Mit der Legalisierung von Cannabis in Deutschland hat sich die Bundesregierung eine große Aufgabe vorgenommen und steht dazu vor einigen Hürden. Nicht nur, dass Gesundheitsminister Karl Lauterbach ein wenig zu langsam vorzugehen scheint, auch war ihm offensichtlich nicht bewusst, dass die EU-Kommission erst bei einem vorliegenden Gesetzesentwurf gewisse Entscheidungen fällen kann und nicht über ein eingereichtes Eckpunktepapier.
Lauterbach wollte einen ersten Entwurf erst ausarbeiten, wenn zuvor ein grünes Licht bezüglich des Vorhabens aus Brüssel gesendet worden ist. Nun ist ein wissenschaftliches Gutachten in Auftrag gegeben worden, das mit schlüssigen Argumenten den Weg in die richtige Richtung vorbereiten soll. Da es aber bis jetzt unklar ist, wie die EU reagieren wird, könnte die geplante Freigabe von Cannabis zu Genusszwecken jetzt in Etappen angegangen werden.
Entkriminalisierung für 2023 gefordert
Wie verschiedene Medienportale und Nachrichtenagenturen berichten, macht sich in der SPD die Rechtspolitikerin Carmen Wegge dafür stark, dass Konsumenten von Cannabis noch in diesem Jahr einen Befreiungsschlag erfahren. Man könne während der Ausarbeitung des tatsächlichen Gesetzes den weitreichenden Teil betreffend Anbau und Handel im Gesetzespaket abtrennen. So könne die von ihr geforderte Entkriminalisierung der Konsumenten rasch umgesetzt werden. Besitz und Konsum sollten ihrer Meinung nach noch in diesem Jahr gesetzlich erlaubt sein. Angesichts der europarechtlichen Probleme könne die vollständige Legalisierung von Cannabis auf diese Art in mehreren Schritten vonstattengehen.
„Noch in diesem Jahr muss die Entkriminalisierung kommen“, so Wegge in der Augsburger Allgemeinen. Dort wird auch darüber gesprochen, dass acht Ministerien an der Ausarbeitung des Gesetzesentwurfs unter Hochdruck arbeiten würden und man nach dem jetzigen Stand der Dinge mit einer Vorstellung des Gesetzes bis Ende März rechnen dürfe. Während es noch nicht abzusehen sei, wie viel Zeit für die Klärung der Rechtsfragen bezüglich des Anbaus und Handels benötigt würde, wäre es nicht nötig, aus Brüssel eine Zustimmung für die Straffreiheit der Konsumenten einzuholen. Es wäre eine Option der EU nur einen Teil des Gesetzes vorzulegen, was die Absicht der Entkriminalisierung jedoch nicht verzögern würde.
Auch in Karlsruhe steht Cannabis auf dem Plan
Spannend ist neben den europarechtlichen Fragen der Umstand, dass sich bis zum Frühsommer nun erneut wieder einmal das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe mit diversen Richtervorlagen zu Strafvorschriften im Betäubungsmittelgesetz beschäftigen muss und abzuklären hat, inwieweit das strafbewehrte Cannabisverbot verfassungskonform ist. Bereits drei Amtsgerichte haben Vorlagen eingereicht, die die Meinung vertreten, dass die entsprechenden Vorschriften im BtMG verfassungswidrig wären. Gewisse Paragrafen im Gesetz würden eine Vielzahl von Grundrechten und verfassungsrechtliche Vorgaben verletzen, wenn man sie in Bezug zur Strafverfolgung bei Besitz von Cannabisprodukten setze.
Sollte dies das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe mittlerweile ähnlich anerkennen, würde diese mit Spannung erwartete Entscheidung natürlich den Druck auf die gesamte Politik erhöhen, möglichst schnell zu einer funktionellen Lösung zu kommen. Die Ampelkoalition erhielte dagegen womöglich den nötigen Rückenwind, mit schnelleren Schritten und breiterer Unterstützung den gefassten Plan ein wenig sorgenfreier umsetzen zu können. Wird jedoch die repressive Rechtslage als verfassungskonform gewertet, dürfte dies für viele weitere Diskussionen zwischen den politischen Lagern sorgen.