Das Wort Entkriminalisierung hat beinahe schon das Potenzial, in Deutschland zum Unwort des Jahres zu werden. Mit jeder Verschiebung und Enttäuschung wurde der Begriff immer mehr zum Trigger für die frustrierte Community, die seit über zwei Jahren auf eine Legalisierung wartet. Auch wenn die SPD innerhalb der Regierungskoalition der Bremsklotz zu sein scheint, machen auch FDP und Grüne im Prozess keine gute Figur.
Nun wurde mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) eine neue Partei gegründet, die mit dem Beinamen „Vernunft und Gerechtigkeit“ eine pragmatische und faire Politik verspricht. Da ist natürlich interessant, mit welcher Haltung des BSW gegenüber Cannabis die Wähler zu rechnen haben.
Neue Partei, neue Hoffnung für die Community?
Viele Cannabiskonsumenten und Hanffreunde in Deutschland wagen es schon kaum mehr, sich nach Entwicklungen in der Entkriminalisierung von Cannabis als Genussmittel zu erkundigen. Zu groß ist das Risiko, dass das Unterfangen mit Enttäuschung enden könnte. Überhaupt steigt die Angst, dass das Projekt „Legalisierung Light“ der Ampel nicht erfolgreich umgesetzt werden wird, oder die Ampelkoalition bald zerbricht.
Inzwischen hat sich am 8. Januar 2024 die neue Partei „Bündnis Sahra Wagenknecht – Vernunft und Gerechtigkeit“, kurz BSW, gegründet und will bereits bei den in diesem Jahr anstehenden Landtagswahlen und bei den EU-Wahlen antreten.
BSW meldet sich mit Statement von Wagenknecht zu Cannabis
Obwohl die Pressekonferenz mehr als zwei Stunden dauerte und die Journalisten viele Fragen an Sahra Wagenknecht und die weiteren anwesenden Gründungsmitglieder zu stellen wussten, wurden Cannabis und die Legalisierung nicht thematisiert. Angesichts der vielen globalen Krisen und auch der vielen innenpolitischen Herausforderungen ist dies natürlich kein Wunder. Dennoch ist dieses Thema für Millionen Menschen im Land von großer Bedeutung, daher nahmen wir Kontakt auf und baten um eine Stellungnahme von Sahra Wagenknecht, wie sie bzw. das BSW als Partei sich positionieren. Da sie sich so kurz nach der Gründung und der Pressekonferenz vor Anfragen wahrscheinlich kaum retten kann, war es sehr erfreulich, dass wir innerhalb weniger Tage eine Antwort mit dem folgenden Statement von Frau Wagenknecht bekommen haben:
„Ich trete für eine kontrollierte Freigabe von Cannabis an Volljährige ein, da die aktuelle Rechtslage absurd ist und nur der organisierten Kriminalität Vorschub leistet. Es würde auch zur Entlastung von Polizei und Gerichten beitragen, wenn der Besitz oder Anbau geringer Mengen an Cannabis nicht länger strafbar wäre. Gleichzeitig wünsche ich mir eine bessere Aufklärung über die Gesundheitsgefahren, die mit dem Konsum von Cannabis, aber auch Nikotin, Alkohol und anderen Drogen jeweils verbunden sind sowie eine bessere Unterstützung von Menschen, die sich aus Abhängigkeiten befreien wollen. Die Erfahrung hat doch gezeigt, dass man Drogenkonsum mit Kriminalisierung nicht zurückdrängen kann. Man muss die Ursachen bekämpfen, welche Menschen dazu bringen, dass sie Drogen konsumieren. Ich wünsche mir eine Gesellschaft, in der die Menschen bessere Perspektiven haben als sich regelmäßig zuzudröhnen.“
Die vergangenen Monate haben das Vertrauen vieler Menschen in die Politik erschüttert, die Cannabis Community gehört hier ohne Zweifel dazu. Wer würde bei den nächsten Wahlen wohl der gleichen Partei seine Stimme geben wie bei der letzten Bundestagswahl? Aber das allgemeine Misstrauen allen Politikern gegenüber ist gewachsen und schlägt dementsprechend auch allen Parteien entgegen, neu oder etabliert. Selbstverständlich ist es erfreulich, wenn eine neue Partei zu einer liberalen Cannabispolitik tendiert.
Wie wir nun erleben, liegt jedoch ein Unterschied zwischen einer positiven Einstellung und einem aktiven Engagement für die Sache. In den nächsten Wochen wird das BSW ein Programm ausarbeiten. Dieses könnte schon einmal etwas Aufschluss darüber geben, welche Bedeutung das Bündnis dem Thema Legalisierung beimisst. Letztlich wird man es aber an den Taten messen. Dies lernen wir gerade an jedem Tag des Schweigens und der Verzögerung der Entkriminalisierung.
Fotocredit: @Trialon Berlin