Die Freigabe von Cannabis zu Genusszwecken volljähriger Bewohner Deutschlands ist beschlossene Sache der Bundesregierung. Doch gut Ding will Weile haben und so wissen die Wähler der Ampelkoalition sowie der Opposition noch immer nicht, wie das Vorhaben gestaltet werden soll. Dank Coronapandemie und dem nun leider ausgebrochenen Krieg in der Ukraine hatte man auf Regierungsseite zuletzt auch gute Gründe, die Planung der Cannabis-Legalisierung in die Warteschleife zu verfrachten, da es wichtigere Probleme zu beheben gibt.
Doch ganz verlangsamen wollten verschiedene Akteure die Beendigung der Prohibition auch wieder nicht und üben Druck auf den Gesundheitsminister Karl Lauterbach aus. Lauterbach habe im zweiten Halbjahr 2022 konkrete Gesetzesentwürfe vorzustellen, ansonsten drohten seinem Ministerium Einbußen in Höhe von einer Million Euro, die für Öffentlichkeitsarbeit eingesetzt werden könnten. Doch auch auf anderen Ebenen werden Signale gesendet, die verdeutlichen, dass die Freigabe von Cannabis für Erwachsene ein ernst zu nehmendes Ziel für die Bundesregierung darstellt.
Zweifel fehl am Platz
Auch wenn die Beendigung des Cannabisverbotes im Koalitionsvertrag fest verankert ist und ein Paradigmenwechsel in der Drogenpolitik verkündet wurde, zweifeln viele Menschen weiterhin daran, dass sie die Freigabe von Marihuana tatsächlich noch in dieser Legislaturperiode erleben werden. Da sie die vergangenen Jahrzehnte unter der Prohibition samt unverhältnismäßiger Strafverfolgung litten, bleibt die Skepsis bestehen. Doch schon die Benennung des neuen Drogenbeauftragten der Bundesregierung sollte für mehr Glaubhaftigkeit gesorgt haben. Mit Burkhard Blienert besetzt erstmals ein Fachmann die Position, der nicht aufgrund parteipolitischer Dogmen die Wahrheit ausblendet.
Der einst als drogenpolitischer Sprecher der SPD arbeitende Experte äußerte sich schon früh dahin gehend, dass die bisherige Herangehensweise in der Drogenpolitik gescheitert wäre und andere Wege einzuschlagen seien. Für 2022 sah er den klaren Auftrag, die Richtung diesbezüglich komplett zu ändern. Selbst Branchenverbände, die in der Cannabis-Branche aktiv sind, akzeptierten die Ernennung Blienerts nicht nur, sondern waren höchst erfreut. Hier ist daher das erste Signal zu erkennen, dass die Legalisierung von Cannabis zu Genusszwecken Erwachsener nicht nur ein haltloses Wahlversprechen darstellt.
Aufbauender Druck aus gutem Grund
Das zweite Signal, welches zu erkennen gibt, dass es mit der Legalisierung wirklich vorangehen soll, stellt der bereits zuvor erwähnte Druck seitens Regierungskräften auf den Gesundheitsminister Karl Lauterbach dar. Nur mittels eines vorzeigbaren Cannabiskontrollgesetzes können die Regierenden beweisen, dass sie die gemachten Versprechen wirklich ernst nehmen. Würde dieses Thema weiter langsam vor sich hin köcheln, könnte dies laut Cannabis-Anwalt Kai Friedrich Niermann für die Koalition bei nächsten Wahlen verheerende Folgen haben. Auch der CEO des Cannabis-Gesundheitsunternehmens Bloomwell, Niklas Kouparanis, drängt darauf, dass sich schnell etwas zu bewegen hätte, wolle man die Auswirkungen der Unternehmung noch anhand der damit gemachten Erfahrungen bewerten.
„Wenn die Regierung den Erfolg des Cannabismarktes bewerten will, einschließlich der Beurteilung, ob es angemessene Maßnahmen zur Qualitätskontrolle und zum Jugendschutz gegeben hat, dann ist es höchste Zeit, die Dinge ins Rollen zu bringen“, sagte er gegenüber dem Portal BusinessCann. Auch wenn eine sechsmonatige Verzögerung des Entwurfs aufgrund der Coronavirus-Pandemie, der zusätzlichen Aufgabe, Hunderttausende ukrainische Asylsuchende in das deutsche Sozialversicherungssystem zu integrieren, und der Zusage, verwundete ukrainische Soldaten behandeln zu wollen, relativ vernünftig erscheinen mag, ist es jetzt an der Zeit, die ersten Schritte tatkräftig einzuleiten.
Zehn neue Stellen für die Cannabis-Regulierung
Wie der Deutsche Hanfverband in seinen DHV-Video-News #340 berichtet, wurden während stattfindender Haushaltsberatungen beschlossen, zehn weiteren Personen – für das Vorhaben Cannabis zu legalisieren – eine darauf, geeichte Arbeitsstelle einzurichten. Acht offene Stellen sollen im Bundesgesundheitsministerium ausgeschrieben und zwei neue Arbeitsplätze beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) geschaffen werden.
Somit wird ein drittes und starkes Signal gesendet, dass die Freigabe von Marihuana und Cannabisprodukten in Deutschland mit neuem Elan vorangetrieben wird und man noch vor dem Jahr 2023 mit greifbaren Überlegungen bezüglich der fachgerechten Umsetzung rechnen darf. Sollte hier alles ohne Verzögerungen vonstattengehen, und die Drohung fruchten, auf eine Million Euro für Öffentlichkeitsarbeit verzichten zu müssen, könnte die Vorhersage von Burkhard Blienert, noch bis Herbst den Planungsprozess abgeschlossen zu haben, tatsächlich seitens des Gesundheitsministeriums erfüllt werden.