Der nächste Schritt auf dem Weg zur Liberalisierung von Cannabis ist gemacht. Jetzt fand die öffentliche Anhörung zum Entwurf des Cannabisgesetz (CanG) statt. Hier haben alle Fraktionen des Deutschen Bundestags ihre Fragen zum Entwurf an eine Reihe von Experten und Sachverständigen richten können. Auf Basis dieser Anhörung könnten nun noch Änderungen am Gesetzentwurf vorgenommen werden, ehe über diesen final abgestimmt wird.
Strafverfolgung das falsche Mittel
Gleich zu Beginn der Anhörung konnten die Zuschauer einen vermutlich in einem solchen Ausschuss seltenen Wortlaut vernehmen. Dr. Jakob Manthey (UKE, Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie) äußerte sich darüber, dass sich so gut wie alle Sachverständigen darin einig sind, dass die Strafverfolgung das falsche Mittel ist, um mit dem Cannabiskonsum in der Bevölkerung umzugehen.
Patientenrechte sollen durch Entkriminalisierung nicht beschnitten werden
Dr. Kirsten Müller-Vahl (Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin e. V.) äußerte sich zu einer Frage der Grünen Abgeordneten Dr. Kirsten Kappert-Gonther, die hauptsächlich sehr viele Cannabispatienten bereits seit Wochen beschäftigt. Diese wären nämlich im Falle der Umsetzung des gegenwärtigen Gesetzentwurfs deutlich benachteiligt, da auch sie sämtlichen Abstandsregelungen unterworfen wären, die auch für Genusskonsumenten gelten würden. Für Schmerzpatienten, insbesondere für alle, die an plötzlich auftretenden Beschwerden leiden und die Cannabis in solchen Fällen als Sofort-Medikation benötigen, ist eine solche Regelung mehr als eine Zumutung.
Ebenfalls im Sinne der Patienten war die Forderung, dass Patienten auch im Führerscheinrecht besonders berücksichtigt werden. Ein Patient, der auf seine Medikation eingestellt ist, kann am Straßenverkehr teilnehmen, auch wenn seine THC-Konzentration im Blut erhöht ist. In künftigen Regelungen sollten Patienten daher vor unnötigen Repressalien geschützt sein.
Die Anpassung der zulässigen THC-Grenzwerte im Straßenverkehr war ebenso Gegenstand der Diskussion wie das Verbot des Konsums an bestimmten Orten oder auch die Regelung der künftig erlaubten Besitzmengen. Der Geschäftsführer des Deutschen Hanfverbands, Georg Wurth, wies darauf hin, dass ein sinnvoller und rechtskonformer Eigenanbau nicht machbar ist, wenn die Besitzmenge auch für die eigene Ernte gilt, und für die Zuhause gelagerte Menge Cannabis.
Konsumverbot im Cannabisclub in der Anhörung kaum erwähnt
Auf das Konsumverbot speziell in den Anbau-Clubs wurde leider kaum angesprochen. Eigentlich könnten sie ein Bestandteil der Präventionsstruktur eines Cannabisclubs werden. Doch wenn die Vereinsmitglieder sich nur ihr Cannabis abholen dürfen, und es für den Konsum dann mit nach Hause nehmen müssen, dann fallen problematische Konsummuster niemandem auf. Außerdem ist dann auch die Schwelle höher, dass ein Mitglied sich selbst Hilfe über den Verein sucht. Ein soziales Vereinsleben schafft Räume für eine vertraute Beziehung zu Präventionsbeauftragten und anderen Mitgliedern, sodass Hilfsangebote wesentlich leichter in Anspruch genommen werden können.
Private Weitergabe von Cannabis kann nicht verhindert werden
Der CDU Abgeordnete und bekannte Legalisierungsgegner Stephan Pilsinger hinterfragte, dass ein Verbot der Weitergabe von Cannabis im privaten Umfeld nicht kontrolliert werden könne. Georg Wurth, an den er seine Frage richtete, entgegnete ihm, dass dies so gut wie überhaupt nicht kontrolliert werden kann und die private Weitergabe einer Verbrauchsmenge ohne kommerzielle Interessen nicht verboten bleiben sollte. Der Sachverständige der Gewerkschaft der Polizei GdP bestätigte, dass der private Austausch von Cannabis nicht zu verhindern sei und diesbezügliche Kontrollen nicht leistbar sind.
Die Bayernfrage
Die Fraktion Die Linke hat die Frage nach dem Einfluss der Länder auf die Umsetzung der Entkriminalisierung gestellt, die ebenfalls Georg Wurth beantworten sollte. Dieser bemängelte, dass sowohl über die Höhe von Bußgeldern, zum Beispiel bei Nichteinhaltung eines Mindestabstands, aber auch durch strengere Durchsetzung von Kontroll- und Sanktionsvorschriften, ein rechtliches Nord-Süd-Gefälle entstehen könnte. Die Möglichkeiten, das CanG unterschiedlich zu interpretieren oder umzusetzen, sollten auf ein Minimum reduziert werden.
In der Tat war der gesamte Verlauf der öffentlichen Anhörung zum CanG sehr harmonisch. Selbst kritische Standpunkte waren zumeist Detailfragen und wurden sehr sachlich besprochen. Nun werden sich die Gesetzgeber mit den zahlreichen Stellungnahmen auseinandersetzen, die Verbände und Experten auch bereits schriftlich eingereicht haben. Dann wird die Regierung hoffentlich noch einige gute Entscheidungen treffen, bevor das Parlament dann in einigen Wochen über den finalen Entwurf abstimmen wird.