Mit der anstehenden Entkriminalisierung von Cannabis soll sich insbesondere für Konsumenten vieles verbessern. Sie sollen nicht mehr wie Kriminelle behandelt und von Polizei und Staatsanwaltschaft verfolgt werden.
Unabhängig davon, ob man mit allen Details des sehr umfangreichen Gesetzentwurfs einverstanden ist oder nicht, kaum jemand wird bestreiten, dass sich die Lage von Menschen, die Cannabis als Genussmittel verwenden, zum Positiven entwickeln wird, wenn die Reform erfolgreich umgesetzt wird. Zweifel bestehen allerdings hinsichtlich der Situation von Patientinnen und Patienten, die Medizinalcannabis zu therapeutischen Zwecken einsetzen.
Es gibt Grund zu befürchten, das Gesetz könnte diesen Menschen deutlich zum Nachteil gereichen. Der Cannamedical Patientenbeirat nimmt den Kabinettsentwurf daher mit einiger Sorge zur Kenntnis und formuliert Forderungen an die deutsche Bundesregierung, um negative Entwicklungen zu verhindern, die das neue CanG (Cannabisgesetz) zur Folge haben könnte.
Der Patientenbeirat des Kölner Medizinalcannabis Anbieters Cannamedical wurde 2022 gegründet und die Zielsetzung war es von Beginn an, sich mit den Bedürfnissen und Lebensrealitäten von Cannabispatientinnen auseinandersetzt und sich dafür einsetzt, diese zu verbessern.
Als Reaktion auf die aktuelle Fassung des Gesetzentwurfs hat der Patientenbeirat sich im Interesse aller Cannabispatienten auf die folgenden drei Forderungen verständigt, die kürzlich ausformuliert und an die Bundesregierung gerichtet wurden:
1. Patienten und Patientinnen schützen und nicht schlechter stellen
Cannabis-Patienten dürfen nicht mit Genuss-Konsumenten gleichgestellt werden. Chronisch erkrankte Menschen haben ein Recht auf körperliche Unversehrtheit und sind eine besonders schützenswerte Bevölkerungsgruppe. Als solche steht ihnen gesellschaftliche Solidarität zu. Belange von Patienten sollten ausschließlich innerhalb des Cannabis-als-Medizin-Gesetzes, nicht aber in der Legalisierungsdebatte zu Genussmittel-Cannabis behandelt werden. Im CanG werden Patienten mit Genuss-Konsumenten gleichgestellt.
2. Medikamenteneinnahme ermöglichen – Schutzzonen nicht praktikabel
Cannabis-Patienten nehmen mit Medizinalcannabis ein Arzneimittel ein, das sie zur symptomatischen Behandlung von Erkrankungen dringend benötigen. Ein mögliches Verbot, das die Einnahme dieses Medikaments örtlich beschränkt, wie es die Einrichtung sogenannter „Schutzzonen“ vorsieht, existiert für kein anderes Arznei- oder Betäubungsmittel und ist ideologisch geprägt. Keinem Diabetiker wird es verboten, sich eine lebenswichtige Insulinspritze in der Nähe einer Schule zu verabreichen. Besonders kritisch zu beurteilen ist dabei der Aspekt, dass Cannabis im individuellen Fall auch als Notfallmedikament eingesetzt werden kann, insbesondere in der Behandlung von anfallartigen Symptomen. Ein Verbot der Einnahme in bestimmten öffentlichen Bereichen kann somit schwerwiegende negative Auswirkungen auf das Wohlergehen von Patienten haben. Eine solche Regelung darf daher nicht zur Umsetzung kommen.
3. Entstigmatisierung vorantreiben – Kinder schützen und Eltern vertrauen
Ein Verbot der Medizinalcannabis-Einnahme in bestimmten Zonen hat den Zweck, Kinder und Jugendliche zu schützen. Das ist ein Ziel, das grundsätzlich selbstverständlich unterstützenswert ist. In der aktuellen Fassung des CanG besteht jedoch die Gefahr für Eltern, dass ihre Medikamenteneinnahme nicht mehr legal möglich sein kann. In den Regelungen wird der Eindruck erweckt, Kinder von Cannabis-Patientinnen müssten vor ihren Eltern geschützt werden. Es handelt sich bei der Cannabis-Einnahme jedoch um eine medizinische Notwendigkeit, nicht um Freizeitkonsum. Repressionen gegenüber Cannabis-Patientinnen und ihren Familien müssen dringend vermieden werden. Cannabis-Patienten sind verantwortungsvolle Bürger, die teilweise erst durch ihre Medikation wieder am gesellschaftlichen Leben und am Arbeitsmarkt teilnehmen können, Steuern zahlen und keinem einen Schaden zufügen.
Im April dieses Jahres hatte der Cannamedical Patientenbeirat bereits einmal Forderungen an den Berichterstatter für Drogen- und Suchtpolitik der SPD-Bundestagsfraktion, Dirk Heidenblut, übergeben. Diese hatten in der Hauptsache die Verbesserung des Zugangs zu Cannabismedikamenten zum Thema.
Mit den neuen Forderungen des Patientenbeirats soll verhindert werden, dass eine Gesetzesreform, die Genussmittel-Konsumenten mit einem Schlag von Repressalien und Ängsten befreit, für Patienten ein Schlag ins Gesicht wird.