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Hanf ist ein Rohstoff, der in den vergangenen Jahren viel Aufmerksamkeit bekommen hat. Faserverstärkte Kunststoffe oder Baumaterialien sind nur zwei Anwendungsgebiete der lange verbotenen Pflanze. Hanf ist vielseitig nutzbar und klimafreundlich. Auch in Deutschland wächst Hanf in einigen Regionen wieder auf dem Feld.
Bereits 450 Jahre vor Christus berichtete der griechische Gelehrte Herodot von der Vielnutzbarkeit der Pflanze. In Deutschland lassen sich die ersten Funde von Hanfstoffen auf das Jahr 500 vor Christus datieren. In den Jahren 1982 bis 1995 war der Anbau auch für die Landwirtschaft in Deutschland komplett verboten. Seitdem erlebt der Nutzhanf, auch als Cannabis Sativa bekannt, einen stockenden, aber doch sichtbaren Aufschwung. Auch der Trend hin zu nachwachsenden Rohstoffen unterstützt diesen.
Heute gibt es ungefähr 30.000 verschiedene Produkte, die sich aus den Fasern und vor allem aus dem Öl der Samen herstellen lassen. Die moderne Chemie hat in den vergangenen 20 Jahren unzählige neue Anwendungen erarbeitet, jedoch werden nur die wenigsten von ihnen durchgesetzt. Grund ist der hohe Weltmarktpreis der Ausgangsrohstoffe. Vorerst arbeiten vor allem Autofirmen wie BMW oder Lotus Elise, mit Hanffaser verstärkte Kunststoffe in ihre Autos ein.
Der hohe Preis für den Rohstoff Hanf ergibt sich aus verschiedenen Faktoren. Kunststoffe wie Nylon oder Glasfaser haben in vielen Bereichen die Funktion der Hanffaser übernommen. Kunststoffe lassen sich aufgrund des niedrigen Ölpreises, im Vergleich zu Naturfasern, günstig herstellen. Doch es gibt noch andere Gründe: Durch das lange Verbot von Hanf haben die Landwirte in Deutschland viel Erfahrung mit dem Anbau, dazu gab es lange Zeit keine richtigen Erntemaschinen, mit denen die stabilen Pflanzen effizient geerntet werden könnten. Erst seit wenigen Jahren steigt hierfür das Interesse der Industrie.
Nicht jede Faser ist gleich
Es lassen sich jedoch nicht alle Fasern gleich verwenden. Durch mehrere Produktionsschritte entstehen aus dem Stängel der Pflanze vliesfähige-, Kurz- und Superkurzfasern sowie Hanfschäben. Die Fasern unterscheiden sich durch ihre Länge und daher in ihrer Nutzbarkeit, enorm voneinander: Die vliesfähigen Fasern haben eine Länge von bis zu 55 Millimetern und lassen sich für Stoffe, Vliese und eben zur Verstärkung von Kunststoffen nutzen. Die Hanfvliese finden aufgrund der guten Dämmeigenschaften heute schon vermehrt Anwendung in der Bauindustrie, sei es als Trittschalldämmung oder schlichtweg zur ökologischen Wärmedämmung.
Die Kurz- und Superkurzfasern werden unter anderem als Armierungsfasern in Polymeren (Kunst-/Naturharze) verwendet und verleihen diesen dadurch andere Eigenschaften, wodurch sich neue Anwendungsgebiete ergeben. Die Hanffaser steht der Glasfaser in ihrer Festigkeit in nichts nach und ist dazu noch schnell nachwachsend. Auch Polyethylene lassen sich mit den Naturfasern verstärken und machen diese dadurch stabiler. Dazu sind sie durch den Anteil an nachwachsenden Rohstoffen weniger von den steigenden Rohölpreisen betroffen und speichern CO₂, was der Klimabilanz zugutekommt. In den USA ist diese Methode verbreiteter als in Europa, es werden dort jährliche Umsätze von rund 800 Millionen US-Dollar erzielt. Jack Herer bezeichnet Hanf in seinem Buch „Die Wiederentdeckung der Nutzpflanze Hanf“ sogar als „die profitabelste Nutzpflanze, die man sich wünschen kann“. Aber diese Aussage ist in etwa so seriös, als ob Mr Marlboro sagen würde „Rauchen ist gesund“…
Aus der Zellulose der Kurzfasern wird auch das robuste Hanfpapier hergestellt, welches heute vorzugsweise in Zigarettenpapieren verwendet wird. Bis 1845 spielte die Hanffaser in der weltweiten Papierherstellung eine Hauptrolle. Von da an wurde Papier zu immer größer werdenden Teilen aus Holz hergestellt, einem Rohstoff, der in Hülle und Fülle zur Verfügung stand und viel billiger war. Obwohl Hanf mehr Zellulose enthält, hat sich Holz bis heute als der Rohstoff für Papier durchgesetzt.
Eine Pflanze ohne Abfall
Die Reste der Stängel, auch als Schäben bezeichnet, werden als hochwertiges Tiereinstreu genutzt. Sie sind ca. 200 Prozent saugfähiger als Holzspäne und lösen keinerlei Allergien aus. Im Baugewerbe finden die Schäben ihren Platz als ökologischen Schüttdämmstoff.
Nach den Langfasern sind die Samen der wertvollste Teil der Pflanzen. Aus ihnen wird unter anderem ein Speiseöl gewonnen, welches nach Nuss schmeckt, acht essenzielle Aminosäuren enthält und zudem reich an Vitamin B und E ist. Aus dem Öl lässt sich aber auch ein natürlicher Kunststoff herstellen, der extrem stabil und beständig ist.
Die Henry-Ford Verschwörung
Bereits 1941 baute Henry Ford anscheinend ein Auto, das größtenteils aus Hanf-Plastik bestand. Davon gibt es auch ein tolles Video, das Auto wird in diesem Video mit einem Vorschlaghammer bearbeitet und hält sich echt gut!
Das doofe ist nur: Das Auto aus dem Video ist Henry Fords Privatwagen und hat leider nichts mit Hanf zu tun. Auch das berühmte „Hemp-Car“ bzw. „Hanf-Auto“ gibt es nicht! Es gab zwar ein Modell, welches zum größten Teil aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt wurde… Der Hauptbestandteil ist hier aber Soja. Mit Hanf wurden in diesem Auto wohl nur die Sitze bezogen.
Die Vorteile von Hanf sprechen trotzdem für sich: Auf Herbizideinsatz kann aufgrund der schnellen Bodenbeschattung größtenteils verzichtet werden, Pestizide werden aber ganz normal eingesetzt. Die heutigen Nutzhanfsorten wachsen extrem schnell in die Höhe und benötigen trotzdem nur um die 100–130 Kilogramm Kunstdünger je Hektar (Zum Vergleich: Getreide braucht 180–210 Kg/Ha, je nach Boden). In einem Jahr lassen sich auf einem Hektar ungefähr 3,5 Tonnen Zellulose und bis zu drei Tonnen Fasern ernten (Vergleich Baumwolle: 2,5-3 Tonnen Rohbaumwolle/ha). Dazu bindet die Pflanze enorme Mengen klimaschädliches CO2 und bindet dieses meist auf lange Zeit. Somit trägt die Pflanze auch ein wenig zum Erreichen der deutschen Klimaziele bei, die unsere „Regierung“ ohnehin aufgegeben hat.
Sorten
Die EU hat bis heute über 50 Hanfsorten für den Anbau in Europa zugelassen. Wichtig für die Zulassung ist, dass der THC-Grenzwert von 0,2 Prozent nicht überschritten wird. Die Sorten unterscheiden sich beispielsweise in der Erntezeit, der Wuchshöhe oder dem Ertrag an Rohfasern.
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