Die Pläne der Ampelkoalition, Cannabis für die Genusszwecke Erwachsener zu legalisieren, haben die Diskussion über die richtige Herangehensweise an das Ziel medial extrem verstärkt. Nahezu jede bekannte Publikation widmete sich in den vergangenen Wochen dem Thema und alle Aussagen politischer Akteure werden einmal pro oder einmal kontra wiedergegeben.
Während sich Freunde der Hanfpflanze erfreut über den gradlinig ausgesprochenen Weg der neuen Bundesregierung zeigen und die beschriebenen Vorteile der Legalisierung gut nachvollziehen können, sehen Gegner der Freigabe bereits den Untergang des Abendlandes voraus. Selbst die Wahl des neuen Bundesdrogenbeauftragten, der sich seit Jahren für eine Beendigung der Prohibition einsetzt und als Experte gilt, lässt Politiker der vergangenen Regierung rot sehen. Dass auf dieser Seite Kompetenz und Sachverstand weit weniger wertgeschätzt werden als die reine Parteizugehörigkeit, lässt sich daran feststellen, dass die zuvor das Amt ausfüllenden Personen trotz ihrer anerkannten Inkompetenz dort offensichtlich lieber gesehen wurden.
Die CDU-Familienpolitikerin Mareike Wulf sieht in der neuen Besetzung ein „verheerendes Signal für das Amt“ und meint, man hätte seitens der Ampelparteien nun einen „Bock zum Gärtner“ gemacht. Der neue Drogenbeauftragte Burkhard Blienert stünde aufgrund seiner Einstellung bezüglich der Hanffreigabe einzig für eine Ausweitung des Drogenkonsums.
Legalisierungsfrage: eine Art Generationenkonflikt
Ganz anders scheint das der Geschäftsführer der Arbeiterwohlfahrt im Kreis Ennepe Ruhr zu sehen. Der 65-jährige Jochen Winter befürwortet die Legalisierung von Cannabis. Sowohl als Genussmittel als auch in der Medizin sei das berauschend wirkende Pflanzenprodukt im Alltag angekommen. Laut Winter habe das Verbot bislang nichts erreichen oder verbessern können. In vielen Haushalten wäre der Einsatz des Rauschmittels einfache Lebensrealität. Es sei auch bloß ein altes Vorurteil, dass nur Jugendliche Cannabis konsumieren würden, schließlich gebrauchten auch Erwachsene das Rauschmittel. Wobei es nicht zähle, ob es zum Genuss oder aus medizinischen Gründen eingesetzt würde.
Für ihn stellen die verhärteten Fronten auf der Seite der Legalisierungsgegner eine Form von Generationenkonflikt dar, da Cannabis lange Zeit als Tabuthema galt. Dies müsse sich ändern. Der seit 30 Jahren für die AWO Ennepe Ruhr als Geschäftsführer tätige Winter weiß dabei im Gegensatz zu vielen der nun nur wütenden Legalisierungsgegner aus Politik und Medien, wovon er spricht.
In den Achtzigerjahren war er als Drogenberater beschäftigt und auch die Arbeiterwohlfahrt, die als einer der großen Arbeitgeber der Bundesrepublik Deutschland gilt, bietet für betroffene Personen eine vielschichtige Sucht- und Drogenberatung an. Aus diesem Grund sollte es auch etwas mehr Bedeutung haben, wenn der Geschäftsführer mit seiner befürwortenden Meinung nicht alleine steht. Jochen Winter soll die Unterstützung seiner Kollegen in dieser Frage haben. Es heißt, dass die gesamte AWO Nordrhein-Westfalen hinter der Legalisierung von Cannabis steht. Somit müsste die AWO die Wahl des neuen Bundesdrogenbeauftragten eigentlich nur begrüßen können.
Der erst 42-jährigen Mareike Wulf von der CDU könnte hingegen empfohlen werden, einmal über diese Tatsache ein wenig tiefer gehend nachzudenken. Vielleicht gelingt es ihr dabei, den beschriebenen Generationenkonflikt zu überwinden und den auf positive Veränderung setzenden Burkhard Blienert mit anderen Schafaugen zu sehen.