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Viele kennen bereits Textilgewebe, welches aus Faserhanf hergestellt wird – und sind noch nicht richtig überzeugt. Viele Befürworter der Hanfpflanze erklären, dass Hanffasern robuster sind und weitere Vorteile im Vergleich zur Baumwolle mitbringen. Dieser Gedanke war dann ausschlaggebend, um Textilien aus Hanfgewebe zu erstehen.
Die erworbenen Hosen bestehen sogar zu 100 % aus Faserhanf, einige Shirts, Pullis oder auch die schwere See Shepherd Jacke bestehen noch zu 55 % aus Hanffasern, Rest Baumwolle. Dass dieses Textilgewebe robuster als Baumwolle ist, kann nach einem längeren Tragen abgestritten werden.
Die richtige Verarbeitung entscheidet
Es wurden jedoch Gelegenheiten genutzt, um fachkundige Personen zu befragen: „Wenn die Hanffasern robuster sind, warum ist die Hose nach der gleichen Zeit durch, warum halten die Sachen nicht länger?“ Die Antworten lauten immer: „Wir haben noch nicht die Maschinen, um die Fasern richtig zu verarbeiten.“ sowie „Für die Textilgewinnung muss auch die richtige Faserhanfsorte angebaut werden, um gute Fasern zu erhalten. Wir haben Probleme, bei der Saatgutbeschaffung.“
Das Fazit vorweggenommen: Es ist nicht ganz so einfach, dass ein Feld mit Faserhanf bestellt wird und man nach der Ernte unverwüstliche Hosen anfertigen kann. Ursula Mock von Hanfliebe erklärt, dass Textilgewebe aus reinem Faserhanf so weich wie Seide sein kann. Je mehr Kraft und Arbeit in die Fasern bei der Verarbeitung investiert wird, umso weicher können sie werden. Weiterhin haben die am besten geeigneten Faserhanfpflanzen immer auch einige Prozent THC in den Blüten. Cannabis bildet dieses potente Cannabinoid immerhin nicht grundlos, auch die Hanffasern profitieren und werden hochwertiger.
Genau diese Kraft und vor allem Arbeitszeit wird kein normaler Kunde bezahlen sowie auch erst die richtigen Fasern vorliegen müssen. Neben diesen braucht es also die richtigen Maschinen. Es könnten natürlich einstige Arbeitsgeräte nachgebaut werden, die jedoch völlig veraltet sind, sowie kaum jemand die Arbeit freiwillig machen würde. Die Industrialisierung in Britannien sprang immerhin auf die Baumwolle auf, da diese sich viel leichter in den eigens entwickelten Maschinen verarbeiten ließ. Und genau diese Entwicklungsarbeit für Maschinen zur wirtschaftlichen Verarbeitung von Faserhanf zum Textilgewebe fehlt noch. Bislang ist ein Großteil der Hanftextilien nicht hochwertiger als Baumwolle, oder sogar rau und kratzig. Es liegt also an uns, dennoch Hanftextilien zu kaufen, um die Bewegung voranzutreiben.
Die Verarbeitung von Faserhanf zu Fasern
Bevor aus den Hanffasern ein grobes oder feines Garn für Seile oder Textilgewebe gesponnen werden kann, müssen genau diese Hanffasern erst einmal gewonnen werden. Der geeignete Faserhanf kann einige Meter hoch werden und hat derart widerspenstige Fasern, dass ein normales Mähwerk für Wiesen direkt kaputtgehen würde. Es braucht allein zum Abtrennen der Pflanzen bereits sehr robuste Geräte. Die Pflanzen liegen auf den Feldern und können hier auch mehrere Wochen liegen bleiben. Bei dieser Tauröste sind die Pflanzen der Feuchtigkeit ausgesetzt, es bilden sich Bakterien und zersetzen die Pektine, die ein Pflanzenleim sind. Dadurch können später die Fasern vom sogenannten Bast gelöst werden.
Bei der Wasserröste wird der geerntete Faserhanf in offene Gewässer oder spezielle Wassergruben geworfen. „Röste“ geht als Begriff nicht vom „Rösten“ wie bei Kaffeebohnen zurück. Es bedeutete einst eher „verrotten“ und ist als Begriff über Dauer erhalten geblieben. Neben Faserhanf können mit der Röste auch von Flachs oder Jute die Fasern gelöst werden. Es gibt inzwischen selbst die chemische Röste, mit der jedoch die Faserqualität leidet. Die Fasern können auch durch Ultraschall oder einem Dampfdruckaufschluss gewonnen werden. Dennoch ist derzeit die Feldröste oder Wasserröste gängig. Die Warmwasserröste dauert Tage, die Kaltwasserröste Wochen und bei der Feldröste kann übermäßiger Regen sogar die Ernte vernichten.
Wenn die Röste abgeschlossen ist, wurde lediglich der Pflanzenleim zersetzt. Die Fasern hängen noch an den Schäben, die Stängel sind noch fest. Der Stängel ist hohl, dann bilden die Schäben eine Schicht und diese wird durch die Hanffasern durchsetzt oder umschlossen. Der Pflanzenleim würde ein Brechen der Stängel und damit Lösen der Hanffasern verhindern. Aber auch nach der Röste, besteht derzeit noch das Problem, dass es entweder sehr arbeitsintensiv ist oder aber passende Maschinen benötigt werden. Ob ohnehin, nach diesem Arbeitsschritt hat man lediglich sehr grobe Hanffasern und die Schäben gewonnen. Letztere eignen sich als Tierstreu, Brennmaterial oder Baumaterial.
Würde man vor der Röste das Blattgrün entfernen oder den obersten Teil vom Faserhanf getrennt ernten, hätte man noch Viehfutter. Beim dicht gepflanzten Faserhanf befinden sich vor der Ernte nur noch im oberen Bereich intakte Blätter und auch die versamten Blütenstände. Der Faserhanf wird immerhin sehr dicht gesät, damit die Pflanzen viele lange Stängel mit hochwertigen Fasern bilden. Für die Saatgewinnung würde der Landwirt weniger dicht säen. Ein getrenntes Ernten von dem oberen Bereich wird bei der Hanfernte in einigen Betrieben bereits vorgenommen, auch um weniger Hanfstängel in der Maschine zu haben.
Verarbeitung der Fasern zu Textilgewebe
Wer einmal die groben Fasern gesehen hat, die nach dem Brechen der Hanfstängel gewonnen werden, der wird sich fragen, wie er denn aus diesen ein feines Garn spinnen soll, um seidenweiches Textilgewebe zu erzeugen. Die rauen Fasern taugen in dem Zustand wirklich nur für dicke Schiffstaue, für die einst sehr viel Faserhanf angebaut wurde.
Die Hanffasern müssen also erst einmal vorbereitet werden. Hier kommt die Aussage von Ursula Mock zum Tragen, dass die Fasern mit mehr Arbeitskraft immer feiner werden. Die Fasern werden gewiss nicht allein gereinigt, sondern auch gekämmt und sortiert. Wenn aus Fasern wirklich ein feines Garn gesponnen wird, dann müssen die Ausgangsfasern neben der Feinheit auch eine gewisse Länge mitbringen. Dieses Sortieren der Fasern wird damit ein wichtiger und notwendiger Schritt sein, um verschiedene Qualitäten Hanfgarn zu erzeugen. Für die beste Qualität werden die Faserhanfpflanzen in einigen Anbauregionen noch heute von Hand geerntet, da sie mit der Maschinenernte Schaden nehmen und die Stiele und damit die Fasern gestückelt werden.
Rau und kratzig
Viele Hanfliebhaber bemängeln die Hanffasern zurecht als rau und kratzig, da ihre Hanftextilien nicht mit hochwertigem Hanfgarn angefertigt wurden. Wenn nicht die Klasse, sondern Masse entscheidet, dann ist ein grober und schwerer Stoff deutlich günstiger, er hält jedoch nicht ganz so lange und kratzt auf der Haut. Mit der richtigen Verarbeitung ist Textilgewebe aus den richtigen Faserhanfsorten jedoch viel reißfester und nässebeständiger, als Baumwolle. Zugleich ist es ein Naturprodukt und hat antibakterielle Eigenschaften. Wer viel schwitzt und damit schnell riecht, der soll einmal die Hanfgarderobe probieren. Die Bakterien, die den Schweiß verarbeiten und damit Geruch erzeugen, entstehen nicht. Das Textilgewebe aus Faserhanf ist außerdem sehr angenehm zu tragen und damit auch für sehr empfindliche Personen geeignet. Vorausgesetzt natürlich, dass es sich bereits um hochwertiges Textilgewebe handelt und nicht um einen „grobmaschigen Faserhanfsack“.
Schlussbemerkung
Wir können jetzt alle losgehen und Hanftextilien kaufen, damit unser Geld den Anbau von Faserhanf und die Entwicklung notwendiger Verarbeitungsmaschinen beflügelt. Vielen fehlt jedoch das nötige Geld, andere können sich mit den Schnitten und Farben derzeitiger Hanftextilien nicht anfreunden.
Es muss sich keiner komplett umstellen, um den Faserhanf auf die Felder und feines Textilgewebe aus Hanf in die Modeboutiquen zu bringen. Kauft jeder sich ein paar Stücke für seine Garderobe, so hilft auch das bereits. Langfristig wird die Hanffaser jedoch die Baumwolle zu einem großen Teil ersetzen, da intensiv angebaute Baumwolle als Pflanze eine Umweltkatastrophe ist. Baumwolle benötigt sehr viel Wasser, Dünger und Ackergifte, damit gute Ernten möglich sind. Beim Anbau von Bio-Baumwolle in Monokulturen ist mit sehr großen Ertragseinbußen zu rechnen. Baumwolle war zum Zeitpunkt der in Britannien beginnenden Industrialisierung leichter zu verarbeiten. Land und Landarbeiter hatte das Empire in seinen Kolonien zur Genüge.
In der heutigen Zeit gibt es noch immer genügend Landarbeiter, das Land und auch viele Ressourcen werden hingegen knapp. Mit dem Faserhanf kann mit weniger Ressourcenaufwand auf gleicher Fläche viel mehr verwertbare Biomasse als mit Baumwolle erzeugt werden. Reduziert man die Ernte auf die Textilfasern, dann liegt auch hier der Faserhanf weit vorn. Der Ertrag liegt bei Baumwolle zwischen knappen 1000 bis 2000 Kilo pro ha. Beim Faserhanf sind es über 1000 bis über 4000 Kilogramm Textilfasern pro ha. Mit ausgereifteren Faserhanfsorten, Anbaumethoden und Maschinen ließe sich das möglicherweise noch verdoppeln. In jedem Fall würde der Anbau von Faserhanf die Umwelt erheblich weniger als der Baumwollanbau belasten.