Im September 2021 findet die nächste Bundestagswahl statt. Susanne Gruber hat für ihren Hanf und Tier Podcast die einzelnen Parteien für ein Gespräch getroffen, um mit diesen über ihre drogenpolitischen Ziele für die neue Legislaturperiode zu sprechen. Hierbei ist eine spannende Interviewreihe entstanden, die dir hoffentlich bei der Entscheidung etwas Klarheit verschaffen kann.
Hinweis: Natürlich vertreten alle Parteien deutlich umfangreichere Themengebiete als ausschließlich ihre drogenpolitischen Ziele, daher empfehlen wir dir das vollständige Wahlprogramm zu lesen und dich umfangreich zu den Zielen der einzelnen Parteien zu informieren.
Die drogenpolitischen Ziele der CSU
Die Union ist nicht dafür bekannt, eine offene drogenpolitische Debatte zu führen. In den letzten vier Jahren wurden in den wenigen drogenpolitischen Debatten im Bundestag seitens der Union die immer gleichen, aber längst überholten Argumente angebracht. Im Gespräch mit Stephan Pilsinger suchtpolitischer Sprecher der CSU, ist es daher auch nicht verwunderlich, dass dieser sich ganz klar gegen eine kontrollierte Freigabe von Cannabis in Deutschland ausspricht.
Susanne Hanf und Tier Podcast: Hat Ihre Partei drogenpolitische Ziele im neuen Wahlprogramm 2021 aufgenommen?
Stephan Pilsinger: Derzeit befindet sich die Union in der Ausarbeitungsphase des Wahlprogramms. Ein gemeinsames Wahlprogramm für die Bundestagswahl steht noch nicht fest. (Antwort wurde bereits am 28.04.21 erteilt)
Susanne Hanf und Tier Podcast: Setzt Ihre Partei sich für eine kontrollierte Freigabe von Cannabis ein? Wenn ja, wie sehen Ihre konkreten Ziele hierbei aus? Woran scheitert Ihrer Meinung nach die bisherige Umsetzung eines „Cannabiskontrollgesetzes in Deutschland“?
Stephan Pilsinger: Im Gesetzentwurf zum Cannabiskontrollgesetz wurde der wichtige Aspekt der gesundheitlichen Risiken und Langzeitfolgen des Konsums von Cannabis außer Acht gelassen. Dies muss jedoch unser Maßstab sein. Nach Einschätzung der Bundesärztekammer hätte eine Legalisierung von Cannabis eine „Zunahme der Konsumentenzahlen und des medizinischen Behandlungsbedarfs zur Folge“ (Stellungnahme der Bundesärztekammer anlässlich der öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Gesundheit des Deutschen Bundestages am 27.06.2018).
Die Union lehnt deshalb und aufgrund der Folgeschäden durch Cannabiskonsum eine Legalisierung ab. Eine verantwortungsvolle Gesundheits- und Drogenpolitik muss einer Ausweitung riskanter und gesundheitsgefährdender Konsummuster entgegenwirken, weshalb keine zusätzliche Einladung für eine illegale Droge wie Cannabis ausgesprochen werden darf. Aufgrund der gesundheitlichen Folgen, die vom Drogenkonsum und dauerhaften Cannabiskonsum ausgehen, setzen wir auf die präventive Wirkung der Strafandrohung. Damit werden die Verfügbarkeit und Verbreitung von Drogen inklusive Cannabis eingeschränkt.
Susanne Hanf und Tier Podcast: Wie steht Ihre Partei zum „Cannabis als Medizin“ Gesetz? Viele PatientInnen erleben immer noch extreme Schwierigkeiten, Cannabis als Medizin zu erhalten, es fehlt an Ärzten die verschreiben, die Antragsverfahren sind umfangreich und überkompliziert, was gerade für chronisch kranke und auch psychisch Erkrankte oftmals eine weitere Hürde darstellt und immer wieder kommt es zu Lieferengpässen. Sehen Sie hierbei Verbesserungsbedarf? Wenn ja, wie könnte eine Verbesserung aussehen?
Stephan Pilsinger: Der Einsatz von medizinischem Cannabis kann bei entsprechender Indikation durchaus sinnvoll sein. Mit dem Gesetz zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften ist neben der erweiterten Behandlungsmöglichkeit für Patienten auch das anonymisierte Sammeln von Behandlungsdaten und deren Auswertung möglich. So wird im Laufe des Jahres 2022 mit den ersten Ergebnissen der Auswertung eine Nachjustierung möglich sein.
Leider gibt es sowohl bei Ärzten, Patienten und in der Industrie immer wieder Hürden in der Verschreibung, Erstattung und Herstellung von Cannabinoid-Arzneimitteln. Hier besteht in der Patientenversorgung mit Medizinalcannabis weiterhin Optimierungsbedarf, beispielsweise mit einem einheitlichen Rechtsrahmen und einer vereinfachten Verordnungsfähigkeit von Cannabinoiden. Wir müssen jetzt auch über innovative Darreichungsformen von Cannabinoid-Arzneimitteln nachdenken. Der richtige Schritt im Bereich des medizinischen Cannabis ist weg von der Verbrennung hin zu Medikamenten.
Susanne Hanf und Tier Podcast: Seit mehreren Jahren entwickelt sich eine junge innovative Hanfbranche, die regionale Arbeitsplätze schafft. Ob Hanfshop, CBD Shop oder Hanfbauern viele sind aktuell noch der scheinbaren Willkür von Staatsanwälten und Lebensmittelbehörden ausgesetzt. Regelmäßige Razzien sind hierbei keine Seltenheit und sind oftmals existenzbedrohend und rufschädigend für die Gewerbetreibenden. Ist dieses Problem Ihrer Partei bekannt? Wie ist Ihr Standpunkt zur scheinbaren Willkür der Behörden in Bezug auf Razzien und Lebensmittelkontrollen? (Beispiel große Supermarktketten wie z. B. Rewe, DM, Müller vertreiben Hanfblütentees dort finde keine Razzien statt, Hanfbauern und Hanf/CBD Shops vertreiben die gleichen Lebensmittel und erhalten regelmäßig besuch von den Strafverfolgungsbehörden)
Stephan Pilsinger:Darüber ist mir leider nichts bekannt. Derzeit sind gefährliche Entwicklungen auf dem Rauschgiftmarkt zu beobachten, weshalb in dieser Woche das Bundeskriminalamt, das Zollkriminalamt und die Drogenbeauftragte der Bundesregierung vor Cannabisprodukten mit synthetischen Cannabinoiden warnten. Die „Polizei- und Zollbehörden (…) stellen vermehrt Haschisch und Marihuana sowie E-Liquids sicher, die einen geringen THC- oder auch CBD-Gehalt aufweisen, jedoch mit synthetischen Cannabinoiden versetzt wurden“, wie es in einer Pressemitteilung am 28.04.2021 der genannten Akteure heißt. Wichtig ist, dass die äußerst gefährlichen Mischungen mit unkalkulierbarer Wirkung, die sogenannten Neuen psychoaktiven Stoffen (NPS), aus dem Verkehr gezogen werden.
Susanne Hanf und Tier Podcast: Hanf/CBD Unternehmen sind auch bei Zahlungsanbietern mit Problemen konfrontiert. Beispielsweise friert PayPal regelmäßig Konten für 180 Tage ein oder sperrt diese gänzlich. Geld, welches sich auf den Konten befindet, wird dann für die maximal 180 Tage eingefroren. Ist Ihnen dieser Umstand bewusst und welche Möglichkeiten sehen Sie, diese Ungleichbehandlung zu beenden, um Hanfunternehmern einen gleichberechtigten Zugang zur freien Marktwirtschaft zu gewährleisten.
Facebook, Google und Co. hindern Hanfunternehmer daran, sogenannte Ads (Werbung) auf deren Plattformen zu schalten. Sobald Begriffe wie Hanf, Hanfsamen, Hanföl, CBD oder CBD Öl enthalten sind, ist es fast unmöglich, Werbung auf Facebook oder Google zu schalten. Selbst Lebensmittel wie Hanfsamenöl, Hanfmehl oder Hanfprotein werden entweder gar nicht freigeschalten oder nach kurzer Zeit wieder gestoppt. Ist Ihnen dieser Umstand bewusst und welche Möglichkeiten sehen Sie, diese Ungleichbehandlung zu beenden, um Hanfunternehmern einen gleichberechtigten Zugang zur freien Marktwirtschaft zu gewährleisten.
Stephan Pilsinger: Als Gesundheitspolitiker und Arzt kann ich leider wenig über die rechtliche Sichtweise zu den von Ihnen genannten Unternehmen und deren Vorgehensweise sagen. Die allgemeinen Geschäftsbedingungen liegen aufgrund der Vertragsfreiheit im Ermessen des jeweiligen Unternehmens.