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Hanf als Baustoff hat sich in den vergangenen Jahren aufgrund seiner vielen Vorteile einen guten Ruf in der Baubranche erarbeitet. Wird ein Hanfkalkgemisch zu Ziegeln gepresst, erhält man ein Produkt, dessen thermische und akustische Dämmleistung ausgezeichnet ist und das dazu dampfdurchlässig sowie nicht entflammbar ist. Doch auch wenn in Kapstadt schon einmal sieben Stockwerke mit Hanfziegeln auf ein fünfstöckiges Gebäude gepflanzt wurden, ist es in unseren Gefilden eher üblich, nur geringe Höhen beim Häuserbau zu realisieren.
In der Regel werden dabei auch andere Materialien gesetzt, die eine stärkere Tragkraft aufweisen und für die benötigte Stabilität der Gesamtkonstruktion Sorge tragen. Die Technische Hochschule Köln hat sich jetzt in einem Forschungsprojekt auf den Baustoff Hanf gestürzt und möchte mittels verbesserter Kalkmischung entsprechende Blöcke für den Häuserbau entwickeln, die anschließend ohne zusätzliche Trägerstruktur für die Errichtung höherer Gebäude eingesetzt werden können.
Zusammenarbeit von Professoren verschiedener Fakultäten und Lehrgebiete
Verschiedene Fakultäten und Lehrgebiete werden bei dem Forschungsprojekt der TH Köln zusammenarbeiten, um das angestrebte Ergebnis zu erzielen. So kommen Doktoren aus der Architektur, dem Bauingenieurswesen sowie dem Maschinenbau zusammen und erhalten zusätzliche Unterstützung seitens Studierender, die neben der Entwicklung entsprechender Maschinen auch bereits planen, ein höheres Gebäude in einem Pilotprojekt zu errichten.
Auf der Internetpräsenz der Fakultät wird darauf hingewiesen, dass Hanfkalk ein leichter Baustoff aus den holzartigen Resten der Hanfpflanze ist, der mit einem kalkbasierten Bindemittel verbunden wird. Dem Material wird bestätigt, dass es hervorragende regulierende Eigenschaften besitzt und dazu eine klimapositive CO₂-Bilanz vorweisen kann. Leider weist es bislang aber nur schwache mechanische Eigenschaften auf, was einen Einsatz zur Konstruktion ohne weitere tragende Elemente aus anderen Stoffen derzeit nicht möglich erscheinen lässt.
Bislang werden Hanfkalkziegel vornehmlich zur Ausfachung von Skelettbauten, zum Mauern von nicht tragenden Wänden, oder als Dämmputz eingesetzt. Unterstützt vom Förderprogramm KickStart des Bundesministeriums für Bildung und Forschung soll die TH Köln nun untersuchen, ob mittels partieller Verdichtung neue Hanfkalksteine hergestellt werden können, die sich dann im Idealfall für tragende Zwecke eignen könnten.
Die Vorteile der Entwicklung tragfähiger Hanfkalkblöcke
Wäre das Projekt von Erfolg gesegnet, erhält man einen vorteilhaften neuen Baustoff zur Errichtung höherer Gebäude. Man entwickelt nicht nur Ziegel, die klimapositive und wohngesunde Außenwände entstehen lassen, sondern würde auch ein System erhalten, das mit der Strategie „Einfach bauen“ kompatibel ist. Schließlich würden mittels dieser Methode alle Funktionen von Tragfähigkeit, über Dämmung bis hin zur Winddichtheit nur durch ein einziges Bauteil erfüllt werden.
Zeitgleich steigert man das Potenzial des Einsatzes von klimafreundlichen und schnell nachwachsenden Rohstoffen im Bau in relevantem Maße. Projektleiter Prof. Dr. Arne Künstler von der Fakultät für Architektur der TH Köln erläutert dazu auf baulinks.de weitere Vorteile des Einsatzes. So bestätigt er die regulierenden Eigenschaften die Raumfeuchte betreffend, sowie die schwere Entflammbarkeit. Schimmel hemmend wären Ziegel aus Hanfkalk ebenso.
Dass ab einer Wandstärke von 30 Zentimetern aufgrund der niedrigen Wärmeleitung auch keine weiteren Dämmmaterialien benötigt würden, macht einen weiteren großen Vorteil des Materials aus. Deswegen wird am Labor für Baustofftechnik der Hochschule aktuell versucht, die optimale Mischung aus Hanf, Kalk und anderer Biomasse sowie mineralischen Bindemitteln herauszubekommen, damit der Bau ausschließlich mit Hanfkalkziegeln in Zukunft zu realisieren ist.
Die Umsetzung und der Einsatz
Damit sich bei Erfolg die neue Entwicklung auch durchzusetzen vermag, wird aktuell versucht, in bestimmten Bereichen der Ziegel mittels Verdichtung besonders tragfähige Zonen herzustellen. Hier kommt auch die Universität Bonn ins Spiel, die die Forschung mit dem Anbau und der Aufbereitung von Miscanthusgras unterstützt. Dieses Gras besitzt Fasern, die voraussichtlich bessere Eigenschaften als Hanf für diese wichtigen Trägerzonen besitzen sollen.
Am Institut für Bau- und Landmaschinentechnik in Köln wird hingegen die Pressvorrichtung im Labormaßstab entwickelt und wissenschaftlich untersucht, die die gezielte Verdichtung in den Mauersteinen ermöglichen soll. In der zweiten Hälfte des Vorhabens werden dann Wandmodule errichtet, an denen bautechnische Untersuchungen stattfinden werden. So soll neben den Eigenschaften der Tragfähigkeit, der Wärmedämmung und des Feuchteverhaltens ermittelt werden, welche anderen Baustoffe für Putz oder Mörtel bei diesen Hanfziegeln infrage kommen.
Bewiesen werden soll dann auch, dass die neue Entwicklung mit gewöhnlichen Werkzeugen eine gute Verarbeitung zulässt. Man setzt darauf, dass eine einfache Handhabung ermöglicht werden kann, die Blöcke problemlos gesägt werden können und die Schrauben selbst ohne den Einsatz von Dübeln genügend Halt finden. Werden zukünftig die Konstruktionen mit frischem Hanfkalk bearbeitet, ließen sich sogar Rundungen in den Räumlichkeiten umsetzen. Praktisch ist ebenfalls, dass sich aufgrund der Beschaffenheit der äußeren Schichten Kabel- oder Rohrschächte einfach hineinschneiden lassen, die nach dem Verlegen der jeweiligen Elemente mit denselben Reststoffen verschlossen werden können.
Dass die Ziegel nach dem Gebrauch bei Entsorgung in zerriebener Form als Dünger auf Felder gestreut erneut einen umweltfreundlichen Einsatz zulassen, wäre ein weiterer großer Vorteil des modernen Baustoffes Hanf.