährige am wahrscheinlichsten, da man auf eine Struktur lizenzierter Vertriebsstellen zugreifen kann. Der Vorsitzende des Deutschen Apothekerverbandes, Fritz Becker, bestätigt, dass die Apothekerschaft grundsätzlich dazu bereit sei. Durch die Apotheken gewährleiste man Sauberkeit der Ware, Beratung und Kundenführung.
Strack-Zimmermann sagt, man müsse das Thema aus dem Kriminalitätsbereich holen und Dealern, die Dreckszeug auf Schulhöfen verkaufen, somit das Wasser abgraben. Dies wäre möglich mittels einer Abgabe einer festgelegten Menge kontrollierter Ware durch die Apotheken an über 18-jährige. Auch der CDU-Politiker ist für eine Klärung, ob eine Legalisierung vielleicht gut für den Jugendschutz sein könnte und zur Eindämmung der Kriminalität im Umfeld der Konsumenten. Da ihm wichtig ist, Cannabis von Schulen fernzuhalten, plädiert er für eine Altersgrenze von 21 Jahren und dem Erhalt der strafrechtlichen Konsequenzen gegen alle nicht legalen Vertriebswege. Auch sollen seiner Meinung nach Abgaben von Cannabis registriert werden und die Menge begrenzt sein.
FDP-Chef Christian Linder hatte bereits nach der Freigabe über ein Apotheken-Modell in Uruguay signalisiert, dass die FDP für eine solche Lösung offen sei.
Die Aussage, dass unsere bisherige, restriktive Drogenpolitik offensichtlich gescheitert ist, vernimmt man mittlerweile schon parteiübergreifend und die Stimmen, die versuchen, die Verbots-Politik zu verteidigen, beispielsweise mit Zahlen aus Colorado, werden leiser, da auch hier unterschiedliche Studienergebnisse vorliegen. Es sieht auf jeden Fall danach aus, als ob die Entkriminalisierung von Hanf, wenn sie auch nicht weit oben auf der Tagesordnung steht, doch mittlerweile offener diskutiert wird als noch vor einigen Jahren, in der Politik und gerade dieser Tage bei den Koalitionsverhandlungen um die nächste deutsche Regierung.
Parallel läuft daneben die Online-Phase der Cannabis Petition des DHV weiter, die die zukünftige Regierung dazu zwingen soll, sich mit dem Thema und den Argumenten, die klar für eine Legalisierung sprechen, auseinanderzusetzen.
An dieser Stelle möchte ich also abermals zur Beteiligung mittels eurer Onlinezeichnung der Petition anregen, da ich glaube, dass wir das schaffen können.
Die Petition war mehrere Tage übrigens schwer oder gar nicht erreichbar, und dies zu Zeitpunkten, an denen publikumswirksame YouTube Videos mit Aufruf zur Beteiligung an der Petition online gegangen sind. Dies hat nach Schätzungen des DHV vielleicht tausende Stimmen gekostet. Der DHV hat sich bereits über die Vorfälle beschwert und eine Verlängerung der Zeichnungsfrist beantragt.
Dennoch bleibt sie die erfolgreichste Petition für die Legalisierung von Cannabis in Deutschland, und es ist schon jetzt Tatsache, dass inklusive der bereits beim DHV vorliegenden Unterschriften auf Papier die für das Quorum notwendige Anzahl von 50.000 Unterschriften erreicht ist. Da aber immer noch im Nachhinein Stimmen wegfallen können, weil sie für ungültig erklärt werden, andererseits auch um noch mehr Gewicht auf die Sache zu legen, heißt es: Immer weiter machen!