Am 1. April 2024 war es nun also nach einem langen und zähen Gesetzgebungsprozess endlich so weit.
Auch wenn die Gegner der Legalisierungsbewegung es gut und gerne als Irrfahrt einzelner Regierungspolitiker darstellen, so hat das Cannabisgesetz am Freitag, dem 23.02.2024, gegen späten Nachmittag, doch mit beeindruckender Mehrheit von 404 Ja-Stimmen, erfolgreich den Bundestag passiert. Die, durch die Opposition erzwungene öffentliche Wahl der 3. Lesung, hat daran nichts geändert. Einen knappen Monat später konnten Legalisierungsbefürworter erneut aufatmen, denn der Bundesrat verzichtete ebenfalls durch eine Mehrheit in der Abstimmung auf die Anrufung des Vermittlungsausschusses, der die Reform noch hätte ausbremsen oder sogar stoppen können.
Ein historischer Moment für Deutschland, auf den, mit Verlaub, nicht nur ich, sondern die ganze Welt ein Auge hat, denn wer sich das weltpolitische Geschehen rund um Cannabis näher angeschaut hat, der weiß bereits heute: alles nur noch eine Frage der Zeit!
Cannabis ist weltweit auf seinem Weg zurück in die Mitte der Gesellschaft. Demzufolge wird der Konsum von Cannabis in Deutschland bereits jetzt, wenn Du diesen Artikel im Hanf Magazin liest, keine Straftat mehr sein und nicht mehr als klassisches Betäubungsmittel definiert werden. Und auch wenn die Legalisierungsgegner bis kurz vor Schluss dafür alle Hebel in Bewegung setzten, um das Gesetz zu blockieren bzw. mit der Anrufung des Vermittlungsausschusses am 22.03.2024 weitere Verzögerungen oder das Aus des CanG zu erreichen, so steht heute doch fest, dass sie damit nicht erfolgreich waren und nun nach über 50 Jahren endlich von unnötiger und leidvoller Strafverfolgung der Konsumenten abgesehen wird. Weit über 4 Millionen Konsumenten können endlich aufatmen!
Wenn man sich also gemäß CanG seit dem 1. April 2024 fernhält von geschützten Bereichen wie Schulen, Kindergärten, Spielplätzen und Fußgängerzonen, kann sein Tütchen künftig anzünden, wo er will – kein Scherz. Bis zu 25 Gramm Blütenmaterial gelten bald als akzeptable Reisemenge innerhalb Deutschlands, sodass in den jährlichen Ostsee- oder Nordseeurlaub das Lieblingsweed von Zuhause einfach im Koffer mitreisen darf. Wer einen grünen Daumen hat, der kümmert sich gleich selbst um die Aufzucht von maximal drei Pflanzen bei sich Zuhause und legt schon einmal mit dem neu erlaubten Eigenanbau los.
Cannabis Social Clubs nach spanischem Vorbild auch bald in Deutschland?
Wer bereits einmal in Spanien im Urlaub war, hat sich womöglich getraut in einem der zahlreichen Cannabis Social Clubs, eine Mitgliedschaft zu lösen, um dort direkt vor Ort Cannabis konsumieren zu können. Dann weiß er auch, wie wunderschön es sein kann, ein/e Cannabisliebhaber/in zu sein. Auch wenn die Clubs teilweise von außen vollkommen unscheinbar und wenig vertrauenerweckend in ihrer Erscheinung sind, so lässt die spanische Cannabis Social Club Szene deutsche Cannabisliebhaberherzen – meines auf jeden Fall – höher schlagen, denn die angebotene Qualität und Sortenvielfalt kann sich sehen lassen.
Entgegen dem gewöhnlichen Motto „außen hui, innen pfui“ verhält es sich mit den spanischen Cannabis Social Clubs genau umgekehrt. Die Liebe steckt im Detail und vor allem in den Innenräumen der Clubs. Viele Clubs sind atmosphärisch und gemütlich eingerichtet. Es werden verschiedene Snacks und alkoholfreie Getränke angeboten, Gemeinschafts- und Brettspiele sind für die Gäste kostenfrei nutzbar, Bongs & Vapes können oft ausgeliehen werden und leckere Edibles gibt es auch. Als Cannabisliebhaberin habe ich mich selten so angenommen gefühlt wie in Spanien. Eine Klimaanlage sorgt häufig für ein gutes Raumklima. Für mich persönlich ein friedlicher Ort, der zum Verweilen einlädt, wo Konsumenten in geschützten Räumlichkeiten zusammenkommen, sich austauschen können und gemeinsam eine gute Zeit miteinander haben.
Auch wenn der deutsche Gesetzgeber, besser gesagt, das federführende Ministerium für Gesundheit, den gemeinschaftlichen Konsum vor Ort in den Vereinsräumlichkeiten, wie man es aus Spanien kennt, vorläufig vernachlässigt, gibt es vielleicht hier in der Zukunft noch Möglichkeiten für Verbesserung.
Wir benötigen eine starke Cannabiskultur in Deutschland, die sich auszeichnet durch aufgeklärte, verantwortungsbewusste Menschen und ein Produkt, welches den höchsten Standards hinsichtlich Qualität, Reinheit und Natürlichkeit gerecht wird. Das hört sich hochtrabend an und soll einfach heißen: Gutes Weed für alle!
Für den Einen oder Anderen stellt bereits das Überleben des heimischen Kaktusgewächses eine echte Herausforderung dar. Bei dem Gedanken, dass ich selbst Zuhause gutes Weed anbauen kann, musste ich laut lachen und ich bin damit bestimmt nicht alleine. Daher ist die Mitgliedschaft für die meisten von uns, in einem der jetzt zahlreich entstehenden Cannabis Clubs, die fürs Erste leider wenig sozial sein werden, ein absolutes Muss. Man darf trotzdem Zuhause weiter den Eigenanbau üben. Als eingetragene Vereine dürfen je 500 Mitglieder aufgenommen werden. Jedes Mitglied über 21 Jahre darf mit maximal bis zu 50 Gramm THC-haltigem Cannabis pro Monat zu Genusszwecken versorgt werden. (Bist du unter 21 Jahre alt, erhältst du nur bis zu 25 Gramm pro Monat, da dein Gehirn noch wächst und der Gesetzgeber Angst hat, dass du dich dumm kiffst.) Ob 50 Gramm oder 25 Gramm, es ist eine beachtliche Menge, da sind sich wohl alle einig. Die Voraussetzungen für die Mitgliedschaft sind, dass der Wohnsitz seit mindestens 6 Monaten in Deutschland liegen muss – Cannabistourismus ade! – und dass das 18. Lebensjahr bereits vollendet wurde.
Auch wenn es berechtigte Kritik an der Praktikabilität des Gesetzes gibt und Nachbesserungen sicher nötig sein werden, werden viele Cannabis Clubs die gesellschaftliche Verantwortung, die die Politik ihnen nun überträgt, annehmen. So kann ein geschützter Raum geschaffen werden, in welchem sich Menschen sicher fühlen, beraten werden und hochqualitative, geprüfte Ware erhalten können, vollkommen unabhängig davon, ob dann weiterhin wie bisher auch gemütlich nur Zuhause konsumiert werden kann.
Zusammenfassung
Die deutsche Cannabisszene hat seit dem 1. April 2024 allen Grund zu lachen, während sich der König von Bayern, also Markus Söder, durch seine Abneigung gegen Cannabis sogar öffentlich als Feind der Demokratie outet. Und einige Strafverfolgungsbehörden haben nun Angst vor Überstunden, verursacht durch das Aufrollen der Fälle, bei denen nach dem CanG eine Amnestie infrage kommt.
Die leidvolle und ihr Ziel verfehlende Prohibitionspolitik endet, und um es mit den Worten von Jack Herer zu sagen: „Hanf – eine der ältesten Kulturpflanzen der Erde könnte helfen, die Menschen ausreichend mit Kleidung, Papier, Öl, Brennstoff, Nahrung, Baumaterial und viel Medizin zu versorgen“ (Jack Herer, „Die Wiederentdeckung der Nutzpflanze Cannabis Marihuana“, Nachtschattenverlag, 2020) und Cannabis gehört zweifelsfrei wieder in die Mitte unserer Gesellschaft.
Cannabis ist die Antwort auf sehr viele Herausforderungen und Probleme unserer aktuellen Zeit und muss daher, sowohl aus wirtschaftlicher als auch aus gesundheitspolitischer Sicht, zurück in die Legalität und den freien Warenverkehr.
Über die Autorin:
Stefanie Arndt, 35 Jahre alt, geboren in Baden-Württemberg, Cannabispatientin, Cannabisliebhaberin und Enthusiastin, Gründerin von Starnabis, ein Markenverbund für Cannabis Social Clubs und 1. Vorständin des Cannabis Social Clubs Waldshut-Tiengen e. V., 2023