Im April 2014 haben die Piraten die Drucksache 16/5479 in den Landtag NRW eingebracht. Sie möchten Experten anhören, um den Landtagsabgeordneten nahezubringen, dass ein Verbot von Cannabis nicht nur das Ziel nicht erreicht, den Konsum und mögliche Drogenprobleme zu mindern. Das Cannabisverbot ist eine Problemverstärkung oder für viele das eigentliche Problem. Ein Großteil der Genusskonsumenten hat mit dem Cannabiskonsum keine größeren Probleme und diese wären im Vergleich zu Alkoholtrinkern im Schnitt nicht gravierender oder sogar weniger gravierend.
Hinzu kommt die Zahl der Menschen, die medizinisch profitieren könnten. Georg Wurth vom Deutschen Hanfverband schätzt die Zahl in der erst am 04.02.2015 zwischen ca. 15.30 bis 17.00 Uhr statt gefundenen Anhörung auf wenigstens 800.000 Menschen, von denen jedoch nur wenige Hundert Marihuana aus den Apotheken beziehen und wenige Tausend Fertigarzneiprodukte auf Hanfbasis erhalten. Diese Menschen sind sogar in der Regel unterversorgt, da ihnen das Geld für den Cannabiserwerb fehlt, da die Kassen sich ihrer Pflicht in der Regel noch entziehen.
Die restlichen rund 800.000 Patienten erhalten kein Cannabis oder müssen bei derzeitiger Drogenpolitik auf den Schwarzmarkt zurückgreifen und werden hierbei genau wie Genusskonsumenten vor dem Richter landen, wenn sie dementsprechend auffallen. Man sollte deswegen Cannabis legalisieren.
Anhörung auf Anfrage der Piraten im NRW-Landtag am 04.02.2015
Rückzugstaktik nicht mehr zu übersehen
Der „War on Drugs“ ist nicht nur von Anfang an nicht zu gewinnen gewesen, er bricht zusehens in sich ein. Barak Obama hat jüngst noch einmal mehr Geld für die Drogenbekämpfung bewilligt, obwohl Cannabis in den ersten US-Bundesstaaten legalisiert wurde. Auch in Deutschland zeichnet sich das Bild eines Rückzugskampfes der Prohibitionisten ab, der letztlich weiter finanziert wird. Somit wird zwischen Patienten, Genusskonsumenten, Jugendlichen und Problemkonsum selbst in Kreisen der deutschen Drogenpolitik unterschieden.
Selbst aus Kreisen der SPD und CDU will man den Zugang zu Cannabismedizin einfacher ermöglichen, man will aber noch nicht Cannabis legalisieren. Sogar aus Kreisen der Suchtprävention und Jugendarbeit wird eingeräumt, dass das Cannabisverbot Probleme mit sich bringt. Problemkonsum bleibt länger unerkannt oder von Freunden und Verwandten ungemeldet, wie es beim Alkohol der Fall ist. Mitschüler zeigen mit dem Finger auf trinkende, aber nicht kiffende Mitschüler, da sie nicht gleich die Polizei mit ins Spiel bringen wollen.
Problemkiffer gehen nicht gerne an die Öffentlichkeit oder zum Berater, da sie eben weiter konsumieren oder rückfällig werden und dann nicht vor dem Richter stehen wollen. Lehrer und Erzieher können nicht die Augen schließen, wenn ein Jugendlicher selten und unproblematisch konsumiert oder sich bessern will. Man kann ihnen keine Chance geben und erst dann handeln. Selbst bei einem naheliegend gelegentlichen Konsum muss direkt etwas passieren und handelt der Lehrer oder Erzieher nicht richtig, hat er selbst ein Problem. Besser ist inzwischen, dass nicht mehr direkt die Polizei eingeschaltet werden muss, wenn ein Schüler einen Krümel Hasch hat.
Psychosen und Depressionen
Neue Studien werden erwähnt, die belegen, dass das Psychoserisiko selbst bei einmaligem Konsum unter Jugendlichen langfristig steigt und sich durch den Konsum verdoppelt. Dieses ist das Argument für die heutige Drogenpolitik, nicht Cannabis legalisieren zu wollen. Wenn nur 1 % der Bevölkerung überhaupt die Veranlagung hat und von diesem einen Prozent vielleicht nur 30 % überhaupt mal konsumieren oder regelmäßiger kiffen, steigt das Risiko wieder nur unter diesem einen Prozent um 30 %.
Jetzt stellt sich jedoch die Frage, inwieweit diese genetisch bedingte Risikogruppe aufgrund des Cannabiskonsums Psychosen ausbildet. Denn immerhin wird jede Psychose von Personen, die mal gekifft haben, eben auf diesen Cannabiskonsum zurückgeführt. Könnte man von Cannabis Allergien bekommen, würde vielleicht jede Allergie eines Kiffers auf den Cannabiskonsum zurückgeführt werden. Vielleicht werden Psychosen heute eher erkennt und wahrgenommen oder/und treten durch Umweltvergiftung usw. verstärkt und intensiver auf. Außerdem können Psychosen durch CBD aus CBD-Strains häufig sehr gut behandelt werden. CBD wird aufgrund des Verbots erst jetzt entdeckt und könnte das Problem der Psychosen vielleicht seit Jahrzehnten halbieren!
Außerdem würde es heute weit mehr Kiffer in Behandlung geben und das Problem ist dann natürlich der Drogenkonsum. In der Anhörung wurde erklärt, dass man als Kiffer eben eher zum Psychologen oder Suchtberater gehen kann. Erstens kann man sich eher öffentlich zeigen als noch vor 30 Jahren sowie man vor 30 Jahren schlichtweg heimgeschickt worden wäre. Natürlich kommen auch all die Eltern, Erzieher und Richter dazu, von denen Jugendliche geschickt werden. Aber eben deswegen gibt es derzeit jedes Jahr mehr Kiffer in Behandlung und ob diese Personen auch andere Probleme schon vorher hatten, interessiert nicht.
Es besteht Handlungsbedarf in der Drogenpolitik
Selbst diejenigen, die Cannabis weiterhin als Genussmittel verbieten wollen, sehen in der Anhörung wenig Sinn darin, den Konsum zu bestrafen sowie die Frage so nicht zu beantworten wäre, ob die Cannabis-Legalisierung der Dammbruch wäre, mit dem alle anfangen zu kiffen. Es stellt sich die Frage, ob man denn die Jugend mit legalen Märkten nicht genauso gut oder besser schützen könnte als mit heutiger Drogenpolitik. Die Kontra-Experten wollen jedoch keine genauen Aussagen machen, wie zu verfahren wäre, um den Konsum nicht mehr zu bestrafen, die Qualität zu kontrollieren und die Jugend zu schützen.
Genannt wird das Argument, dass der Schwarzmarkt den legalen Markt einfach unterbieten und sich deswegen nichts ändern wird. Das sehen wir doch beim Glücksspiel, dass es auch illegales Glücksspiel gibt. Jedoch sollte hier doch das Argument folgen, dass es bereits ein großer Erfolg wäre, den Schwarzmarkt zu verringern, wobei man auch dessen Preise unterbieten könnte. Cannabis legalisieren bedeutet eben nicht, alles dem freien Wettbewerb zu überlassen, sondern zu regulieren wie beim Alkohol, Tabak, Glücksspiel oder in anderen Bereichen.
Cannabis legalisieren oder nicht?
Jedes Verbotsargument und vor allem man wolle die Jugend durch Komplettverbote schützen, lässt sich entkräften und um Glaubwürdigkeit zu behalten, wandeln die Drogenkrieger ihren Standpunkt und geben vorwiegend gegenüber Patienten nach. In der heutigen Drogenpolitik will man aber nicht mehrheitlich Cannabis legalisieren, wobei dieses eher Mehrheiten der Politiker und nicht der Wähler sind.
Dennoch ist eine Frage in jeder Drogenpolitik-Diskussion zu vermissen: Selbst wenn Drogen schädlich sind, wäre damit der tiefe Einschnitt durch Verbote in die persönliche Freiheit der Bürger zu rechtfertigen? Sollen sich erwachsene Menschen wie Kleinkinder durch das System in ihrem Privatleben bevormunden lassen, weil sie sich vielleicht selbst schädigen? Wird als Nächstes gefährlicher Extremsport verboten?
Und deswegen ist es kein Verbotsargument, noch keine öffentliche Mehrheit zu finden. Wäre die Mehrheit für die Tötung der Geisteskranken, wäre dieses gewiss keine Rechtfertigung, dieses auch zu machen. Falsch ist und bleibt falsch und falsch war es ab dem ersten Tag und deswegen wäre der War on Drugs selbst dann falsch, hätte er seine Ziele erreicht.
Jetzt geht es den Drogenkriegern noch darum, ihr Gesicht zu wahren und recht gehabt zu haben, auch wenn es nach über 100 Jahren das Ziel nicht erreicht, sondern weit verfehlt hat. Sich jetzt einzuräumen, es wäre schon immer falsch gewesen, ist vermutlich derzeit nicht die richtige Signalwirkung und somit landen wir auch noch in kommenden Jahren gelegentlich mal vor dem Richter, ohne jemandem geschadet zu haben, um uns wie dumm bevormunden zu lassen.