Am Donnerstag hat der Deutsche Bundestag erneut über die legale Abgabe von Cannabisprodukten diskutiert. Phil Hackemann, stellvertretender Bundesvorsitzende der Jungen Liberalen, ist die ewigen Debatten leid und meint: Die eigentliche Entscheidung lautet doch, ob wir Cannabis vom kriminellen Dealer um die Ecke oder an kontrollierten Abgabestellen verkaufen lassen möchten.
Seit Jahren diskutieren wir nunmehr darüber, die Millionen unbescholtenen Cannabis-Konsumenten in Deutschland endlich aus dem Schatten der Kriminalität zu holen. So auch letzten Donnerstag im Bundestag. Während FDP, Linke und Grüne sich einig waren, dass es endlich eine kontrollierte Abgabe von Cannabis benötigt, schossen insbesondere Union und AfD vehement dagegen. Und dabei gaben sie sich nicht einmal Mühe, einigermaßen überzeugende Argumente zu liefern. Auf Nachfrage des FDP-Abgeordneten Lukas Köhler gab ein AfD-Redner gar unverhohlen zu, dass man nach seiner Argumentation auch Alkohol und Tabak verbieten müsse; und er das auch begrüßen würde.
Das Argument der „Kulturdrogen“ zieht aber schon lange nicht mehr. Joints und Co. sind schon lange in der Mitte unserer Gesellschaft angekommen: Schätzungen zufolge konsumieren circa 4 Millionen Menschen in Deutschland regelmäßig Cannabis und sogar 13 Millionen haben es bereits mindestens einmal im Leben ausprobiert. Dennoch läuft dieses milliardenschwere Geschäft bisher gänzlich im Verborgenen, völlig ohne staatliche Kontrolle ab. Dass dadurch dem Fiskus jährlich 1,4 Milliarden Euro Mehreinnahmen entgehen, die über eine Konsumsteuer ähnlich wie bei Tabak generiert werden könnten, ist dabei aber das geringste Problem. Denn allein die Strafverfolgung entsprechender Delikte kostet rund eine Milliarde Euro im Jahr – Ressourcen, die angesichts der überlasteten Polizeibehörden anderswo dringend benötigt und viel sinnvoller eingesetzt werden könnten. Das hat auch der Bund Deutscher Kriminalbeamter erkannt und sich daher kürzlich, so wie schon vor mehreren Jahren hunderte deutsche Strafrechtsprofessoren, klar für eine Legalisierung von Cannabis ausgesprochen.
Recht haben sie, denn die jahrzehntelange Politik der Prohibition ist, wie schon beim Alkohol in den Vereinigten Staaten Anfang des 20. Jahrhunderts, gnadenlos gescheitert. Die Kriminalisierung von Konsumenten löst kein Problem, sondern behindert im Gegenteil wirklich wirkungsvolle Programme zur Suchtbekämpfung und zum Gesundheitsschutz. Wir sollten endlich akzeptieren: Gekifft wird sowieso. Nur durch eine kontrollierte Freigabe von Cannabisprodukten für Volljährige an lizenzierten Abgabestellen könnte dabei jedoch der Jugend- und Verbraucherschutz wirksam sichergestellt werden. Das ist wesentlich klüger als die Konsumenten in die unkontrollierte Kriminalität zu zwingen. Während der Dealer um die Ecke sich nicht um die Qualität der Produkte oder die Aufklärung über Gesundheitsgefahren schert, könnten diese in einem staatlich regulierten Umfeld tatsächlich gewährleistet werden. Genauso würde dadurch die Gefahr gebannt, dass der Dealer seine Kundschaft früher oder später auch an die wirklich harten Drogen heranführt.
Diese und andere Argumente wie, dass THC nachweisbar sogar weniger gesundheitsschädlich ist als die legalen „Volksdrogen“ Alkohol und Nikotin, lässt die politisch Zuständigen aber offenbar kalt. So erklärte kürzlich die Bundesdrogenbeauftragte Marlene Mortler, die zuvor schon mit überzeugenden Argumenten wie „Cannabis ist verboten, weil es illegal ist“ geglänzt hatte, sie wolle nicht tatenlos zuschauen, wie Jugendliche ihre Zukunft „verkifften“. Nun, das möchte ich auch nicht. Und niemand fordert im Übrigen, die realen Gesundheitsgefahren von Cannabis zu verharmlosen.
Deshalb muss Cannabis für Minderjährige selbstverständlich auch weiterhin tabu bleiben. Doch wir lösen die Probleme mit Sicherheit nicht dadurch, dass wir schlichtweg wie ein kleines Kind die Augen verschließen und meinen, sie seien damit erledigt. Die Vergangenheit hat uns gelehrt, dass man Drogenkonsum am schlechtesten bekämpft, wenn man ihn einfach verbietet. Durch eine Prohibition verzichtet der Staat auf Kontrolle, er verweigert den Verbraucherschutz und fördert letztlich die organisierte Kriminalität. Stattdessen sollten wir diese gesellschaftliche Realität anerkennen, Cannabis legalisieren und die frei werdenden Ressourcen lieber in Aufklärung und Kontrolle stecken. Das wäre wirklich verantwortungsvolle Politik.
Es bleibt also zu hoffen, dass sich die eigentlich längst bestehende Mehrheit im Bundestag darauf einigen kann, endlich Schritte in die richtige Richtung zu beschließen. Das hängt nun maßgeblich von der SPD ab, die zwar in der Debatte noch für eine Freigabe geworben hatte, durch die Koalition mit der Union aber in einer gewissen Zwangslage steckt. Es bleibt also spannend!