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Wie jedes Jahr vergab der Verband der Hanfverarbeitenden Industrie in Europa (EIHA) auch 2020 wieder Preise für besonders innovative Hanfprodukte. Neben einem neu entwickelten Hanf-Erntegerät und einer in der Textilindustrie verwertbaren Cellulosefaser auf Hanfbasis wurde dieses Jahr auch das marokkanische SUNIMPLANT-Projekt ausgezeichnet. Das Projekt unter der Federführung von Dr. Zaid Romani, Professor der marokkanischen Ecole National Architecture in Tetouan, und Monika Brümmer, einer deutschen Architektin und NGO-Gründerin, überzeugte die Jury mit einem Wohnhaus auf Hanfbasis, kombiniert mit einem hochmodernen Fotovoltaik-System.
Ein Haus aus Hanf
Ziel des SUNIMPLANT-Projektes war es, die vielseitige Verwendbarkeit von Hanf als Baustoff zu demonstrieren und gleichzeitig ein Beispiel für nachhaltiges, umweltfreundliches Bauen im ländlichen Nordafrika zu geben. Die Kombination aus Hanf und Solarenergie spiegelt sich dabei schon im Namen wider: SUN (Sonne) IM (in Marocco) PLANT (Pflanze).
Das von SUNIMPLANT entwickelte und nun von der EIHA ausgezeichnete, an die traditionelle nordafrikanische Architektur angelehnte kreisförmige Einfamilienhaus mit einer zweischichtigen Außenwand aus Hempcrete führt einmal mehr die Vorteile vor Augen, die Baumaterial auf Hanfbasis auszeichnen. Nicht nur, was umweltfreundliche Produktion, Feuerfestigkeit und Lärmschutz-Eigenschaften betrifft, ist Hempcrete den meisten anderen Baumaterialien überlegen, sondern auch, was den Wohnkomfort angeht. Auf Osmose beruhende chemische Prozesse zwischen den verschiedenen Bestandteilen des neu entwickelten Hempcrete, so Monika Brümmer, sorgen dafür, dass im Inneren des Hauses stets angenehme Temperaturen herrschen, auch unter extremen klimatischen Bedingungen.
Zudem werden durch die Verwendung von Hempcrete wertvolle natürliche Ressourcen geschont. Im längst weitgehend entwaldeten marokkanischen Rif-Gebirge ist der Rohstoff Holz absolute Mangelware und ganz einfach zu schade, um zum Hausbau verwendet zu werden. Genau hier setzt die Projekt-Leiterin Monika Brümmer an, die mit der von ihr mitgegründeten NGO Adrar Nouh die Verwendung von Hanf als Baumaterial im Rif-Gebirge fördern will.
Weitere Kooperationspartner beim SUNIMPLANT-Projekt waren verschiedene marokkanische Hochschulen und das in Halle an der Saale beheimatete Fraunhofer-Center für Silizium-Fotovoltaik.
Naturmaterial kombiniert mit High-tech
Die Herausforderung dabei, so Brümmer, war es, aus der traditionellen Ressource Hanffaser einen Werkstoff zu entwickeln, der ohne synthetische Bestandteile auskommt und ausschließlich aus natürlichen, vor Ort gewonnenen Rohstoffen besteht. Das Ergebnis war eine Mischung aus Hanf und Erde, die zur Verfestigung zusätzlich mit Kalk und Puzzolan-Gestein gemischt wurde.
Alles andere als traditionell, dabei aber ökologisch nachhaltig, ist das ausgeklügelte Fotovoltaik-System, das die nötige Energie für die Bewohner des Hauses liefern soll. Die 24 an der Außenwand des Hauses angebrachten beweglichen Sonnenkollektoren der neuesten Generation sind auf beweglichen Platten aus Hanfwolle und anderen Naturfasern befestigt. Diese Platten schützen die Rückseiten der Sonnenkollektoren gegen die teilweise extremen Witterungsbedingungen, primär gegen die im Sommer oft gnadenlose marokkanische Hitze. Ebenfalls High-tech ist das eingebaute Fensterglas, das vom französischen Hersteller Saint Gobain geliefert wurde.
Hempcrete gehört die Zukunft!
Insgesamt gelang es SUNIMPLANT, mit dem Haus aus Hanf ein Zeichen zu setzen für eine ökologisch nachhaltige Weiterentwicklung der (nord-)afrikanischen Wirtschaft auf der Basis einheimischer Rohstoffe. Dabei, so Monika Brümmer, ist die Entwicklung noch keineswegs am Ende. Optimierungspotenzial sieht die Architektin und Projektleiterin zum Beispiel bei Innenwänden und Fußboden, die nicht aus Hanf hergestellt wurden, sondern aus anderen Verbundwerkstoffen auf Pflanzenbasis.
Für die Bewohner verarmter ländlicher Regionen nicht nur in Marokko tut sich mit der fortschreitenden Etablierung von Hanf als Baumaterial eine ganz neue Möglichkeit lokaler Wertschöpfung auf. Neben der unter ökologischen Gesichtspunkten sehr schonenden Produktion überzeugt Hempcrete vorwiegend mit seinen hervorragenden Eigenschaften im Hinblick auf Temperaturkontrolle, Flammfestigkeit und Lärmschutz. Auf dem Hintergrund des fortschreitenden Klimawandels und des damit verbundenen zunehmenden Drucks, auch die Bauwirtschaft stärker umweltverträglich auszurichten, kann man Bioverbundwerkstoffen auf Hanfbasis wohl guten Gewissens eine goldene Zukunft prophezeien.
Fotocredit: facebook sunimplant