Der Anbau von Hanf auf Feldern in Deutschland wird für Landwirte immer interessanter. Dies lässt sich allein daran feststellen, da in der Vergangenheit allein in Niedersachsen sich die Anbaufläche in den letzten drei Jahren verdreifacht hat. Viele unterschiedliche Produkte lassen sich aus den gewonnenen Teilen der Hanfpflanze herstellen, die entweder für die Ernährung oder für industrielle Zwecke eingesetzt werden können.
Aus Samen können etwa gesunde Öle und auch wohlschmeckende vegane Schnitzelalternativen hergestellt werden, aus den Fasern der Pflanzen wird ökologisch sinnvolles Baumaterial oder pflanzlicher Plastikersatz produziert. Doch in der Vergangenheit war es für die Landwirte stets schwierig, sich zu entscheiden, für welchen Zweck sie ihren Hanf anbauen, da regulär entweder die Samen oder die Fasern gewonnen werden konnten. Aufgrund unterschiedlicher Erntezeitpunkte und fehlender Technik konnte eine Ernte beider nützlichen Naturprodukte bislang kaum stattfinden. Doch nun hat sich ein Unternehmen darauf spezialisiert, gewöhnliche Nutzfahrzeuge entsprechend umzurüsten, um die Situation zu verändern.
Ein John-Deere-Mähdrescher als Unikat
Durch Gespräche bekamen die beiden für das Unternehmen Harvest Solutions Ostheide GbR (HSO) arbeitenden Männer, Hinnerk Cordes und Christoph Röling-Müller, mit, dass ihre örtliche Genossenschaft sich an den Hanfanbau wagte. Da die Genossenschaft noch Hilfe für die Ernte benötigte, stiegen sie in das Projekt ein und fanden sich im vergangenen September auf dem Sitz eines speziell umgebauten John-Deere-Mähreschers, der von der Firma Cann die zur Ernte von Samen und Fasern benötigte Frischzellenkur erhielt. Bislang war es eher der Fall, dass spezielle Erntefahrzeuge für die Hanffaserernte auf den Markt gelangen, oder man setzte zum Beispiel auf gewöhnliche Feldhäcksler als eine Art „Schwadleger“.
Problematisch beim Einfahren von Hanffasern in Form der Stängel war bislang, dass bei dem Ernteoptimum die Samen noch nicht reif sind. Haben die Hanfsamen aber ihre Reife erreicht, wird es nahezu unmöglich, die Stängel zu schneiden. So befände man sich laut agrarheute.com ständig in einer Art „Spagat“ und müsse bei der Ernte der jeweiligen Naturprodukte stets Kompromisse eingehen. Jetzt wurde von der Firma Cann ein John Deere T670i so umgebaut, dass sich ein Häckselgebiss von Kemper an der unteren Front um das Schneiden der Stängel kümmert, während sich oben ein Schneidwerk darum bemüht, vor dem Schnitt Samenstände einzuholen.
Noch nicht perfekt, aber gut!
Die beiden Männer berichten, dass während der Ernte die Störungsanfälligkeit am Häckslergebiss am größten sei. Dies hätte jedoch nichts mit der Maschine zu tun, sondern wäre den Eigenschaften des Hanfs sowie den überreifen Beständen geschuldet. Geschnitten würde der Hanf auf einer Länge zwischen 60 und 70 Zentimetern, was durch die einzigartige Häckseltrommel erreicht würde, die mit einem entsprechenden Messer ausgerüstet wurde. Nach dem Ernten gelangt das Stroh über einen Ablageschacht am Boden ins „Schwad“, wo es abgelegt wird. Für den „Hanfdrusch“ sei der Einzugskanal in seiner höchsten Position fixiert, wird berichtet. An ihm wäre eine Art Hubmast angebracht, der das Draperschneidwerk für die Hanfblüten in seiner Höhe variieren lässt. Entsprechend der Höhe der Hanfpflanzen. Will man die Erntegeräte transportieren, ist es bislang noch nötig, das Schneidewerkzeug via Spezialhänger beweglich zu machen.
Ähnlich wie bei der Getreideernte
Nach der Ernte der Hanfsamen scheint ein ähnlicher Prozess wie nach einer Getreideernte vonstattenzugehen. Die Nüsse der Hanfpflanze werden im Drescher unter anderem gedroschen und gereinigt, wozu kein Umbau des regulären Nutzfahrzeugs vonnöten gewesen ist. Die Siebe und Körbe konnten ohne Modifikation für den Einsatz auf dem Hanffeld eingesetzt werden. Da die Samen nach der Ernte jedoch noch recht feucht sein sollen, müssen sie nach dem Abernten noch fachgerecht getrocknet werden.
Die Möglichkeit seitens der Landwirte, sich für nur eine Ernte zu entscheiden oder sich gleich auf beide Pflanzenprodukte zu stürzen, soll mit dem bislang nur als umgerüsteten Unikat erhältlichen John Deere T670i möglich sein. Bei der Ernte der Hanffasern in Form von Pflanzenstängeln benötigte man nur zwei Wochen Zeit, bis das „Stroh“ nach dem Dreschereinsatz für die Großpackenpresse bereit wäre.
Derartige Innovationen dürften bei standardisierter Verfügbarkeit auf dem wachsenden Nutzhanfmarkt von Landwirten wohl mit offenen Armen empfangen werden. Es könnte Zeit und Geld sparen, während sich das Ernteergebnis sogleich verdoppelt – Fasern und Samen zugleich.