Du willst diesen Beitrag hören statt lesen?
Klicke dazu auf den unteren Button, um den Inhalt von Soundcloud zu laden.
Damit eine Hanfsorte kommerziell genutzt werden darf, muss sie in den gemeinsamen Sortenkatalog der EU aufgenommen werden und gelistet sein.
Die hierfür zuständige Agentur ist das Gemeinschaftliche Sortenamt (CPVO) und hat ihren Sitz in Frankreich. Vor der Aufnahme in den gemeinsamen Sortenkatalog müssen die, je nach Land zuständigen Agrarbehörden, den juristischen Anforderungen der EU und des jeweiligen Landes gemäß verschiedene Tests durchführen und mittels Kontrollen die Eignung des Saatguts weitgehend prüfen.
Für die Zertifizierung von Saatgut im Allgemeinen sowie auch der zugelassenen Nutzhanfsorten ist in Italien die Staatliche Behörde CREA-CI zuständig. Jede zugelassene Hanfsorte befindet sich in ihrem Institut, welches die Lizenzen zur Reproduktion an Saatgutproduzenten vergibt.
Um eine Sorte zu zertifizieren, bedarf es verschiedener Test- und Kontrollvorgänge. Zum einen muss die Sorte stabil und homogen sein und sich in einer oder mehreren wichtigen Eigenschaften von anderen Hanfsorten unterscheiden.
Diese Eigenschaften müssen auch einen gesteigerten landwirtschaftlichen Nutzen haben, etwa größere Erträge, Vereinfachung des Anbaus, besonders hoher Wirkstoff- oder Nährwertgehalt oder bessere Resistenz gegenüber Schädlingen aufzeigen. Ausreichend homogen ist eine Sorte, wenn die Pflanzen, mit wenigen Ausnahmen, eine große Ähnlichkeit aufweisen oder genetisch gleichartig sind. Die Homogenität wird anhand der Ermittlung von Auffälligkeiten festgestellt, wie durch Disjunktion, Fluktuation, Mutation und Hybridisierung.
Je mehr Multiplikationszyklen, umso höher wird die Wahrscheinlichkeit für Unregelmäßigkeiten in der Homogenität und Reinheit. Diese Anomalien dürfen einen gewissen Prozentsatz nicht überschreiten, damit eine Sorte zertifiziert werden kann.
Stabil ist eine Sorte, wenn sie bei der Weiterzucht konform bleibt, das heißt über Generationen hinweg dieselben Eigenschaften behält. Die Homogenität und die Unterscheidung zu anderen Sorten wird in den zwei Jahren der Testphase der Zertifizierung festgestellt. Die Stabilität kann erst mittels weiterer Nachzüchtungen im Feld festgestellt werden.
Auch muss die Verunreinigung durch Saatgut anderer Pflanzen verhindert werden, oder die maschinelle Trennung dieser möglich sein. Die Hanf Varietät darf einen THC-Wert von maximal 0,2 % enthalten, da sonst keine Zertifizierung erfolgen kann.
Im Falle der Carmagnola, einer der ältesten italienischen Sorten, wurde die Lizenz zur Herstellung von Saatgut an Assocanapa vergeben. In den letzten 20 Jahren durfte nur Assocanapa das Saatgut vervielfältigen. Da es sich um keinen reinen Saatguthersteller handelt, konnte der Bedarf in den letzten Jahren nicht mehr gedeckt werden. Diese Lizenz verfällt in diesem Jahr und wird neu ausgeschrieben.
Dass diese Sorte für Deutschland aus dem EU-Sortenkatalog gestrichen wurde und dessen Anbau auf deutschen Boden nicht mehr erlaubt ist, liegt daran, da sie im Jahr 2011 die erlaubten THC-Werte überschritten hatte und sie im Jahre 2012 von der Bundesbehörde für Landwirtschaft und Ernährung stärker beprobt und aufgrund der Nichteinhaltung der Grenzwerte, am 25. Juli 2013 von der Liste der anzubauenden Sorten gestrichen wurde. Grund für den höheren THC-Wert ist die Entfernung männlicher Exemplare bei einigen Anpflanzungen.
Kontrollmechanismen der Behörde
Die kontrollierenden Instanzen in Italien sind das Gesundheitsministerium, und das Ministerium für Landwirtschaft, Ernährung, Forstwirtschaft und Tourismus, das über die ICQRF (Zentrale Aufsichtsbehörde für Qualitätsschutz und Betrugsprävention) bei Lebensmitteln Kontrollen durchführt.
Um die Eignung für eine neue Sorte festzustellen und sie in den gemeinsamen Sortenkatalog aufnehmen zu können, bedarf es folgender Kontrollmechanismen:
Betriebskontrolle im Vorfeld
Benötigt wird die Klebeetikette des verwendeten Saatguts, ausgestellt von der autorisierten Anerkennungsstelle, eine Identifizierung der dafür genutzten Parzelle, Überprüfung der Vorfrucht und dessen Kompatibilität mit dem anzubauenden Saatgut sowie die Anzahl der Züchtungen und Meldung über die nicht durch Saatgut erfolgte Züchtung derselben Sorte.
Inspektion der Anbaufläche
Diese Inspektion muss bei diözischen Pflanzen mindestens einmal erfolgen und erfolgt meist in der Phase der Blütenbildung. Bei Hybriden ist eine mehrfache Überprüfung notwendig.
Bei der Inspektion wird folgendes ermittelt:
- das eingesetzte Saatgut
- der generelle Zustand der Züchtung
- die Sortenechtheit und Sortenreinheit
- Isolierung gegenüber anderer Züchtungen
- Kontaminationen und Anwesenheit von Schädlingen
- Vorhandensein von durch das Saatgut übertragbaren Krankheiten
- eine Schätzung oder Protokollierung der Produktionsmenge
Nachkontrolle
In der Nachkontrolle werden alle Bescheinigungen der erfolgten Kontrollen verglichen und auf Unstimmigkeiten überprüft. Falls diese alle regulär und in Ordnung sind, wird die Vermarktung des Saatguts genehmigt.
Wer also eine Sorte zertifizieren lassen möchte, muss diesen langwierigen Prozess, der meist nur Saatgutherstellern vorbehalten ist, durchlaufen, in dem sichergestellt werden kann, dass die Qualitätsstandards eingehalten, sowie die THC Grenzwerte nicht überschritten werden. Bei einer Abweichung von der Norm kann sonst die Sorte, wie im Falle der Carmagnola, wieder von der gemeinsamen Sortenliste gestrichen werden.