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Besonders in Ballungsräumen ist der Immobilienmarkt leer gefegt. Was an Grundstücken noch verfügbar ist, hat oft erhebliche Schönheitsfehler. Die Immobilien liegen an einer lauten Straße, Bahnlinie oder in der Nähe eines Flughafens. Besonders in solchen benachteiligten Lagen könnte schon bei der Planung eines Hauses gegen diesen Lärm von außen etwas gemacht werden. Und das aus reinem Selbstschutz, denn Sie können Lärm nicht ausblenden – nicht weghören. Gerade hier kann Hanf in der richtigen Verwendung die Probleme mit dem Lärm lösen. Und das gleich auf mehreren Ebenen: beim Schallschutz und bei der Raumakustik.
Aber beginnen wir von vorn. Was ist Lärm eigentlich? Lärm ist ein Geräusch, das mich persönlich stört. Dieses Empfinden ist sehr subjektiv. Und es kann auch nicht abgeschaltet werden. „Die Augen kann man zumachen – die Ohren nicht“.
Schallschutz
Wenn wir versuchen den Lärm erst gar nicht in die eigenen vier Wände zu lassen, sprechen wir von Lärmschutz oder auch Schallschutz. Dazu müssen wir die Bauteile eines Hauses, wie Wände und Decken, schallschutztechnisch ausrüsten. Sie werden so gestaltet, dass der Schall innerhalb der Bauteile möglichst wenig weitergeleitet, also „abgefedert“ wird, das reduziert die Schallübertragung. Im Haus kommt weniger Schall an – es wird leiser. Für die schalltechnische Performance gibt es eine Einheit: das Schalldämm-Maß R. Es gibt ein Verhältnis der ankommenden Schallintensität (I1) zur ausgesendeten Schallintensität (I2).
Schalldämm-Maß
Was in der Formel kompliziert klingt, kann auch einfacher erklärt werden: Das Verhältnis ankommender zu ausgesendeter Schallintensität kann 1:1.000 sein. Dann kommt ein Tausendstel der auftreffenden Schallintensität im Innenraum an. Es kann aber auch sehr viel weniger ankommen. So kann das Verhältnis auch nur bei 1:1.000.000 liegen. In diesem Fall ist es ein Millionstel der Schallenergie von außen, die wir im Raum wahrnehmen. Je weniger in einem Raum ankommt, desto besser ist also der Schallschutz des Bauteils. Angegeben wird das Schalldämm-Maß in Dezibel oder kurz dB. Bei einer Außenwand liegt das bewertete Schalldämm-Maß zwischen ca. 30 und gut 60 dB. Als Faustformel gilt: 10 dB Verbesserung haben schon einen erheblichen Einfluss: jene 10 dB Verbesserung des Schalldämm-Maßes entsprechen einer Halbierung der empfundenen Lautstärke, das bedeutet, Sie nehmen ein Geräusch als halb so laut wahr. Zugegeben, dies ist sehr abstrakt.
Um nun ein Bauteil schallschutztechnisch zu verbessern, wird eine möglichst weiche Feder in die Wand eingebaut. Es entsteht ein sogenanntes Masse-Feder-Masse-System. Im Innenraum ist der schwere Putz (Masse). Dahinter ist ein weicher Dämmstoff (Feder), wie eine Hanffaserdämmplatte. Der Dämmstoff liegt wieder auf einem schweren, tragenden Bauteil (Masse). Dies kann beispielsweise eine Ziegel- oder eine Brettsperrholzwand sein. Je höher die Masse der Bauteile ist, desto besser ist deren Schallschutz. Daher ist der schwere Ziegel auch wesentlich besser als eine vergleichsweise leichte Massivholzwand.
Warum eignet sich nun aber Hanf so gut für den Schallschutz? Dämmplatten aus Hanf sind nicht schwer. Ihre Intelligenz liegt in der hervorragenden Federwirkung. Technisch gesehen haben sie eine sehr niedrige dynamische Steifigkeit (s‘=4,5 MN/m3 bei 40 mm Stärke). Eine ideale Kombination ist die „Feder“ Hanffaserdämmplatte auf Ziegel oder ganz besonders auf Massivholz. Die Hanffaserdämmplatten können sowohl für Außen- als auch für Innenwände zur Verbesserung des Schallschutzes verwendet werden. Je nach Aufbau kann ein bewertetes Schalldämm-Maß von über 60 dB erreicht werden.
Raumakustik
Ein ganz anderes Thema wird oft mit dem beschriebenen Schallschutz in einen Topf geworfen: die Raumakustik. Stellen Sie sich einen Kellerraum vor, mit Wänden und Decken aus Beton und einem Fliesenboden. Sie können es sicherlich fast hören: Dieser Raum ist sehr „hallig“. Wenn Sie darin sprechen, wird der Schall von den harten Oberflächen fast zu 100 % reflektiert. Es entsteht ein Echo oder auch Nachhall. Man hat das Gefühl, als würden viele Leute durcheinander sprechen, obwohl nur Sie allein im Raum sind. Ein Gespräch in solchen halligen Räumen ist extrem ermüdend.
Das Gehirn muss sich sehr anstrengen, um das Gegenüber zu verstehen. Gerade in Räumen, in denen wir uns konzentrieren müssen, ist daher die Raumakustik sehr wichtig. Aber gerade in Büros, Besprechungsräumen, Schulen, Kindergärten und auch im heimischen Wohnzimmer ist es häufig nicht besonders gut um die Raumakustik bestellt. Um dies zu verbessern, bringt man absorbierende Materialien in diese Räume ein. Dies können Teppiche oder Vorhänge sein. Beides findet man aber in modernen Räumen nur noch selten. Deshalb werden spezielle Schallabsorber oder Akustikplatten an Wänden oder den Decken eingesetzt. Sie schlucken einen Teil des Schalls und wandeln ihn in Wärme um. Dadurch wird weniger Schall von den Oberflächen zurückgeworfen. Leiser wird es dadurch in einem Raum nicht. Es wird lediglich das Echo oder der Nachhall reduziert.
Technisch spricht man von der sogenannten Nachhallzeit. Die Nachhallzeit soll im Bereich von 0,5 s liegen. Je nach Material nehmen die eingesetzten Absorber den Schall unterschiedlich gut auf. Sie absorbieren nicht alle Frequenzen gleich gut. In einem Labor wird das Absorptionsvermögen frequenzabhängig gemessen und in einem Kurvenverlauf dargestellt. Aus dieser Kurve kann eine Art „Mittelwert“ über alle Frequenzbereiche gebildet werden. Dies ist der bewertete Schallabsorptionsgrad ∝w. Diesen gewichteten Wert (w steht für weighted) finden Sie häufig in den technischen Unterlagen. Diese Zahl allein kann aber nur eine grobe Orientierung geben, da sie die frequenzabhängigen Eigenschaften nicht berücksichtigt.
Wieso wird dieser ganze Aufwand nun betrieben? Um die Akustikplatten in der richtigen Art und Menge einzusetzen. Macht man zu wenig, kann ein störender Hall im Raum zurückbleiben. Es kann aber auch das Gegenteil passieren. Zu viele Absorber „überdämmen“ den Raum. Man kann sich selbst kaum mehr wahrnehmen und fühlt sich auch unwohl. Für die Berechnungen gibt es spezielle Akustikrechner. Hier gibt man die Nutzung, die Geometriedaten des Raumes und Art der Absorber an. Der Akustikrechner berechnet einem dann die nötige Menge an Akustikplatten. Wie beim Schallschutz kann auch in der Raumakustik Hanf Abhilfe schaffen. Akustikplatten können nämlich aus Hanf hergestellt werden.
Der große Vorteil des nachwachsenden Rohstoffs: die Hanf-Absorber sind frei von künstlichen Mineralfasern. Sie müssen also nicht in Folien verpackt und vom Innenraum abgeschottet werden. Gerade in Schulen und Kindergärten wird dies besonders geschätzt. Im Absorptionsverhalten sind die Hanf-Akustikplatten äußerst ausgeglichen und brauchen den Vergleich mit gängigen Materialien wie Melaminharzschäumen nicht zu scheuen. Und auch preislich ist Hanf hier sehr wirtschaftlich.
Factbox Hanf
| Schallschutz | Raumakustik |
Wofür wird die Hanffaserdämmplatte verwendet? | Verringerung der Schallübertragung zwischen zwei Räumen oder zwischen Innen- und Außenraum | Verbesserung der Sprachverständlichkeit in einem Raum |
Was sind die Vorteile von Hanf? | sehr gute Federwirkung, dynamische Steifigkeit | Sehr gute Schallabsorption, frei von künstlichen Mineralfasern |
Welche Anwendungen sind möglich? | Private Gebäude, Bürogebäude, öffentliche Gebäude, Außenwände, Trennwände | Schulen, Kindergärten, Büros, Private Wohnräume, Hi-Fi-Anlagen, Aufnahmestudios |
Hanffaserdämmplatten aus Österreich
Woher kommen nun die Hanffaserdämmplatten, die für Schallschutz und Raumakustik eingesetzt werden können? Die Firma NAPORO produziert das Material ca. eine Stunde nördlich von Wien. Dabei war der Rohstoff Hanf für NAPORO nicht von Beginn an die erste Wahl. 2009 wurde das Start-up von Robert Schwemmer mit einem ganz anderen Ziel gegründet. Rohrkolben-Schilf sollte zu Dämmstoffplatten verarbeitet werden. Die Produktion war zunächst in Tschechien angesiedelt. Hier hat die Firma ein Produktionsverfahren für die Rohrkolben-Dämmstoffe entwickelt. Erst ein wichtiger Kunde – die Firma Capatect – brachte den Hanf zu dem jungen Naturfaser-Pionier. Und dieses Thema wurde für den Konzern so interessant, dass sich Capatect im Jahr 2014 mehrheitlich an NAPORO beteiligte. Zusammen mit dem Investor übersiedelte man die Produktion von Tschechien ins Weinviertel.
Inmitten der Hanffelder werden hier nun aus dem regionalen Hanfstroh die Hanffaserdämmplatten hergestellt. Eingesetzt werden diese vor allem für die Außendämmung von Gebäuden – für den sogenannten Vollwärmeschutz oder kurz WDVS. Das ist das Kerngeschäft von Capatect. Hier wurden auch die ersten Erfahrungen mit den hervorragenden Schallschutz-Eigenschaften der Platten gemacht. Es gibt keinen Dämmstoff an der Fassade, der einen besseren Schallschutz bietet als die Hanffaserdämmplatte. Diese Erkenntnis konnte erfolgreich auch auf Innenwände übertragen werden. Das System Hanf silent TBS ist besonders für den Holzbau geeignet. Holz weist durch die geringe Masse einen geringen Schallschutz auf. Die Kombination mit der Hanffaserdämmplatte gleicht dieses Manko aus und führt zu ökonomisch und ökologisch extrem leistungsfähigen und wirtschaftlichen Bauteilen. Das jüngste Kind der Hanffaser-Familie ist die Akustikplatte. Sie wird zur Montage an Wänden und Decken angeboten.
An Handwerker wie Maler und Tischler werden die Absorber über die Firmen Capatect in Österreich und Caparol in Deutschland und der Schweiz vertrieben. Privatkunden können die Akustikplatten in sieben verschiedenen Farben über einen Onlineshop selbst konfigurieren und nach Hause liefern lassen. (www.hiddendesign.net). Wer an einer lauten Straße wohnt oder in einem Kindergarten arbeitet, sollte in Zukunft auch über Hanf nachdenken. Denn die nachhaltigen Hanffaserdämmplatten haben hier zwei spannende Anwendungsmöglichkeiten. Sie verbessern den Schallschutz eines Hauses und sorgen im Gebäude für eine hervorragende Raumakustik. Hanf verhilft Ihnen also auch hier zu mehr Ruhe und Entspannung im täglichen Leben und in der Arbeit.