Hanf erlebt eine Renaissance in der Landwirtschaft. Nutzhanf wird für immer mehr unterschiedliche Produkte genutzt und auch in der Mode- und Textilindustrie setzen Hersteller häufiger auf den nachwachsenden Rohstoff. Dabei ist Hanf insgesamt äußerst vielseitig und praktisch, da er leicht anzubauen ist und eine Menge nützlicher Eigenschaften besitzt. Er speichert viel CO₂ in den Wurzeln, reinigt den Boden von Schwermetallen und neben den Pflanzenteilen können auch die Samen der Pflanze beispielsweise in Nahrungsmittelherstellung verwendet werden.
Durch die Widerstandsfähigkeit der Hanffasern sind auch daraus hergestellte Kleidungsstücke insgesamt nachhaltiger als Produkte aus Baumwolle. So kommt es, dass selbst Unternehmen wie Under Armour oder Adidas auf Hanf setzen und den Naturaspekt in den Vordergrund zu rücken versuchen. Doch ein aktueller Report der Organisation Textile Exchange macht darauf aufmerksam, dass trotz eines „Wendepunktes“ betreffend der Produktion von Hanftextilien nicht das versprochene Potenzial für Nachhaltigkeit erreicht werden würde, achte man nicht darauf, wie die Pflanzen genau angebaut werden. Betreibe man hier konventionelle Landwirtschaft, verliere man die Vorteile der Nachhaltigkeit auch beim Hanfanbau.
Hanfanbau für die Zukunft
Der Report „Growing Hemp for the Future“ der Organisation Textile Exchange, einer globalen gemeinnützigen Organisation, die sich mit dem Klimawandel in der Textil- und Bekleidungsindustrie beschäftigt, warnt vor den Folgen, wenn Hanf unter bekannten landwirtschaftlichen Bedingungen angebaut wird. Es könnten die gleichen negativen Auswirkungen für Menschen und Natur entstehen, nutze man Praktiken, die heute in der konventionellen Landwirtschaft üblich sind.
Es wird zwar betont, dass es sich um ein Material mit großem Nachhaltigkeitspotenzial handle, und die Industrie hätte die Möglichkeit, ihr Produktionssystem von Beginn an neu zu gestalten, doch dies müsse jetzt geschehen, um existente Fehler zu vermeiden. Produzenten, NGOs und auch die Verbraucher müssten die gesamte Produktionskette in Betracht ziehen, einschließlich Anbau, Verarbeitung und Verwendung, um das volle Nachhaltigkeitspotenzial von Hanf ausschöpfen zu können. Da es derzeit nur wenige herkömmliche Pestizide gibt, die aktuell für den Hanfanbau zugelassen sind, betonten die Autoren des Reports, dass nachhaltige Praktiken beim Hanfanbau „von Grund auf“ entwickelt gehören.
Den Klimawandel beobachten
Ebenfalls wären spezielle Anleitungen erforderlich, welche die Kohlenstoffbindung im Boden in der Wertschöpfungskette von Hanftextilien berücksichtigen, um die Auswirkungen auf den Klimawandel analysieren zu können. Ansonsten drohten Gefahren des „Greenwashings“ bei der Herstellung von Kleidungsstücken aus Hanf. Insgesamt liege die weltweite Produktion von Faserhanf derzeit auf demselben Niveau wie 1961, aber die genutzten Felder benötigten viel weniger Land und wären viel effizienter. Dies führe zu höheren Erträgen, wie aus den Statistiken der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen hervorgehe.
Zwar wären die Nachhaltigkeitsmerkmale von Hanf in der Öffentlichkeit bekannt, doch wenn Hanf dem gewöhnlichen Anbauprofil folgen würde und Risiken für Luft und Wasser mit sich brächte, könnten umweltbewusste Verbraucher „einfach weiterziehen und nach der nächsten Innovation suchen, die sich skalieren lässt“, so die Autoren. Sie empfehlen daher, dass Regierungen die Erforschung von natürlichen, organischen und regenerativen Anbaupraktiken für Hanf fördern, damit stärker auf die Bodenregeneration, die Vermeidung von gefährlichen Pestiziden und Düngemitteln geachtet sowie eine verbesserte Wasserqualität und dessen Nutzung gewährt werden könne.
Hanfklamotten reichen nicht aus
Der Anbau, die Beschaffung und auch das Tragen von Hanf würden allein keine Lösungen für bestehende Probleme bieten, heißt es in dem Report. Konzentriert hat man sich bei der Untersuchung diesbezüglich mit der gesamten Produktionskette, einschließlich der Rolle der Landwirte, Produzenten, NGOs und der Verbraucher. Der Hanffasersektor hätte aber das Potenzial, nützliche Produktionsverfahren zu entwickeln, die am Ende im Einklang mit der Natur arbeiten und somit messbare Vorteile mit sich brächten. Bislang seien biologische Pestizide die wichtigsten Pestizide, die Regierungen für den Einsatz auf Faserhanf zugelassen haben, doch es droht die Gefahr, dass die Verfügbarkeit und der Einsatz synthetischer Pestizide auf Faserhanf wahrscheinlich zunehmen werden.
Man könne nicht davon ausgehen, dass die Industrie die entsprechenden Vorkehrungen treffen werde, um die „potenziellen Auswirkungen der landwirtschaftlichen Betriebsmittel zu ermitteln, zu verhindern oder zu minimieren und nachteilige Folgen zu mildern“, warnen die Autoren. Sie fordern daher unter anderem eine Einsicht in öffentliche Daten, die Nachhaltigkeitsaussagen unterstützen und Produktionsregionen und -mengen von Faserhanf aufzeigen. Auch sollte die globale Produktion von Faserhanf jährlich dokumentiert, veröffentlicht und nach Ländern, Mengen, Einheiten der Landflächenmessung, Produktionsmethode und des Preises kategorisiert werden.
Die Kohlenstoffbindung beachten
Der Report weist auch noch explizit darauf hin, dass weitere Leitlinien für die Berücksichtigung der Kohlenstoffbindung im Boden in der Wertschöpfungskette von Hanftextilien erforderlich seien. „Das Volumen, des in Böden gebundenen Kohlenstoffs, der in diesem System berücksichtigt werden kann, ist nicht genau definiert“, heißt es in dem Papier. Das bedeutet, dass es nicht möglich wäre, die Kohlenstoffbindung von Naturfasern, einschließlich Hanffasern, bei der Berechnung der Treibhausgasemissionen von Naturfaserprodukten berücksichtigen zu können. Es wäre daher auch nicht akzeptabel, diesbezügliche Behauptungen in Werbemedien aufzustellen, da es eben wie bereits einmal erwähnt zu Bedenken wegen „Greenwashings“ führen könnte, so die Autoren.
Laut Textile Exchange sollen bis Ende des Jahres spezielle Leitlinien finalisiert werden, die dann helfen werden, Berechnungsmethoden für die Erfassung des Kohlenstoffabbaus im Landsektor beim Hanfanbau zu kreieren. Empfohlen wird der Industrie dazu, dass Marken ihr Engagement für eine verantwortungsvolle Faserbeschaffung durch eine klare Lieferkette und Beschaffungspolitik demonstrieren, die biologischen, umweltfreundlichen oder regenerativen Anbaumethoden den Vorrang einräumt.
Ermutigt werden Regierungen, Marken und Landwirte gleichermaßen, Systeme einzurichten, die zu qualitativ hochwertigen Rohstoffen mit geringer Toxizität und maximalem Nutzen für die Umwelt führen. Indem alle zusammenarbeiten und Lehren aus der Vergangenheit ziehen, könnten die ganzheitlichen Vorteile von Hanf genutzt werden, um gesetzte Klima- und Naturziele zu erreichen, schließen die Autoren ihren Bericht ab.
Auf diesem Weg kann sichergestellt werden, dass Hanfanbau für die Textilindustrie nachhaltig gestaltet wird und die Kundschaft noch lange Zeit einen guten Grund hat, auf Kleidungsstücke aus Hanf zurückzugreifen.
Quellen und weiterführende Links
textileexchange.org/harnessing-hemps-sustainability-potential/